B wie Bayreuth

    Von Jürgen Liebing · 13.05.2013
    Der Buchstabe "B" kann im Fall Richard Wagners zunächst nur der Stadt Bayreuth gewidmet sein. Einmal im Jahr wird die fränkische Kleinstadt während der Wagner-Festspiele zum Wallfahrtsort vieler Wagnerfreunde aus aller Welt.
    "Bayreuth ist ein Sehnsuchtsort"

    Holger Noltze, Musikjournalist und Professor für "Musik und Medien" an der TU Dortmund. Als 13-Jähriger hat er sich in einem Brief an den damaligen Chef auf dem grünen Hügel Wolfgang Wagner bitterlich darüber beklagt, dass es so lange dauere, um eine Karte für die Festspiele zu bekommen. Mittlerweile gehört er dort zu den Dauergästen.

    Wer mit dem RegionalExpress auf dem Bayreuther Bahnhof ankommt, erblickt, schaut er gen Norden, das Festspielhaus auf dem Grünen Hügel. Wie ein verwunschenes Dornröschenschloss überragt es die Wipfel der Bäume. Übrigens, es gibt auch einen Roten Hügel in der fränkischen Stadt. Bayreuth hat augenblicklich 70.000 Einwohner, ist kreisfreie Stadt, hat eine Uni, die in der Vergangenheit eher weniger gute Schlagzeilen produziert hat, Stichwort Plagiat, und liegt am Roten Main. Wilhelmine von Bayreuth, die Schwester des Preußenkönigs Friedrich der Große, sorgte für eine erste kulturelle Blüte, und indirekt ist sie daran schuld, dass der Blick eines gewissen Richard Wagner auf das verträumte Nest fiel, denn sie, die auch komponierte, hatte das Markgräfliche Opernhaus bauen lassen, das seit 2012 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht.

    "Bayreuth 2013 - Da steckt Wagner drin!" und "Bayreuth 2013 - Wir sind Wagner!"

    Mit diesen beiden Slogans wirbt die fränkische Stadt in diesem Jahr für sich. Aber so wie wir Deutschen nie Papst gewesen sind, so werden die Bayreuther niemals Wagner sein, war das Verhältnis zwischen Wagner und Bayreuth doch immer ein spannungsgeladenes – und ist es bis heute. Wie kam es überhaupt dazu, dass Richard Wagner dieses Provinzstädtchen auserkor?

    "Es sollte zunächst natürlich ein Ort in Bayern sein, denn es sollte unter dem Patronat von König Ludwig II. von Bayern stehen, es sollte kein Ort mit einem stehenden Theater auch kein großer Ort, und es sollte ein protestantischer Ort sein. Bayreuth hatte dazu noch den Vorteil, dass es über ein Theater verfügte, das Richard Wagner zuerst in Auge gefasst hat – das ist das markgräfliche Opernhaus – er kam nach Bayreuth hat das angesehen, fand es untauglich, fand den Ort aber passend und sagte, ich werde hier bauen."

    Oswald Georg Bauer, von 1974 bis 1985 dramaturgischer Mitarbeiter Wolfgang Wagners, Generalsekretär und später Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Er arbeitet schon seit etlichen Jahren an der ersten umfassenden Dokumentation der Festspiele.

    "Als er verlautbarte, dass er das Festspielhaus in Bayreuth bauen wird, da kamen Bad Reichenhall oder Baden-Baden auch, und er hat ihnen klar gesagt, für badereisende Faulenzer werde er nicht spielen. Später kamen natürlich die reisenden Faulenzer aus Marienband und Karlsbad in Scharen, aber zu der Zeit hat er auch noch damit gerechnet, dass er bei freiem Eintritt spielen könnte, was auch eine Grundvoraussetzung für die Festspieleidee gewesen ist, aber das hat natürlich nie funktioniert."

    Gegenüber Friedrich Nietzsche bekannte Wagner:

    "Es steht deutlich vor mir, dass nach der realen Seite meines Wirkens hin, Bayreuth die gelungenste Auffindung meines Instinktes war."

    Aber nicht nur seine Urenkelin Katharina Wagner beklagt immer wieder die Abgelegenheit des Städtchens, auch Richard Wagner selbst hat später diese Entscheidung bereut – nicht nur wegen des schlechten Wetters. So plante er gar, nach Amerika auszuwandern, und es ist kein Zufall, dass Wagner im fernen Venedig am 13.Februar 1883 gestorben ist.
    Und doch sind Wagner und Bayreuth nicht mehr voneinander zu trennen.

    Übrigens, der Hals des Drachens für den "Ring des Nibelungen" bei den ersten Festspielen 1876 landete nicht in Bayreuth, sondern in Beirut, weil er irrtümlicherweise dorthin verschifft worden war. Und auch später soll der eine oder andere Gast in der libanesischen Hauptstadt gestrandet oder gelandet sein statt in der fränkischen Provinzstadt.

    "Bayreuth ist ein Sehnsuchtsort"

    Am 20.August 1880 notierte Cosima Wagner den folgenden Satz ihres Mannes Richard in ihr Tagebuch:

    "Bayreuth war ein Unsinn."