Autarke Energieversorgung in Feldheim

Ein Brandenburger Dorf hat die Energiewende schon geschafft

Ein blaues Schild, hinter dem sich Windräder drehen, weist Feldheim (Brandenburg) am 08.05.2014 als energieautarken Ort aus.
Großer Windpark für ein kleines Dorf: Feldheim hat 130 Einwohner. © dpa / picture-alliance
Von Vanja Budde · 03.01.2019
Im brandenburgischen Feldheim werden die Bürger schon seit längerem allein mit Energie aus eigenen Windkraftanlagen, einem Solarpark und einer Biogasanlage versorgt. Das Projekt beweist, dass die Energiewende funktioniert.
Flach ist die Gegend rund um Feldheim, Ortsteil der Kleinstadt Treuenbrietzen. Eine frische Brise weht ungehindert um die 55 Windkraftanlagen, die am Rand des Dorfes stehen. Ein großer Windpark für ein kleines Dorf: Feldheim hat nur 130 Einwohner. Am Fuße einer der Windkraftanlagen schließt Doreen Raschemann von der Firma Energiequelle eine Stahltür auf. Im Inneren der Anlage schaut sie zufrieden auf ein Messgerät: Gute Bedingungen heute.
"In knapp 150 Meter Höhe haben wir jetzt diese Windgeschwindigkeiten von um die zehn Meter pro Sekunde, schwankt so ein bisschen, und da ist die Mühle zeitweise schon bei einer Nennleistung. 3000 Kilowatt hat die Mühle an Leistung, also maximal 3000 Kilowattstunden können produziert werden in einer Stunde."

Es fing mit einer Handvoll Windmühlen an

250 Millionen Kilowattstunden liefert der Windpark im Jahr. Die 37 Feldheimer Haushalte brauchen davon nur eine Million Kilowattstunden. Sie beziehen den Strom zum günstigen Ortsnetz-Preis von 16,6 Cent. Der große Rest wird ins allgemeine Netz eingespeist, erzählt Doreen Raschemann.
Zusammen mit ihrem Mann Michael und einem weiteren Partner hat sie vor gut 20 Jahren die Firma Energiequelle gegründet. Angefangen hat es mit einer Handvoll Windmühlen hier in Feldheim. Mittlerweile gehört Energiequelle mit 200 Mitarbeitern und mehr als 120 Millionen Euro Umsatz zu den zehn größten deutschen Unternehmen für erneuerbare Energien. Und Feldheim dient als Vorzeige-Standort.
3000 bis 4000 Besucher kommen jährlich ins Neue Energie Forum, dem ehemaligen Gasthof "Zur Linde" in Feldheim. Heute sind vier Ingenieure aus Südkorea da, um sich über die Zukunft der deutschen Energiewende zu informieren.
Im Foyer informiert eine Ausstellung über das Zusammenwirken der 55 Windkraftanlagen mit einem Solarpark und der Biogasanlage, die zur Hälfte der hiesigen Agrargenossenschaft gehört: größter Arbeitgeber im Ort und wichtiger Partner des Energieunternehmens.
"Wenn im Winter die Wärmeproduktion in der Biogasanlage nicht mehr ausreicht, haben wir dazu eine Hackschnitzelheizung. Das Holz für die Anlage kommt alles auch hier aus der Umgebung, muss also nicht über weite Wege antransportiert werden, und ist eine schöne Ergänzung zur Biogasanlage. Und seit 2010 im Oktober können wir uns hier sowohl mit Wärme als auch mit Strom aus den Erneuerbaren selber versorgen. Das ist das Einmalige."
Schwankungen im Netz verhindert dabei ein regionales Regelkraftwerk, eine riesige Lithium-Ionen-Batterie, vollautomatisch computergesteuert, sagt Doreen Raschemann stolz auf dem Weg zu der Halle, die Brandenburger Schüler nach einem Wettbewerb mit Energie-Motiven besprüht haben.
"Drinnen haben wir 10-MW-Akkus, also das ist im Prinzip wie eine riesengroße Ansammlung von Handy-Akkus, und die können in Millisekunden-Schnelle Energie aufnehmen oder Energie abgeben ins Netz und dafür sorgen, dass wir wirklich ein stabiles Netz haben, dass die Frequenz von 50 Hz stabil gehalten wird."

Große Akzeptanz in der Bevölkerung

Trotz der großen Energiegebäude und der vielen Windkraftanlagen rund ums Dorf ist die Akzeptanz sehr hoch, wie Doreen Raschemann meint, weil man von Anfang an die Bevölkerung mit ins Boot geholt hat. Das bestätigt auch Petra Richter, Feldheims ehrenamtliche Ortsvorsteherin. Nur einige wenige Dorfbewohner würden meckern, meint sie.
"Ja, sicherlich, früher war die Landschaft durch die Landwirtschaft geprägt und heute hat man eben Windräder dort zu stehen. 55 Windräder ist schon eine ganze Menge, aber die Akzeptanz ist halt da, weil wir viel erreicht haben mit unserem Windpark."
Die Feldheimer profitieren nicht nur vom um die Hälfte billigeren Strompreis, sie haben auch zusammen mit der nahen Kleinstadt Treuenbrietzen eine Gesellschaft gegründet, die Feldheim Energie GmbH, betreiben eine der Windkraftanlagen selbst.
"Und darauf sind wir sehr stolz, dass Feldheim weltweit bekannt ist und einzigartig so in der Form. Der Windpark ist in mehreren Etappen gebaut worden und eins kam nach dem andern. Wir haben mehrere erneuerbare Energien vor Ort und sind damit aufgewachsen. Durch wachsendes Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit den Bürgern und den Unternehmen ist es eben alles historisch gewachsen."
Weil nicht überall die gleichen Voraussetzungen bestehen und sich in den vergangenen Jahren die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert haben, sei das Feldheimer System nicht auf beliebige andere Kommunen zu übertragen, meint auch Doreen Raschemann. Doch es tauge als Beweis, dass Kritiker der Energiewende mit der Behauptung Unrecht hätten, Wind und Solar könnten keine zuverlässige Versorgung garantieren.
"Das ist schlicht falsch, sage ich, weil wir hier in Feldheim stehen und den Ort wirklich rund um die Uhr mit Strom versorgen können, und das auf Basis erneuerbarer Energien."
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