Ausstellung im Dresdner Hygiene-Museum

AIDS - die Krankheit der anderen

Ausstellung im Dresdner Hygiene-Museum
Die Ausstellung "AIDS - Nach einer wahren Begebenheit" im Dresdner Hygiene-Museum. © picture alliance / dpa / Foto: Matthias Hiekel
Von Barbara Wiegand · 04.09.2015
Ab den 1980er-Jahren gab es Aufklärungsspots und Filme über die lebensgefährliche Krankheit AIDS. Mit der Entdeckung neuer Medikamente geriet das Thema aber aus dem Fokus. Das Dresdner Hygiene-Museum will mit der Ausstellung "AIDS" die Debatte wieder beleben.
"Tina – wat kosten die Kondome…"

AIDS – die 1981 entdeckte Krankheit, die seitdem Millionen Menschen das Leben kostete, sie war auch ein Medienereignis. Ja, sogar Aufklärungsspots der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung wurden Kult. Es gab Hollywoodspielfilme, Marketingkampagnen, Realityshows, bei denen das Hi-Virus die Hauptrolle spielte. Und so erzählt auch die Ausstellung mehr als eine reine Krankheitsgeschichte. Vladimir Cajkovac, Kurator der Ausstellung.

"Der Untertitel der Ausstellung ist ´nach einer wahren Begebenheit` – was wir dabei besonders betonen möchten: Wenn man sagt AIDS, haben wir alle unsere eigenen Vorstellungen. Die rote Schleife, in Deutschland ´Mach’s mit...` Kampagne mit Tina und die Kondome – das sind die Symbole, die so stark in unserem Bewusstsein sind und wir spielen mit diesen Vorstellungen. Wir sagen, es gibt viel mehr Hintergrundgeschichten. Und besonders in der AIDS Plakat Sammlung gibt es noch viel mehr solcher Hintergrundgeschichten, die warten, recherchiert zu werden."

140 der insgesamt 10.000 Plakate umfassenden Sammlung des Dresdner Hygiene-Museums sind die Basis der Ausstellung. Angefangen von der deftigen Safer-Sex-Broschüre einer Gruppe Homosexueller aus San Francisco über Präventions-Plakate, die Mitte der 80er-Jahre humorvoll für mehr Offenheit beim Thema Sex werben und damit an die Grenzen einer prüden Gesellschaft stoßen bis hin zu Bildern die versuchen, den HI-Virus zu fassen – rein wissenschaftlich oder als Monstermäßige Comicfigur. Museumsdirektor Klaus Vogel.

"Das Deutsche Hygiene-Museum hat sich in seiner Geschichte mit AIDS befasst. Auch schon in den 80er-Jahren in der DDR Zeit noch. Da gab es eine erste Ausstellung, die interessanterweise in Zusammenarbeit sozusagen entstanden ist mit der Westdeutschen Schwesterorganisation, der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung. Dann haben wir die Gelegenheit gehabt, Ende der 90er-Jahre einen großen Plakatbestand zu erwerben. Das war schon auf Anhieb zu sehen, dass es da nicht nur um Medizin geht. Da geht es um Vorstellungen von Zusammenleben, Ausgrenzung, Prävention natürlich. Diese Dinge, die nicht nur eine medizinische Konnotation haben, die waren uns wichtig. Nun hat sich die Gelegenheit ergeben, die Ausstellung aus unseren Beständen auch mal zu zeigen."
Plakate sind Teil einer Inszenierung
Doch die Plakate werden nicht nur gezeigt – vielmehr sind sie Teil einer Inszenierung, die Kontexte beleuchtet, Schlaglichter wirft. Auf Auseinandersetzungen, Kontroversen, Umbrüche. An die umstrittene Kampagne des Modekonzerns Benetton mit AIDS Kranken wird mit Bildern erinnert. Genauso an den Film Philadelphia, der 1994 kritisch den Umgang mit Homosexuellen und AIDS in den USA thematisierte. Rückblicke, die mit aktueller Kunst ergänzt werden. Es gibt das Video und die Überbleibsel einer Kunstaktion von Silvio Vujicic zu sehen, der das Computerprogramm eines Webstuhls mit einem Virus infizierte und dann Models mit der löchrigen Kleidung über den Laufsteg schickte. Einen Raum weiter stehen Zephania Tshumas Holzfiguren im Zentrum. Nochmals Kurator Vladimir Cajkovac

"Er bietet uns alles, was wir von einer traditionellen afrikanischen Skulptur erwarten. Aber in diese traditionelle Form schmuggelt er die Themen, die auch in Simbabwe damals tabuisiert wurden. Die Themen Promiskuität, AIDS, Virus, Ansteckung, Gewalt gegen Frauen. Weil AIDS ist nicht nur ein Thema für sich selbst. AIDS ist immer mit sozialen Bedingungen in Zusammenhang zu bringen."

So gibt es hier über weite Strecken des Rundgangs eine spannende Auseinandersetzung mit AIDS. Mit den Bildern und Bildwelten, die durch die Krankheit entstanden. Mit der gesellschaftlichen Kontroverse. Aber, die Zeitenwende von 1996, als mit der Kombinationstherapie AIDS zumindest in Industriestaaten nicht mehr das Todesurteil bedeutete und die Krankheit für viele wieder zur Krankheit der anderen wurde, sie ist auch hier zu spüren.
Die Auseinandersetzung damit, dass AIDS eben nicht mehr so ein Thema ist hierzulande, sie fehlt. Ja, es scheint, als ob dem konzentriertem kuratorischen Ansatz in den letzten Räumen ein wenig die Luft ausgeht. Plakat neben Plakat ist hier gehängt. Wobei die oftmals recht konventionelle Gestaltung der Tableaus gerade in den 2000der Jahren klar macht, dass AIDS-Aufklärung heutzutage nicht mehr unbedingt im Focus der kreativsten Köpfe ist. Weniger wäre hier wohl mehr gewesen – schade…

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