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Altersvorsorge
Lebensversicherung ohne Zukunft?

Jahrzehnte lang gab es einen Garantiezins: Der Geldanleger wusste, was er am Ende der Laufzeit mindestens herausbekam. So mauserte sich die Lebensversicherung zum Renner bei der Altersvorsorge. Aufgrund anhaltend niedriger Zinsen funktioniert dieses Modell nicht mehr. Die klassische Lebensversicherung wird zum Auslaufmodell.

Von Michael Braun | 05.10.2015
    Der Versicherungsschein einer Lebensversicherung.
    Im Moment zahlt die Allianz noch eine Ausschüttung über alle klassischen Lebensversicherungen hinweg, also einschließlich der noch mit guten Garantien ausgestatten Altverträge. (imago / Rainer Unkel)
    Die ersten Versicherer, Ergo etwa, hat die klassische Lebensversicherung aus dem Programm genommen: Ertragsgarantien über 30 Jahre auszusprechen und das im Zinstief, das wollen sich die Versicherer oft nicht antun. Entweder sind die Garantien verschwindend gering oder die Risiken für den Versicherer zu groß. Markus Faulhaber, Vorstandschef der Allianz Leben, sagt deshalb deutlich, es sei "aus Kundensicht der Kauf eines reinen Klassikproduktes nicht mehr sinnvoll."
    Die Allianz hat sie zwar noch im Programm: Sie verkauft, was der Kunde will, will ihn nicht bevormunden, lade die Garantiekosten aber beim Kunden ab:
    "Wenn der Kunde eben bereit ist, diese Garantien, den Wert der Garantien zu bezahlen, bekommt er von uns dieses Produkt."
    Das Risiko trägt der Kunde
    Beraten wird aber in eine andere Richtung: Es sind Versicherungstypen, die mit "Perspektive" oder "Chancen" oder "Dynamik" überschrieben sind und alle eins - in unterschiedlichem Ausmaß - gemein haben: Die Lebensversicherungssumme oder der Rentenbetrag, letztlich also die Rendite der Lebensversicherung, wird schwerer voraussagbar. Denn die Erträge in der Ansparphase schwanken, die Risiken werden größer und tragen muss sie der Kunde. Der scheint das langsam zu akzeptieren, scheint angesichts der niedrigen Zinsen bereit, in der Hoffnung auf höhere Chancen auch höhere Risiken einzugehen:
    "Also, die Kunden verstehen, dass sie, wenn sie ihre Lücke in der Altersvorsorge schließen wollen, dass sie entweder mehr Beiträge bezahlen müssen, was sie entweder nicht wollen oder nicht könne, oder ein Stück mehr ins Risiko gehen, wobei die Deutschen das "ein Stück mehr ins Risiko gehen" auch nur sehr begrenzt machen."
    Tendenz: vermutlich fallend
    Im Moment zahlt die Allianz noch eine Ausschüttung über alle klassischen Lebensversicherungen hinweg, also einschließlich der noch mit guten Garantien ausgestatten Altverträge, von 4,0 Prozent. Tendenz: vermutlich fallend. Stärker risiko- und renditeorientierte Verträge erreichen 0,3 Prozentpunkte mehr. Tendenz: vermutlich nach oben und unten schwankend. Dahinter stünden dann Aktienquoten von 30 Prozent und mehr statt derzeit gut zehn Prozent. Die Versicherungsaufsicht verlangt, dass die Eigenkapitalausstattung mit der Aktienquote steigt. Kunden müssen also bei der Auswahl ihres Versicherers auch auf die Bonität achten. Dass Altersvorsorge Rendite braucht, alternativ teurer wird oder auch beides gilt, ist klar. Denn das Geld muss für eine immer längere Rentenphase halten. Frauen erhielten noch 1960 Renten für nur 10,6 Jahre. Jetzt sind es 20,8 Jahre, fast doppelt so lang.