Bauer sucht Frau

Deprimierende Partnersuche

Ein Werbeplakat eines Bauern aus Werder in Brandenburg "Bauer sucht 'ne Frau", fotografiert am 19.09.2015 in Wannsee in Berlin. Foto: Ralf Hirschberger
Angesichts der deprimierenden Dating-Situation für Landwirte greifen manche Bauern zu ungewöhnlichen Maßnahmen. © picture alliance / dpa-Zentralbild / Ralf Hirschberger
Von David Bedürftig · 17.11.2018
Schock beim Flirtfest für Landwirte in Linz: Nur eine einzige Frau ist erschienen. Ein Sinnbild für die Schwierigkeiten, die heutzutage viele Bauern haben, eine Partnerin zu finden. Ein schwacher Trost: Bäuerinnen geht es auch nicht besser.
Die Rettung ist das Bier. Eine Pfiff-Verkostung - kleine Schlucke österreichischer Braukunst - sorgt am Nachmittag bei allen Beteiligten auf der Alm endlich wieder für Entspannung.
Vier, fünf Gläser sind schnell geleert. Gelächter, Zugeproste.
Zum Glück – denn ein paar Minuten vorher hat alles mit einem Schock begonnen: Die Online-Singlebörse "Landwirtflirt" hat nahe Linz zu einem Kuppel-Wochenende geladen und elf Frauen sind kurzfristig nicht erschienen.
22 deutsche und österreichische Bauern treffen auf nur eine einzige Frau! Bis zum Bier: Aufruhr, Hektik, Resignation. Die Landwirte knurren.

"Früher war der Beruf des Landwirts angesehener"

Oberösterreich, Mittagszeit, frische Luft. Die Alm thront idyllisch auf einem Bergkamm nahe der tschechischen Grenze. Malerisches Sonnenlicht, goldener, dichter Fichtenwald, gelb-braune Blätter säumen die noch immer grünen Wiesen. Perfekte Umstände, um Herzen zu erobern. Eigentlich. Franz, 31 Jahre, ein etwas gedrungener Mann mit rundem, freundlichem Gesicht, kurze Haare, 3-Tage-Bart, betreibt eine Schweineaufzucht. Er trägt ein orangefarbenes Hemd seiner Blasmusikgruppe, Jeans und Sportschuhe und wirkt ein wenig schüchtern.
"Ich habe mir gedacht, das wird sicher lustig", sagt Franz. "Aber ich habe mir mehr Frauen erwartet. Leider haben die Frauen irgendeine Scheu oder so. Es ist dann schwierig."

Der Schock zu Beginn des Flirtfests ist sinnbildlich für die Dating-Situation der Bauern in Deutschland und Österreich. Zu gut kennen alle hier den Partnermangel und sind sich einig: Schuld sind fehlende Wertschätzung für ihren Beruf und falsche Bilder, die kommuniziert werden.

"Früher war der Beruf des Landwirts viel mehr angesehen als heute", bedauert Franz. "Vieles wird da dramatisiert. Es ist nicht so, dass die Landwirte nur arbeiten müssen und für nichts Zeit haben. Das ist ein Irrglaube."
Die 34-jährige Sarah steht als einzige weibliche Teilnehmerin des Flirtfests für Landwirte zwischen Bauern in karierten Hemden und Lederhose
Allein unter Männern: Nur eine Frau kam zum Flirtfest für Landwirte.© David Bedürftig

Ständig auf der Suche

Auch für eine Frau im Landwirtschaftsbereich ist die Partnersuche kompliziert. Sarah ist die Henne im Korb, die einzige Flirtfesteilnehmerin. 34 Jahre, mittelgroß, mittelschlank mit mittelbraunen Haaren. Bei einem Spaziergang erzählt sie, dass sie auf einem Hof in Ostdeutschland aufgewachsen ist, heute in Bayern lebt. Ihren richtigen Namen will sie nicht nennen.
"Ich bin ständig auf der Suche nach einem Partner fürs Leben. Jemanden, der auf einen Hof kommen möchte und das Landleben mag. Jemand, der auch akzeptiert, dass die Schwiegereltern in der Nähe sind und auch mal mitmischen. Das ist schwierig. Manchmal fühle ich mich da auch alleine."
Später am Abend steigt die Stimmung. Wohl auch, weil sich in der rustikalen Alm, in der Kuhglocken von der Decke baumeln, neben Sarah noch mehr weibliche Hotelgäste unter die Flirtfestbesucher mischen.
Die Landwirte tragen Tracht und trinken sich Mut an. Doch erstmal werfen sie den Frauen nur verstohlene Blicke zu. Aber- und abermaliges Abblitzen und viele Körbe haben ihr Selbstvertrauen nicht gerade gesteigert.

"Das größte Hindernis ist die Ortsgebundenheit"

Robert Herzog, 35 Jahre, hoch aufgeschossen, hat Umwelt- und Bioressourcenmanagement studiert. Dann kehrte er zurück auf den elterlichen Rinderhof. Seit drei Jahren sucht er auf verschiedenen Partnerbörsen eine Lebensgefährtin. Bisher erfolglos.
"Das größte Hindernis ist aber die Ortsgebundenheit: Ein Landwirt kann nicht 300 Kilometer zu einer Frau ziehen und seinen Hof mitnehmen. Man muss also eine Partnerin kennen lernen, die bereit ist, auf den eigenen Hof zu ziehen. Ich komme aber immerhin aus einer Urlaubsregion und lebe dort, wo andere Urlaub machen."
Er denkt nicht daran, aufzugeben. Und zieht, genau wie Sarah, analoge Treffen wie dieses immer noch jedem Online-Dating-Portal vor.
"Ein Foto und ein paar Sätze online sagen nicht alles aus", so Sarah. "Da ist es schon gut, dass man sich hier sieht und gegenübersteht. Sympathie und ob man jemanden möchte oder nicht, ist nicht vom Foto, sondern vom Gespräch abhängig."

Bei ihr funkt es heute - trotz deutlichem Männerüberschuss - leider nicht. Auch Franz geht leer aus. Nur Robert fasst sich noch ein Herz: "Ich muss nicht auf jedem Fest tanzen. Wobei - tanzen tu ich schon gern..." Er fordert sogleich eine Frau zum Tänzchen auf. Und siehe da: mit Erfolg.
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