Autorin Esmahan Aykol über die Türkei

"Wie in einem Horrorfilm"

Sie sehen Anhänger von Präsident Erdogan, sie schwenken Fahnen.
Anhänger von Präsident Erdogan schwenken Fahnen. © picture-alliance / dpa / Deniz Toprak
Esmahan Aykol im Gespräch mit Frank Meyer und Katja Schlesinger · 20.07.2016
Wie in einem Horrorfilm sei es derzeit in der Türkei, sagt die deutsch-türkische Autorin Esmahan Aykol. Eine freie Meinungsäußerung sei nicht mehr möglich. Nach echten oder vermeintlichen Gülen-Anhängern werde es als nächstes Linke und Kurden treffen.
Die Säuberungswelle nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei versetzt die Menschen immer mehr in Furcht. Auch die deutsch-türkische Krimiautorin Esmahan Aykol, die in Berlin und Istanbul lebt und sich zurzeit in der türkischen Metropole aufhält, hat Angst. "Jeden Abend sammeln sich Menschen am Taksim-Platz und die schreien: Allahu akbar. Es sind überwiegend Männer. Die gehen auf die Straße mit türkischen Flaggen und schreien: Allahu akbar", so Aykol. "Ich traue mich nicht rauszugehen."
Inzwischen sei nicht einmal mehr unter Freunden oder Familienangehörigen eine freie Meinungsäußerung möglich, "weil sie uns über Handys abhören können", sagt Aykol. "Es ist wirklich wie in einem Horrorfilm. Das kann nicht wahr sein, das kann nicht das Jahr 2016 sein!"

Werden Linke und Kurden die nächsten sein?

Sie werde versuchen, so lange wie möglich in Istanbul zu bleiben. "Aber wenn es nicht mehr geht, werde ich entweder nach Deutschland oder nach Italien gehen. Aber das kann nicht ein Ziel sein. Das ist mein Land!", betont die Krimi-Autorin, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. "Ich bekomme jeden Tag ein, zwei Heiratsanträge, damit ich Menschen aus dem Land bringen kann."
Als nächste Opfer der Säuberungswelle, befürchtet Aykol, werde es Linke und Kurden treffen, die jetzt als alleinige Oppositionskräfte geblieben seien. Dennoch glaubt sie nicht, dass Erdogans Weg zur Präsidialdiktatur langfristig erfolgreich sein wird. "Es ist ein großes Land und wir haben genug Kräfte, um gegen Erdogans Regime zu kämpfen."
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