Baltenstaat vor der Wahl

Notizen aus der litauischen Provinz

Wahlkampf in Utena: Marijus Kaukėnas ist Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Stadtrat und will jetzt ins Parlament Litauens.
Wahlkampf in Utena: Marijus Kaukėnas ist Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Stadtrat und will jetzt ins Parlament Litauens. © Deutschlandradio / Michael Frantzen
Von Michael Frantzen · 04.10.2016
Litauen wählt im Oktober ein neues Parlament. Die Abstimmung gilt auch als Barometer für die sozialdemokratisch geführte Regierung. Doch das Interesse der Bevölkerung ist gering. Existenzsorgen, Landflucht, Arbeitssuche im Ausland - das bewegt die Leute mehr. Michael Frantzen hat in der Kreisstadt Utena im Nordosten des Landes die Stimmung vor der Wahl eingefangen.
Jetzt nur die Nerven bewahren. Marijus Kaukėnas zupft an seiner blauen Krawatte. Für den 37-Jährigen steht an diesem regnerischen Herbstnachmittag einiges auf dem Spiel. Der Liberale ist nicht nur der mit Abstand jüngste unter den sieben Parlaments-Kandidaten, die zur Podiumsdiskussion in die Stadthalle der litauischen Kreisstadt Utena gekommen sind: Er ist auch krasser Außenseiter.
Es läuft nicht schlecht für Marijus. Routiniert pariert er die Fragen des Moderators. Der studierte Politikwissenschaftler ist öffentliche Auftritte gewöhnt. Seit einer Legislaturperiode ist er Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Stadtrat von Utena, der 27.000-Einwohnerstadt mit ihren Plattenbauten und tiefen Wäldern und Seen ringsherum. Eine Brauerei, ein milchverarbeitendes Unternehmen, ein Textil-Hersteller: Jobs gibt es vor allem in der Industrie. Schlechtbezahlte Jobs, wie sich Marijus gerne aufregt. Wer 700 Euro im Monat verdient, gehört schon zu den Besserverdienern.
Marijus Kaukėnas: "Wir brauchen qualifiziertere Jobs. Und weniger Regeln in der Wirtschaft. Diese ganzen Regeln machen Existenzgründern das Leben nur unnötig schwer. Deshalb: Weg mit überflüssigen Vorschriften. Und: runter mit den Steuern. Wir brauchen frischen Wind – auch im Parlament. Junge Leute. Die alte Garde sitzt schon viel zu lange an den Schalthebeln."
Die "alte Garde" – in Utena trägt sie eine Frisur, die an die von Margret Thatcher erinnert, Großbritanniens "Eiserner Lady" - und sitzt kerzengerade zwei Stühle weiter auf dem Podium. Seit über zehn Jahren vertritt Milda Petrauskienė für die Sozialdemokraten den Wahlkreis 51 im Seimas, dem litauischen Parlament.

Folgenreicher Korruptionsskandal bei den Liberalen

Sie ist einfach nicht aus der Reserve zu locken – Milda, wie sie alle nennen. Egal ob Fragen zur Verteidigungspolitik, dem demografischen Wandel, der unpopulären Arbeitsmarkt-Reform der sozialdemokratisch geführten Koalition in Vilnius: Die Frau im blauen Designerkostüm gibt sich keine Blöße. Zwar verlieren ihre Sozialdemokraten in den Umfragen. Doch noch reicht es für Platz eins, kann sich die Amtsinhaberin gute Chancen ausrechnen, erneut das Direktmandat zu gewinnen. Zurück in seinem Wahlkampfbüro in einem der Plattenbau-Viertel der Stadt verzieht Marijus das Gesicht. Im Sommer war er Milda noch dicht auf den Versen. Bis die Bombe platzte: Korruptionsskandal bei den Liberalen. Samt Rücktritt des Bundesvorsitzenden. Seitdem geht es bergab für den "jungen Wilden", der so gerne für frischen Wind in der Hauptstadt sorgen würde:
"Ich will ja nicht lästern, aber: Milda ist 67. Sie macht schon seit einer halben Ewigkeit Politik. Früher, zu Sowjetzeiten, war sie in der Kommunistischen Partei, jetzt ist sie bei den Sozialdemokraten – und damals wie heute perfekt vernetzt. Unser Bürgermeister ist ja auch Sozialdemokrat. Mildas politische Maschinerie läuft wie geschmiert. Schauen sie sich ihren Wahlkampf an: Sie glauben doch nicht, sie hätte es nötig, Straßenwahlkampf zu machen - so wie ich. Dafür hat sie ihre Leute. Ich mache mir nichts vor: Es wird verdammt schwer, gegen sie zu gewinnen. Ich bin der Underdog."
Litauen vor der Wahl: Plakate in der Kreisstadt Utena
Litauen vor der Wahl: Plakate in der Kreisstadt Utena© Deutschlandradio / Michael Frantzen
Zumindest eine Stimme ist dem Underdog sicher: Einmal quer durch die Stadt lacht Kasparas Mociúnas. Klar doch. Der 21-Jährige unterstützt schließlich Marijus im Wahlkampf.
Dienstagabend, kurz vor halb sieben. Draußen wälzt sich der Feierabend-Verkehr durch engen Straßen Utenas. Drinnen, in der "Paletės Bar" - der Paletten-Bar – krempelt Kasparas seine Hemdärmel hoch. Eine halbe Stunde noch – dann macht seine Bar auf. Kurz unterhält er sich mit seinen zwei Angestellten. Die Bierlieferung: angekommen. Die Musikliste: abrufbereit. Alles OK. Der Jungunternehmer lässt sich auf eine der Holzbänke fallen, die sich bei näherem Hinsehen als Paletten entpuppen. Klappt doch. Was hat er sich nicht alles schon anhören müssen: Wie er nur sein Mathematikstudium in Vilnius schleifen lassen könne, um in der tiefen Provinz eine Bar aufzumachen – meinten seine zwei älteren Geschwister.

Ein Zeichen gegen den Exodus

Wenn er schon Geld verdiene wolle, dann solle er doch lieber gleich zu ihnen in die Schweiz kommen. Doch der Kleine wollte nicht. Aus Trotz und, um ein Zeichen zu setzen gegen den Bevölkerungs-Exodus. Mehr als 8000 von 48.000 Einwohner hat die Region Utena in den letzten zehn Jahren verloren – prozentual so viele wie keine andere Region in ganz Litauen.
Kasparas Mociúnas: "Also zunächst einmal: Ich bin jetzt Barbesitzer. Ich kann den Laden doch nicht einfach mir-nichts-dir-nichts wieder zumachen. Mein Herz hängt an dieser Bar. An unserer Gemeinschaft. Die Leute, die herkommen, sind für mich keine Kunden. Wir sind eine Clique. Wenn ich wie all die anderen ins Ausland gehen und mein Geschäft schließen würde, würden sie mich vermissen. Wir sind doch die einzige Bar weit und breit. Das alles hält mich in Utena."
Kasparas springt auf und läuft zur Bar – vorbei an den melancholischen Landschaftsaufnahmen eines befreundeten Fotografen und der großen Weltkarte mit den Stecknadeln. Jede Stecknadel steht für ein Land, dass er schon besucht hat. Ägypten, Deutschland, die meisten anderen europäischen Länder: alles abgehakt. Dank des Gewinns, den seine Bar abwirft. Der Mann mit dem Hipster-Bart strahlt. Er hat es allen gezeigt – nicht zuletzt seiner Mutter:
"Sie war in den zweieinhalb Jahren, die es meine Bar gibt, ein einziges Mal da. Sie findet, eine Bar sei kein gutes Umfeld für mich. Das ist typisch für Leute ihrer Generation. Für die gilt: Bar gleich Alkohol gleich Alkoholismus. Meine Mutter dachte, ich würde zum Alkoholiker. Sie ist ziemlich konservativ und religiös, wie viele meiner Verwandten. Eine Tante meinte allen Ernstes: Wie kannst du nur eine Bar aufmachen – als Sohn einer gläubigen Christin. Verrückt, nicht? Ich habe es einfach ignoriert und mir gesagt: Mach dein eigenes Ding. Inzwischen hat sich meine Mutter beruhigt. Sie sieht ja, das es mir ernst ist; ich ihr nicht mehr auf der Tasche liege. Nur herkommen – das will sie weiter nicht."
Andere haben da weniger Berührungsängste. Wie immer hat es sich Paulus, Kasparas' alter Schulkamerad, nicht nehmen lassen in den Semesterferien im "Paletės" vorbeizuschauen. Der schlaksige Typ mit der überdimensionierten Retro-Brille setzt sich zu Kasparas. Sie haben sich viel zu erzählen: Wie Paulus vorankommt mit seinem Sport-Management-Studium im englischen Coventry. Dass die Amateur-Basketball-Liga, die Paulus noch zu Schüler-Zeiten im Kreis Utena ins Leben gerufen hat, inzwischen 28 Teams zählt. Wie sie die Debatte der sieben Parlaments-Kandidaten fanden.
Beide können sich ein Lachen nicht verkneifen. Sie sind zwar befreundet, politisch aber liegen sie über Kreuz. Paulus engagiert sich für Milda, die Sozialdemokratin:
"Ich denke nicht, dass ich in Großbritannien bleiben werde. Mein Zuhause ist Utena. Es gibt viele Möglichkeiten hier. Du musst dich nur trauen – und an deine Fähigkeiten glauben. Wenn ich nächstes Jahr meinen Abschluss in der Tasche habe, würde ich gerne etwas im Sport-Bereich machen. Dieses Gerede, es gäbe hier keine Perspektive für junge Leute: Das ist doch Blödsinn. Nur als Beispiel: Wenn du eine vernünftige Geschäfts-Idee hast, unterstützt dich die Stadtverwaltung. Sie haben ein extra Programm aufgelegt. Wenn du etwas verändern willst, musst du dich nur trauen."

Die strenge Endvierzigerin vom Sozialamt

Junge Leute, die vor Ideen nur so sprühen: Das ist ganz nach dem Geschmack von Regina Skomsciene – laut Visitenkarte "leitende Spezialistin für Sozialhilfe" bei der Gemeinde. Schnellen Schrittes läuft die Endvierzigerin über die Gänge des Sozialamtes, einem mit EU-Geldern renovierten Bau aus Sowjetzeiten. Trist ist es hier, ziemlich trist. Doch Skomsciene hat dafür keinen Blick. Wie immer, hat sie es eilig. Ihre "Klienten" halten sie auf Trab:
"Unsere Sozialhilfeempfänger müssen seit zwei Jahren an Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen teilnehmen. Gartenarbeiten, den Friedhof in Ordnung halten – solche Sachen. Ich finde das gut. Viele haben doch verlernt, zu arbeiten. Sie kassieren nur ihre Sozialhilfe und liegen auf der faulen Haut. Wir in Utena sind besonders streng. Seit der Sozialreform 2014 sind die Gemeinden ja für die Sozialhilfe zuständig. In anderen Gemeinden müssen Sozialhilfeempfänger nur drei oder sechs Monate am Stück öffentliche Arbeiten verrichten. Bei uns müssen sie jederzeit arbeiten, wenn sie ihre 102 Euro staatliche Hilfe bekommen wollen. Monat für Monat."
Hartz IV auf Litauisch: In Vilnius, der Hauptstadt, mögen sie dagegen protestiert haben: In Utena aber blieb es still. Regina Skomsciene verdreht die Augen. Proteste? Wozu denn! Das hier, meint sie triumphierend und zeigt auf ihren Computer-Bildschirm, sei viel entscheidender: die Fakten, positive Fakten. Als da wären: die Arbeitslosigkeit, gesunken auf 9,5 Prozent. Der Haushalt ihres Bosses, des Bürgermeisters: mit zwei Millionen Euro im Plus. Und ganz wichtig: Die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger hat sich halbiert - auf knapp 900. Das kommt nicht von ungefähr:
"Jeder Sozialhilfeempfänger muss unterschreiben, dass er rechtmäßig staatliche Hilfe bekommt. Wenn wir misstrauisch sind, können wir jederzeit kontrollieren, ob auch alles mit rechten Dingen zugeht. Das geht ganz einfach. Unsere Leute tauchen dann unangemeldet bei den Sozialhilfeempfängern zu Hause auf. Manchmal bekommen wir auch Anrufe von ihren Nachbarn. Die bekommen ja mit, wenn jemand illegal Sozialhilfe bezieht. Wir kommen schon an unsere Informationen."

Die stolze Direktorin der Erfolgsschule

Ein neuer Tag, eine andere Ecke von Utena. Und auch hier das gleiche Leistungsethos, wenn auch mit freundlicherem Gesicht. Schulleiterin Asta Skeiriene nickt energisch. Ihr Dauniskio-Gymnasium ist schließlich nicht umsonst dieses Jahr zur "besten Schule Litauens" gekürt worden. Wegen der "Erfolgs-Klassen", der Partnerschaften mit Schulen in sieben Ländern, spezieller Projekte wie Vivo, der Schüler-Popgruppe. Asta strahlt. Vivo, das ist ihr Baby. Vor fast 20 Jahren hat sie die Gruppe ins Leben gerufen, als junge Musiklehrerin. Das waren noch Zeiten. Sie schließt für einen Augenblick die Augen. Die Schule platzte damals aus allen Nähten. Das ist längst vorbei. Der demografische Wandel, der Exodus der Jungen, die keine Lust haben, sich für einen Mindestlohn von monatlich 380 Euro krumm zu machen – er ist auch an Litauens Erfolgsschule nicht spurlos vorüber gegangen. Pro Schuljahr verliert die Schule 20 Schüler. Aktuell sind es noch rund 500. Das bekommen auch Astas Lehrer zu spüren:
"Ihr Gehalt hängt davon ab, wie viele Stunden sie unterrichten. Je weniger sie unterrichten, desto weniger verdienen sie. Ergo bekommen unsere Lehrer deutlich weniger als noch vor fünf Jahren. Das ist nicht nur schlecht für meine Kollegen und Kolleginnen: Es macht es auch schwerer neue Stellen zu besetzen. Gerade junge Lehrer überlegen es sich zwei Mal, für so wenig Geld zu arbeiten. Ihr Einstiegsgehalt liegt bei rund 450 Euro. Noch haben wir an unsere Schule keine Engpässe, aber in zwei, drei Jahren gehen etliche Lehrer in Rente. Ich mag mir das gar nicht ausmalen. Ersatz zu finden, gerade in Fächern wie Mathematik und Physik, das wird hart. Es vergeht kein Tag, an dem ich mir darüber nicht den Kopf zerbreche."
Das Dauniskio-Gymnasium in Utena ist beste Schule Litauens: Schulleiterin Asta Skeiriene (rechts) und die Englischlehrerin Inga Tutkiene.
Das Dauniskio-Gymnasium in Utena ist beste Schule Litauens: Schulleiterin Asta Skeiriene (rechts) und die Englischlehrerin Inga Tutkiene.© Deutschlandradio / Michael Frantzen

Eine Englischlehrerin und ihre "Problemkinder"

Ihren Kopf zerbricht sich auch Englischlehrerin Inga Tutkiene. Vorzugsweise über ihre "Problemkinder": Oft Jugendliche, die nur bei einem Elternteil aufwachsen, meist bei der Mutter, während der Vater im Ausland, in Großbritannien oder Norwegen, sein Geld verdient. Gut jeder zehnte Schüler ist davon betroffen:
"Das macht sich sehr bemerkbar. Die betroffenen Schüler kommen mit der Situation nicht klar – und haben Probleme: zu Hause, aber auch in der Schule. Das stellt uns vor ganz neue Herausforderungen. Es geht längst nicht mehr nur um Noten und wie wir Lehrer am besten Wissen vermitteln. Wir müssen jetzt auch lernen mit Verhaltensauffälligkeiten umzugehen. Am auffälligsten sind die Jungs. Sie leiden am meisten darunter, wenn ihr Vater weg ist. Sie werden nervös, manche auch unflätig und aggressiv."
Getrennte Familien: Inga kennt das aus eigener Erfahrung. Ihr Mann arbeitet schon seit 15 Jahren in London. Alle fünf, sechs Wochen kommt Danus zu Besuch: Mehr ist nicht drin. Früher ist Inga häufiger in die britische Hauptstadt geflogen, aber seit Joris auf der Welt ist, ihr dreieinhalbjähriger Sohn, lässt sie das bleiben. Zu stressig:
"Ich habe vier oder fünf Diplome. Und trotzdem erhalte ich viel weniger als mein Mann. Er verdient als Schreiner in Großbritannien gutes Geld. Na ja, so ist das nun mal. Du kommst natürlich ins Grübeln. Manchmal denke ich, mache ich es richtig? Was ist, wenn ich mir in Zukunft mehr leisten möchte? Wenn ich höhere Ziele habe? Was weiß ich, ein Haus in Vilnius kaufen will? Was dann? Dann wird mir wohl auch nichts anderes übrig bleiben, als auszuwandern."

Der Brexit ist ein großes Thema

Ingas kleines Büro im Erdgeschoss: Es sieht nach Arbeit aus. Viel Arbeit. Kein Wunder, seitdem sie stellvertretende Schulleiterin ist, muss sie neben dem Englischunterricht auch noch die Stundenpläne für die Lehrer koordinieren. Sechs Wochen saß sie daran in den Schulferien, kostenlos. Aber so, meint sie beim Herausgehen lakonisch, sei sie zumindest nicht auf falsche Gedanken gekommen, wegen des Brexits. Der EU-Austritt Großbritanniens ist in ganz Litauen großes Thema.
Inga Tutkiene: "Mein Mann und ich reden nicht darüber. Nicht wirklich. Keine Ahnung, ob er sich wegen des Brexits Gedanken macht. Ich kann es wirklich nicht sagen. Mag sein, dass er Angst hat, als litauischer Staatsangehöriger eines Tages seine Arbeitserlaubnis zu verlieren. Ich hege ja den Verdacht, dass er das nur für sich behält, um mich nicht zu beunruhigen."
Der Brexit und die Folgen, darüber haben sie letztens auch im Politikunterricht geredet. Enrike Sinkute zuckt die Schultern. Richtig schlau daraus geworden ist die 18-Jährige nicht. Aber was soll's, es gibt ja auch Wichtigeres, der Matheunterricht gerade beispielsweise. Algebra, nicht gerade Enrikes Stärke, Geschichte und Politik schon eher. Ende des Jahres macht der lebhafte Teenager Abitur:
"Ich überlege, danach zum Studium nach Holland zu gehen. Meine Schwester und mein Schwager leben schon seit vier Jahren dort. Ich wäre also nicht alleine. Wobei: Die Niederlande sind voller Litauer. Ich habe in den Sommerferien in einem niederländischen Hotel gearbeitet. Und was glaubst du, ständig bin ich anderen Litauern über den Weg gelaufen. Es hat mich echt überrascht. Du denkst, du bist in Holland unter lauter Holländern. Und stattdessen reden alle Litauisch mir dir."
Ganz sicher, ob sie in den Niederlanden studieren will, ist sich Enrike noch nicht. Sie ist hin und her gerissen. Einerseits, hat ihre Schwester erzählt, haben die niederländischen Universitäten einen guten Ruf. Andererseits könnte sie sich auch vorstellen, in Litauen zu bleiben, um etwas zu bewegen. Schon seit ein paar Jahren engagiert sie sich bei der liberalen Jugendorganisation, ist - ähnlich wie Kasparas, der Barkeeper - Feuer und Flamme für Marijus, den Underdog bei der Parlamentswahl:
"Klar bin ich für die Liberalen. Meine Freundinnen finden es cool, dass ich bei deren Jugendorganisation mitmache. Meine Eltern weniger. Die haben null Interesse an Politik. Bei uns zu Hause wird nicht über Politik geredet. Schade eigentlich, aber was willst du machen. Umso wichtiger, dass wir Jungen uns für Politik interessieren und engagieren."
Flusslandschaft am Rande von Utena
Flusslandschaft am Rande von Utena© Deutschlandradio / Michael Frantzen
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