Ausbruch des Bürgerkriegs 1936

Die vielen Feinde der ersten spanischen Republik

Ein Mann geht im nordspanischen Oviedo an einem Denkmal für die Toten des spanischen Bürgerkriegs vorbei.
Ein Mann geht im nordspanischen Oviedo an einem Denkmal für die Toten des spanischen Bürgerkriegs vorbei. © picture alliance / dpa / Alberto Morante
Von Wolfgang Martin Hamdorf · 13.07.2016
"La niña bonita" - das schöne Mädchen, so hatten die Spanier 1931 liebevoll ihre erste Demokratie genannt. Doch zu viele anti-republikanische Kräfte setzen ihr zu. 1936 brach der Bürgerkrieg aus, den die mächtige katholische Kirche zum "Kreuzzug" erklärte.
"Erster April 1931: An diesem Tag wird in Madrid die spanische Republik proklamiert. König Alfonso XIII hatte sich kurz vorher ins italienische Exil abgesetzt. Die Demokratie, im Volksmund liebevoll "La niña bonita" - das schöne Mädchen - genannt, wird von Tausenden im Zentrum von Madrid begeistert gefeiert. Doch die neue spanische Verfassung, nach dem Vorbild der Weimarer Republik in Deutschland entworfen, ist von Anfang an einer erbitterten Feindschaft von rechts und hohen Erwartungen von links ausgesetzt."
Anfang der dreißiger Jahre liegt Spanien in seiner sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung weit hinter anderen europäischen Ländern zurück, ist in feudalen mittelalterlichen Strukturen erstarrt und tief gespalten: Ein großer Teil der Bevölkerung will, angezogen von fortschrittlichen, liberalen oder sozialistischen Idealen des europäischen Auslandes, grundsätzliche Veränderungen für Spanien. Ein anderer Teil der Spanier will diese Modernisierung um jeden Preis verhindern und wird dabei von Kirche und Militär unterstützt. Das Problem der spanischen Demokratie von 1931 war, so der Hispanist Walter Bernecker:
"Dass sie zu progressiv für das Spanien jener Zeit war. Die Demokratie, die Republik ist ja eingeführt worden unter dem Banner und mit dem Ziel die überkommenden Strukturen zu verändern. Nun sind überkommende Strukturen bekanntlich über Jahrhunderte und Jahrzehnte gewachsen und die alten Oligarchien und die alten Eliten werden sich nicht ohne weiteres von ihren Machtpositionen vertreiben lassen und genau das ist geschehen.
Die Republik hat versucht und zum Teil auch durchgeführt, ziemlich wichtige Reformen zu realisieren, im Bereich der Landwirtschaft, im Bereich des Militärs, im Bereich der Reform der Beziehungen zwischen Zentralstaat und Peripherie, im Bereich der Kirche. Das alles ist begonnen worden, einige dieser Reformen sind auch umgesetzt worden, letztlich aber fehlte der Republik aber wohl der Rückhalt und auch die Kraft, um sie insgesamt durchführen zu können."

Militärs, Großgrundbesitzer und katholische Kirche

Kirche und Militär waren die Stützen des alten Regimes. Die Weltanschauung des spanischen Offizierscorps war überwiegend reaktionär, in einer Vorstellungswelt von imperialem Großreich und katholischer Monarchie verhaftet. So unterstützen die Militärs die Großgrundbesitzer, deren riesige Ländereien oft brachliegen, während die umliegenden Dörfer verelenden. Hunger und Landflucht sind die Folgen. In keinem anderen Land Europas ist die katholische Kirche so mächtig wie in Spanien. Seit Jahrhunderten an eine absolute Herrschaft gewöhnt, setzt sie sich erbittert gegen jede gesellschaftliche Veränderung zur Wehr.
Walter Bernecker: "Sie agitierte massiv gegen die Republik. Sie verbot den gläubigen Spaniern sogar den Eid auf diese Republik abzulegen. Und sie steht genauso wie diese Rechtsparteien, wie diese traditionellen Oligarchien, hinter dem Putsch, den sie dann ja auch religiös und theologisch sanktionierte."
Neben den Problemen mit Kirche, Militär, den Unabhängigkeitsbestrebungen der Basken und Katalanen wachsen der Republik die sozialen Spannungen über den Kopf. Es kommt immer wieder zu Aufständen, zu Hungerrevolten, besonders 1934 und 1935, den zwei so genannten "schwarzen Jahren", als die spanische Republik von einer Rechtsregierung geführt wird. Mit dem Sieg der Volksfront, dem Wahlbündnis der Linksparteien, im Februar 1936 vertieft sich die Kluft zwischen "beiden Spanien". Am 17. Juli 1936 erheben sich die Militärs in Tetuan, Melilla und Ceuta. Am nächsten Tag breitet sich der Militäraufstand über das ganze spanische Festland aus.
Der jahrhundertelange Zwist zwischen den "beiden Spanien" eskaliert in einem grausamen Bruderkrieg. Auf Seiten der putschenden Generäle stand die Falange, die bis dahin weitgehend unbedeutenden spanischen Faschisten und die katholische Kirche, die den Krieg von Beginn an zum "Kreuzzug" erklärte. Der Bürgerkrieg wurde durch die Intervention Deutschlands, Italiens und der Sowjetunion schnell zum internationalen Konflikt. Von bis zu 50.000 Opfern in der republikanischen Zone und mindestens 150.000 Opfern der franquistischen Bürgerkriegsgewalt ist nach neueren Forschungen auszugehen. Das Ende ist bekannt: Der Sieg Francos, die jahrzehntelange Diktatur.

Getrübte Erinnerung an die Republik von 1931

Erst nach dem Tod Francos 1975 folgte der mühsame Prozess des Übergangs in eine parlamentarische Monarchie. Rechts von der konservativen Volkspartei, dem Partido Popular, hat sich bis heute keine Partei gebildet.
Walter Bernecker: "Rechts von einer demokratisch legitimierten Partei heute eine weitere populistische Partei etablieren zu wollen, erweckt zu sehr die Assoziationen mit dem Franquismus, der ja ausgesprochen negativ besetzt ist im heutigen Spanien."
Aber ähnlich wie in Deutschland, wo die sogenannten "Weimarer Verhältnisse" beschworen werden, ist in Spanien die Republik von 1931 in schlechter Erinnerung:
Walter Bernecker: "Zu stark ist in der kollektiven Erinnerung der Spanier der negative Faktor des Scheiterns der Republik, der Unruhen, die es gegeben hat, der ständigen Aufstände, die es gegeben hat, der Gegnerschaft gegen das System, von rechts, aber eben auch von links. Und schließlich ist sie untergegangen, weil sie nicht die Kraft hatte, einfach zu widerstehen, weil es zu wenig überzeugte Republikaner gab, die hinter dieser Republik gestanden hätten. Insofern also konnte die zweite Republik nicht zu so etwas wie einem imaginierten Gründungsmythos der neuen Demokratie nach 1975 werden und ist es auch nie geworden."
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