Barockoper "Eliogabalo" in Paris

Strahlend wie die Sonne

Szene aus der Oper "Eliogabalo" in Paris
Szene aus der Oper "Eliogabalo" in Paris © Foto: Agathe Poupeney / Opéra national de Paris
Von Franziska Stürz · 16.09.2016
Um einen größenwahnsinnigen antiken Kaiser dreht sich "Eliogabalo", eine Oper von Francesco Cavalli aus dem 17. Jahrhundert. An der Pariser Oper kann man hochspannende Musik, viel Wortwitz und endlosen Liebeskummer erleben.
Er wollte nicht weniger strahlen als die Sonne, der exzentrische, keine Grenzen akzeptierende und größenwahnsinnige junge Kaiser Heliogabal, und so blendet Regisseur Thomas Jolly das Publikum in der Pariser Garnier Oper mit gleißenden Scheinwerfern auf der ansonsten schwarzen und ziemlich leeren Bühne. Er verortet das Stück trotz seiner erstaunlich aktuellen politischen und sozialen Themen in die Antike und lässt die acht Solisten, den Chor und auch das Ballett in leicht futuristisch abgewandelten, ansonsten ziemlich naturalistischen römischen Togen oder Legionärsleibchen von Gareth Pugh auftreten. Eliogabalo wird von Franco Fagioli als herrischer, überdrehter Typ gezeichnet, was perfekt zu seinem facettenreichen und alle barocken Manierismen bedienenden Gesang zeigt.
Erstaunlich, wie ein Counter sämtliche Eigenarten und Klangfarben der Mezzosopranistin Cecilia Bartoli zu kopieren weiß, so dass er wie ein Klon der Sängerin erscheint! Die Geschlechtergrenzen werden in diesem Stück ohnehin ganz bewusst verwischt, denn der Teenager Heliogabal war beiden Seiten zugetan und schickte beispielsweise bewusst Frauen in den Senat oder das Militär.
Am überzeugendsten weil auch komisch-schräg verkörpert diesen Transgender-Aspekt der Tenor Emiliano Gonzalez Toro als alte, intrigante Amme Lenia. Unter den Frauen ragt Nadine Sierra als Gemmira heraus, denn sie füllt das große Pariser Opernhaus mühelos mit ihrem leuchtenden Sopran und köpft am Schluss den irren Kaiser.

Die Affekte schillern

Stimmlich schwerer haben es die reinen Barockspezialisten unter den Sängern, wie der wunderschön, aber leise singende Valer Sabadus. Allerdings war die ursprüngliche Orchesterbesetzung von Francesco Cavalli (1602-1676) für nur fünf Musiker geschrieben, und was Dirigent Leonardo García Alarcón für seine mindestens 40 Musiker starke Capella Mediterranea aus dem musikalischen Material herausgeholt hat, ist sensationell. Diese Musik ist hochspannend, schillert vor Affekten und transportiert über gut drei Stunden intensive Dialoge. Man muss eifrig Übertitel mitlesen, um den Ränkespielen folgen zu können, es gibt viel Wortwitz und noch mehr Liebesbekundungen.
Auf dieser emotionalen Ebene verliert sich Thomas Jollys Regie leider in Wiederholungen und Stereotypen, hier hätte man sich etwas mehr Subtext gewünscht, um nicht in der Langatmigkeit endlosen Liebeskummers den goldenen Sonnenfaden des ansonsten unbedingt entdeckungswürdigen Werkes zu verlieren.
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