Bachs Kurzmessen nur "zweitklassig"?

Das Neue im Alten

29:51 Minuten
Porträt des Komponisten ist vor einer etwas verzerrten Notenschrift zu sehen.
Johann Sebastian Bach nutzte oft Werke ein zweites Mal, um etwas Neues daraus zu erschaffen. © IMAGO / imagebroker
Von Andreas Glöckner · 10.03.2021
Johann Sebastian Bach komponierte seine vier "Kyrie-Gloria-Messen" zu einer Zeit, als er sein großes Kantatenwerk fast abgeschlossen hatte. Bach recycelte hier "Altes" und versah es mit neuem Text. Für die einen sind diese Werke daher "zweitklassig". Wirklich?
Vier "Kyrie-Gloria-Messen" hat Johann Sebastian Bach hinterlassen. In der musikalischen Praxis haben diese Messen lange Zeit nur relativ wenig Beachtung gefunden. Vielleicht beruht dies auch auf dem Verdikt namhafter Bachforscher wie Philipp Spitta oder Albert Schweitzer.
Disqualifizierte sie Schweitzer mehr oder weniger als oberflächliche und zum Teil sinnlose Wiederaufnahmen eigener Versatzstücke, so resümierte der Bach-Forscher Spitta zwar poetisch, aber kaum weniger abwertend: "Hier sind prachtvoll entfaltete Blumen von ihren Stengeln geschnitten und zum verwelklichen Strauß gebunden."
Unter den Prämissen einer Ästhetik, die nicht ausschließlich auf das einmalige und nicht austauschbare Originalkunstwerk fokussiert ist, haben die vier Messen inzwischen eine geradezu gegenteilige Wertung erfahren.
Dabei spielte die Erkenntnis, dass viele der Messesätze eine Neugestaltung oder gravierende Umformung der Kantatenvorlagen erfahren haben und keineswegs nur schematisch neutextiert worden sind, eine wesentliche Rolle.
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