Ausstellung zu einem sinnlichen Geburtshaus

Die Geburt kann auch ein Fest sein

07:40 Minuten
Eine hochschwangere Frau reißt die Arme nach oben und freut sich.
Geburt auch als einen erfreulichen Akt wahrnehmen, das ist mit die Intention der Ausstellung "Geburtskultur" in Österreich. © Unsplash/Chayene Rafaela
Anka Dür im Gespräch mit Susanne Balthasar · 29.08.2020
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Viele Frauen haben vor einer Geburt in einer Klinik Bedenken - und oft genug werden diese Bedenken auch bestätigt. Die Architektin Anka Dür hat jetzt einen Geburtsraum entworfen, in dem die Geburt vor allem als etwas Schönes erlebt werden soll.
Der Ort, an dem die meisten Menschen bei uns das Licht der Welt erblicken, ist die Entbindungsstation des Krankenhauses. Die Wände sind dort zwar oft in warmen Farbtönen gestrichen, aber die Anmutung bleibt technisch und funktional.
Das geht auch ganz anders. So hat die Architektin Anka Dür einen alternativen Geburtsraum entworfen. Das Frauenmuseum im österreichischen Hittisau zeigt in der aktuellen Ausstellung "Geburtskultur" diesen sogenannten "Raum für Geburt und Sinne". Rundlich, nicht sonderlich groß, nur ein kleines Fenster. Eine Hütte mehr als ein Haus.


Zunächst hätten sie sich gefragt, was es überhaupt braucht, um gut zu gebären, sagt Anka Dür, die auch Hebamme ist. Ein runder Raum sei das Resultat gewesen, in dem der Partner oder die Partnerin und die Hebamme alles im Überblick hätten. Dieser Raum hat keine Ecken und Kanten, sondern erinnere eher an ein Körperinneres. Wenn das Kind zur Welt komme, würde es auch keine Ecken und Kanten kennen, erklärt Dür.

Lehm als Baumaterial

Die Wände des Hauses bestehen aus Lehm, denn Lehm würde sich für das Geburtserlebnis wie kein anderer Baustoff eigenen: "Wenn wir das mit anderen Materialien vergleichen, hat Lehm die größte regulierende und gesundheitsfördernde Wirkung auf unseren Körper und auf unser Nervensystem", erläutert Anka Dür. Und gerade bei der Geburt sei das von großer Bedeutung.
Mit der Ausstellung wolle sie zum einen auf das Thema Geburtsraum aufmerksam machen, das nach wie vor mit vielen Tabus belegt sei und das wenig Beachtung finden würde, sagt Anka Dür. Zum anderen wolle sie auch auf politische Rahmenbedingungen hinweisen. So gebe es in ihrer Region Hittisau zu wenig Hebammen, die außerklinisch Geburten durchführen würden.
Anka Dür befürwortet ihren neu konzipierten Geburtsraum, denn "die Frau kann selbstbestimmt an diesem Ort gebären". "Sie bestimmt, was für sie in welchem Moment und zu welcher Zeit wichtig ist." Seit der Etablierung der modernen Geburtsmedizin sei man bei der Geburt auf das Risiko fokussiert und was dabei alles schief gehen könnte, sagt Dür. "Dass Geburt aber durchaus ein schöner Akt, ein erfreulicher Akt, ein Fest sein kann, das gerät zunehmend in Vergessenheit."
(jde)
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