Bangladesh

Szenen aus der Satellitenstadt

Bangladesh in Armenien von oben
Bangladesh in Armenien von oben © Silas Heizmann
Von Stefanie Müller-Frank  · 13.05.2017
Die Reporterin Stefanie Müller-Frank hat für ein halbes Jahr im armenischen Jerewan gelebt - allerdings nicht im Stadtkern, sondern am Rand in einer Satellitenstadt namens Bangladesh. In acht Folgen erzählt sie von ihrem Alltag in der Fremde.
Ein halbes Jahr Jerewan: Ein Atelierstipendium hat den Mann an Stefanies Seite in die armenische Hauptstadt verschlagen, sie packt ihr Mikrofon ein und begleitet ihn. Doch die junge, urbane Kunstszene, auf die sie sich gefreut hatten, bleibt zunächst unauffindbar. Statt in der Künstlerkolonie im Zentrum landen die beiden in einer Satellitenstadt namens Bangladesh. Dort verbringen sie laue Sommernächte am Discobrunnen, lernen Nachbarn kennen, die Tauben züchten oder Schafswolle in der Garage trocknen. Aber sie erleben auch, wie die Menschen auf die Straße gehen und den Rücktritt ihrer Regierung fordern.
In der Doku-Serie "Bangladesh" erzählt Stefanie Müller-Frank aus ihrem Alltag in der Fremde. Ein Künstler und eine Journalistin finden sich an einen Ort verpflanzt, den sie sich selbst vermutlich nicht ausgesucht hätten. Sie wundern sich über so manche Begegnung vor Ort, erleben viele schöne und einige absurde Momente – und geraten dabei manchmal auch an ihre Grenzen.
Gemüsemarkt in Bangladesh in Armenien
Gemüsemarkt in Bangladesh in Armenien© Silas Heizmann
Folge 1: Sputnik
Endlich ist es soweit. Gespannt landen Stefanie und der Mann an ihrer Seite eines frühen Morgens in Jerewan. Doch das Taxi bringt sie nicht wie geplant zur Künstlerkolonie im Zentrum, sondern in eine Satellitenstadt aus der Sowjetzeit namens Bangladesh. Ein Irrtum?
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Folge 2: Laube
Die beiden versuchen herauszufinden, warum sie an diesem seltsamen Ort gelandet sind, eine gute Stunde vom Zentrum Jerewans entfernt. Vielleicht kann da Marina helfen. Sie spricht Englisch und übersetzt für Stefanie bei Interviews. Vielleicht weiß sie auch, was es mit den bunten Metallkäfigen auf sich hat, die überall zwischen den Häusern stehen.
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Folge 3: Plastiktüten
Alltag in Armenien, Alltag in Bangladesh. Auch nach zwei Monaten scheitert Stefanie noch immer an den kleinen Ritualen. Ihr gelingt es zum Beispiel nicht, ohne eine Plastiktüte aus dem Supermarkt zu gehen oder im Restaurant cool zu bleiben, wenn sie nicht in Ruhe aufessen darf. Oder ist das alles nur ein Missverständnis?
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Folge 4: Discobrunnen
Wie geht man eigentlich am Wochenende aus, in einer Trabantensiedlung am Ende der Welt? Sich mal eben auf einen Kaffee oder ein Bier treffen: Keine Chance! Zum Glück hat auch Bangladesh seine ganz eigenen Attraktionen – und eine davon lernen wir heute kennen. Stefanie macht aber auch noch eine andere bedeutende Entdeckung.
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Folge 5: Kofferraumgeschäfte
Der Herbst hält Einzug in Bangladesh. Auf dem Fußballplatz trocknet die Schafswolle, Leute vom Land verkaufen die letzten reifen Früchte am Straßenrand. Stefanie kennt mittlerweile die Namen der Nachbarn und bringt ihnen auch schon mal Zigaretten aus dem Laden nebenan mit. Ein erstes Gefühl von Normalität stellt sich ein.
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Folge 6: Logo
Über Monate haben Stefanie und der Mann jetzt in dieser Wohnung nebeneinander her gewerkelt und versucht, sich nicht ständig gegenseitig abzulenken. Da klappt es plötzlich doch noch mit dem Atelier im Zentrum. Auch Stefanie lernt Journalistenkollegen kennen und ihr wird klar, warum Interviews hier oft so seltsam und unbefriedigend verlaufen.
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Folge 7: Revolution abgesagt
Auf diesen Tag hat der Mann an Stefanies Seite die letzten Monate hingearbeitet: seine Einzelausstellung im Zentrum für zeitgenössische, experimentelle Kunst in Jerewan. Dann aber kommt eine Mail der Organisatoren, die alles in Frage stellt.
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Folge 8: Heimweh
Zeit für den Abschied. Die sechs Monate sind vorbei. Vor ihrer Heimreise hört Stefanie noch, wie viele Armenier jedes Jahr das Land verlassen. Unfreiwillig – wie die beiden Brüder ihrer Übersetzerin, weil sie selbst mit zwei, drei Jobs nicht über die Runden kommen. Stefanie und der Mann freuen sich auf zuhause. Ob sie wohl irgendwas vermissen werden?
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Produktion: Miro Widmer
Sprecher: Philippe Graff/ Stefanie Müller-Frank


Stefanie Müller-Frank
ist freie Reporterin und lebt in Basel. Für ein Atelierstipendium hat sie ihren Freund in die armenische Hauptstadt Jerewan begleitet. Neben der offiziellen Berichterstattung für Radio und Print erzählt sie für die Echtzeit aus ihrem Alltag – und wie so eine Begegnung mit der Fremde das eigene Leben oder das, was man immer für selbstverständlich gehalten hat, durcheinanderbringen kann. Nach einem halben Jahr im Südkaukasus ist sie jetzt wieder zurück in der Schweiz.
Stefanie Müller-Frank
Stefanie Müller-Frank© Silas Heizmann
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