BAH-festival

Auf der Suche nach der absurdesten Hypothese

Ein junger Mann hält stolz seine neu geborene kleine Tochter in den Armen.
Warum sind Babys rundlich? Weil man sie dann besser in nächste Dorf katapultieren kann. © dpa / picture alliance / Hans Wiedl
Von Jennifer Rieger · 24.09.2015
Warum sind Babys rundlich und aerodynamisch? So kann man sie besser ins nächste Dorf katapultieren, um die Gene zu verteilen. Völliger Quatsch, klingt aber lustig, und genau darum geht es beim BAHfest, dem Festival of Bad Ad-Hoc Hypotheses.
"BAHFest!" das steht für "Festival of Bad Ad-Hoc Hypotheses": Sechs Teilnehmer stellen Hypothesen auf, die evolutionsbiologische Phänomene erklären. Wie bei einer wissenschaftlichen Konferenz halten sie mit Powerpoint untermalte Vorträge voller Formeln und Diagramme.
Vortrag Zach Weinersmith: "Babies are weird. They have a whole suite of qualities not possessed by adult humans and we wondered why this should be. So there’s a simple explanation we’ve come to, which is that early humans catapulted their babies over a nearby mountain to reach the next village over."
Beim ersten BAHFest am MIT in Boston im Jahr 2013 erklärt der US-amerikanische Cartoonist Zach Weinersmith, warum Babys so rundlich und aerodynamisch sind: Seiner Theorie zufolge haben Frühmenschen ihre Neugeborenen über nahegelegene Berge ins nächste Dorf katapultiert, um ihre Gene möglichst weit zu verteilen. Völliger Quatsch natürlich. Doch das ist das Konzept des Festivals:
"Ich beschreibe es normalerweise als gefaktes Biologie-Seminar: Die Teilnehmer präsentieren evolutionsbiologische Theorien, die offensichtlich falsch sind, aber fundiert und gründlich recherchiert."
Die Idee für BAHFest stammt aus Zachs Webcomic "Saturday Morning Breakfast Cereal”. Mal in einem, mal in mehreren Panels macht er darin täglich Witze über verschiedene Themen: Popkultur, zwischenmenschliche Beziehungen, Philosophie und eine gehörige Portion Wissenschaft.
Nerd-Humor und dreckige Witze
"50 per cent nerdy jokes, 50 per cent dirty jokes and it kind of all works out."
50 Prozent Nerd-Humor, 50 Prozent dreckige Witze, so beschreibt Zach seinen Comic. Im Januar 2013 schrieb er einen Strip über solch ein gefaktes Biologie-Seminar:
"Eine Veranstaltung mit dem Ziel, die beste schlechte evolutionsbiologische Theorie zu erfinden. Es war nur ein Witz, aber dann haben wir auf Facebook gepostet 'wenn wir dieses Event veranstalten, würdet ihr hingehen?' Wir haben ungewöhnlich viel Rückmeldung bekommen, also dachten wir, wir sollten es mal ausprobieren."
So erblickte BAHFest! das Licht der Welt. Gleich beim ersten Mal verkauften Zach und seine Mitorganisatoren 1000 Tickets. Dieses Jahr geht BAHFest in die dritte Runde, außer in Boston findet es auch noch in San Francisco und in Seattle statt. Warum der große Erfolg? So richtig erklären kann Zach sich das nicht.
"Ich habe keine Ahnung! Ich erwarte eigentlich jedes Jahr, dass keiner kommt. Wir geben uns aber wirklich große Mühe, gute Comedy zu machen. Wissenschaftliche Comedy-Veranstaltungen sind oft nicht wirklich lustig, sondern voller Insiderwitze und schlechter Pointen. Also versuchen wir, die Insider wegzulassen. Wir wollen auch niemandem etwas beibringen. Wir machen einfach eine Comedy-Show, die zufällig Wissenschaft enthält."
Als Webcomicautor arbeitet Zach schon seit mehr als zehn Jahren an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Humor. Ob Forschungsthemen ein besonderes Spaßpotential innewohnt, da ist Zach sich nicht so sicher. Aber:
"Es hilft, dass die Wissenschaft so vielseitig ist. Biologie ist gut, weil es unendlich viele Systeme gibt, über die man schreiben kann und man kann sie auch ohne viel Fachwissen verstehen."
Fischlarven fliehen vor schlimmen Eltern
Vielleicht liegt es auch daran, dass viele Menschen – Wissenschaftler wie nicht Nicht-Wissenschaftler – dazu neigen, der Evolution eine Intention zu unterstellen. Dass alle Eigenschaften und Verhaltensweisen von Menschen und Tieren einen Sinn haben.
"Sehr lustig wird es, wenn man irgendein Merkmal nimmt und voraussetzt, dass es einen Grund dafür gibt. Wir hatten da einen sehr guten Vortrag dieses Jahr, von Stacey Farina. Sie erforscht die Evolution von Fischen."
Sie wollte erklären, warum Fischlarven immer so weit weg von ihren Eltern zu finden sind. Ihre Theorie: Fische geben furchtbare Mütter und Väter ab.
"Ein Teil ihrer Theorie, der mir sehr gefallen hat, war, dass Fische deshalb an Land gegangen sind - um von ihren schrecklichen Eltern wegzukommen."
Für Zach ist es wichtig, dass BAHFest keinerlei Bildungsauftrag hat, es geht einfach um den Spaß. Manchmal lässt sich aber vielleicht nicht vermeiden, dass doch jemand etwas lernt.
"Im Wissenschaftsbetrieb wird man dazu angehalten, nachzudenken, aber nicht unbedingt auf total verrückte Weise. Das Schöne an unserer Show ist, dass wir Wissenschaftler dazu bringen, einfach ins Blaue hinein zu denken, auch wenn es albern erscheint. Vielleicht ist das eine gute Übung in Kreativität."