Ausstellung im Haus der Kunst in München

Kunst, die direkt aus der Seele kommt

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euward 2010 Installationsansicht im Haus der Kunst, München
Der "euward" ist der einzige Kunstpreis von internationalem Rang für "Kunst im Kontext geistiger Behinderung". © © Euward Archiv, Atelier Augustinum
Klaus Mecherlein im Gespräch mit Dieter Kassel · 18.09.2020
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Im Haus der Kunst in München ist jetzt eine Ausstellung von Künstlerinnen und Künstlern mit kognitiver Beeinträchtigung zu sehen. Der Kunstpädagoge Klaus Mecherlein spricht von einer großen Direktheit, die die Werke auszeichnet.
Der einzige Kunstpreis von internationalem Rang für "Kunst im Kontext geistiger Behinderung" ist der "euward". Den Preis vergibt die "Augustinum Stiftung" seit 20 Jahren. Künstlerinnen und Künstler aus ganz Europa können sich bewerben, Gewinnern und Nominierten winkt eine Ausstellung im Münchner Haus der Kunst und ein Katalog ihres Werkes.

Vielseitige Begabungen und Leidenschaften

Seit Initiierung des Preises sind Tausende Dossiers von Künstlerinnen und Künstlern mit kognitiven Beeinträchtigungen zusammengekommen. Der Initiator des Preises, Klaus Mecherlein, hat sie gesammelt. Nun werden Teile des Euward-Archivs im Haus der Kunst präsentiert. Dokumente, Bilder, Fotografien und audiovisuelle Medien erzählen von vielseitigen Begabungen und Leidenschaften. Aber auch von Verletzungen und dem Ringen um Anerkennung.
Das Bild "Athosland" von dem Künstler Michael Golz.
Auch im Haus der Kunst zu sehen: das Bild "Athosland" von dem Künstler Michael Golz.© © euward Archiv / Augustinum
Der wesentliche Kern der präsentierten Kunst sei, "dass sie sehr an die Person gebunden ist", sagt Mecherlein. Man merke den Werken einen "hohen Drang" an. Der Unterschied zum Schaffen von Malern und Bildhauern ohne Beeinträchtigungen sei, "dass der Künstler nicht aus einer gewissen Übung, nicht aus einer künstlerischen Tendenz oder Geschliffenheit heraus arbeitet, sondern aus der Direktheit."
Diese Direktheit lasse sich manchmal gar nicht begrifflich beschreiben. Man erkenne sie dennoch sofort, sagt Mecherlein. Es sei Kunst, die "ganz aus der Seele kommt".

Kunst, die am Rande entsteht

Mecherlein leitet seit vielen Jahren auch das Atelier Augustinum in München, in dem Künstlerinnen und Künstler mit kognitiven Beeinträchtigungen arbeiten. Diese orientierten sich in der Regel nicht an kulturellen Phänomenen, berichtet er, und verstünden sich selbst noch nicht mal als Künstler.
Der Kunstpädagoge Klaus Mecherlein sitzt auf einer Bank am Palmenhaus des Schlossparks Nymphenburg.
Der Kunstpädagoge Klaus Mecherlein leitet das Augustinum Atelier in München.© picture alliance / dpa / Felix Hörhager
Es sei interessant, sagt Mecherlein, wenn diese Kunst, die nicht für den Kunstmarkt oder den musealen Bereich geschaffen worden sei, nun – wie im Haus der Kunst – in eben diesen Kontext eintrete: "Es geht darum, dass Kunst, die am Rande entsteht, ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit kommt."
(ahe)
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