Ausstellung "Seuchen" in Hildesheim

Von Hilflosigkeit und Hoffnung

09:00 Minuten
Zwei Mernschen in Corona-Schutzanzügen vor Schildern mit japanischen Schriftzeichen.
Die aktuelle Corona-Pandemie dauert nun schon rund ein Jahr. Ein Bild aus der Anfangszeit im Februar 2020 in Japan. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Masamine Kawaguchi
Oliver Gauert im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 22.02.2021
Audio herunterladen
Vom alten Ägypten über das Mittelalter bis in die Gegenwart: Seuchen spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte der Menschheit. Wie genau, das soll die multimediale Schau "Seuchen" in Hildesheim zeigen. Es soll die größte ihrer Art werden.
Von Viren ausgelöste Pandemien sind die größte Herausforderung für die Menschheit neben dem Klimawandel, sagt der Kurator Oliver Gauert. Als sie im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim vor mehr als zwei Jahren mit der Planung für die Ausstellung "Seuchen: Fluch der Vergangenheit – Bedrohung der Zukunft" anfingen, hätten sie nicht geahnt, wie aktuell das Thema werden würde: "Wir konnten uns damals gar nicht vorstellen, wie nah wir dran waren mit unserer Prognose."

Viele historische Originalexponate

Das Museum bereitet die Schau derzeit zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut und der Medizinischen Hochschule Hannover vor. Die Schau soll die größte werden, die es je zu dem Thema gab. Sie beleuchtet das Thema aus medizinischer, technischer sowie kunst- und kulturgeschichtlicher Perspektive.
In der Ausstellung werde es auch begehbare Szenen geben, in denen originale Exponate integriert seien, erklärt Gauert. So könne man etwa das rekonstruierte Labor des Immunologen Paul Ehrlich betreten, das originale Gegenstände aus seinem eigenen Labor enthalte. Auch einen anatomischen Hörsaal in Padua des 15. Jahrhunderts soll man betreten können.

Medizinische Fachbücher aus dem alten Ägypten

Schon im alten Ägypten wurden Infektionskrankheiten beschrieben: "Wir stellen die sogenannte ägyptische Augenkrankheit, das Trachom vor. Eine Krankheit, die bis heute vorkommt und die damals schon in der Fachliteratur dokumentiert war", so der Historiker und Philosoph Oliver Glauert. Diese medizinischen Fachbücher aus dem zweiten Jahrtausend vor Christus werden in der Ausstellung gezeigt.
Von der Antike über das Mittelalter bis in die frühe Neuzeit waren die Menschen den Seuchen mehr oder weniger hilflos ausgeliefert: "Damals gab es schon großartige Erkenntnisse über den menschlichen Körper. Aber man konnte sich nicht wirklich zur Wehr setzen gegen diese Krankheiten", so Glauert.

Große Veränderungen bewirkt

Das ändert sich erst mit dem bakteriologischen Zeitalter. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Keimtheorie formuliert, unter anderem von Louis Pasteur. Dann geht es Schlag auf Schlag: Robert Koch entdeckt den Tuberkulose-Erreger, Paul Ehrlich ein Medikament, mit dem man zum ersten Mal eine Infektionskrankheit direkt bekämpfen kann - den Erreger der Syphilis -, und schließlich findet Alexander Fleming die Antibiotika: "Eine Epoche von Aufbruch und Optimismus", sagt Glauert.
Auch in der Gesellschaft haben Seuchen immer ihre Spuren hinterlassen: "Viele von ihnen haben zum Umdenken geführt", betont der Kurator. Nach der Pest war zum Beispiel nichts mehr wie vorher: "Ganze Kriege sind zum Erliegen gekommen, weil die Soldaten weggestorben sind. Europas Bevölkerung wurde regelrecht dezimiert."
Auch wenn es immer Seuchen geben werde, wolle die Ausstellung Hoffnung vermitteln, sagt Glauert: "Es ist kein Grund zum Verzweifeln". Das zeige sich auch an der Corona-Pandemie: "Vor einem Jahr ist sie aufgetreten, und nach einem Jahr gibt es schon einen Impfstoff."
(beb)

Die Ausstellung "Seuchen. Fluch der Vergangenheit – Bedrohung der Zukunft" ist vom 28. August 2021 bis 27. März 2022 im Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim zu sehen.

Mehr zum Thema