Barack Obama

Von Robert B. Goldmann · 14.01.2010
Die Enttäuschung über Präsident Obamas Amtsführung wächst - das zeigen nicht nur die Umfragezahlen nach dem vereitelten Anschlag auf dem Flug Amsterdam-Detroit am Weihnachtstag. Wundern muss man sich über den Unmut nicht: Der Präsident machte Urlaub in seinem Heimatstaat Hawai, hielt es jedoch nicht erforderlich, schnellstens nach Washington zurückzufliegen.
Erst am 5. Januar äußerte sich Obama programmatisch zu dem Vorfall von Detroit. Zwei Tage später übernahm er die Verantwortung für das Fiasko – nur eine schöne Geste, denn er handelte nicht. Personelle Konsequenzen blieben aus.

Das an den Iran gerichtete Ultimatum für Verhandlungen bis zum 31. Dezember verstrich, ohne dass es nach einer Woche des neuen Jahres noch erwähnt wurde. Und dann stellte das Ahmadinedschad-Regime dem Westen ein Ultimatum! Man kann so etwas nur Chuzpe nennen.

Bei den Demonstrationen der Opposition im Iran gab es Tote, was in Washington nur zu wohlwollenden Worten, aber nicht zu ermutigenden Maßnahmen führte. Die iranische Opposition ist den Überlegungen der westlichen Regierungen offenbar weit voraus.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass zwischen den Worten und den Taten Obamas kaum Deckung besteht. Erstmals seit Präsident Franklin Roosevelt in den Dreißiger- und Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts hat Amerika einen Präsidenten gewählt, dessen rhetorische Gabe so überzeugend ist, doch den Ereignissen läuft er hinterher.

Nicht nur im Iran. Auch Afghanistan ist ein Fall von Schrecken ohne Ende. Hier war Obama nach immerhin drei Monaten zu einer klaren Entscheidung gezwungen. Er wird weitere 30.000 Streitkräfte entsenden. Übrigens hapert es da auch bei den Europäern. Aus einem EU-Gebiet von insgesamt mehr als 500 Millionen Einwohnern sollen lediglich 5000 weitere Streitkräfte nach Afghanistan geschickt werden, und in Deutschland ist selbst dies umstritten!

Während man sich in Berlin um Kundus streitet, versucht man in Washington, Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken, denen sich die sehr bewegliche, von vielen Ländern aus operierende El Kaida allerdings sehr schnell und gezielt entziehen kann. Umso leichter, als die US-Medien über die neuen Pläne in allen Einzelheiten berichten und die Analysen gleich mitliefern.

Nun wartet man auf klare und entschiedene Taten des begabten Redners Obama, der sich das Regieren wohl einfacher vorgestellt hatte, als er im Wahlkampf mit seinem Programm unter dem Schlagwort "Yes, we can!" antrat. Jetzt heißt es in Amerika: "The plate is full", was bedeutet, dass sich der Präsident vor sehr vielen dringenden Aufgaben sieht. Obamas Teller ist übervoll, jetzt braucht das Land mehr als Reden.


Robert B. Goldmann wurde 1921 als einziger Sohn eines jüdischen Landarztes in einem Odenwalddörfchen geboren. Er machte in Frankfurt am Main Abitur. Kurz darauf verließ die Familie Deutschland und kam 1940 über Großbritannien nach New York. Goldmann schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch, um sein Studium zu finanzieren. Er war viele Jahre lang Journalist, bevor er sich sozial- und entwicklungspolitischen Aufgaben in der Dritten Welt widmete und schließlich ein Wegbereiter für die deutsch-jüdische Verständigung wurde. 1996 veröffentlichte er sein vielbeachtetes Buch "Flucht in die Welt", eine Lebens- und Familiengeschichte. Goldmann arbeitete lange für die Anti-Defamation League in New York und publiziert noch immer in amerikanischen und deutschen Medien.