Aus den Feuilletons

Wild, wilder, Westwood

04:13 Minuten
Die Modedesignerin und Umweltaktivistin Vivienne Westwood bei einem Protest gegen Fracking in London am 18. Dezember 2018
Nicht nur Modedesignerin, sondern auch Umweltaktivistin: Vivienne Westwood wird 80. © picture alliance / dpa / Jonathan Brady
Von Ulrike Timm · 07.04.2021
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In den Feuilletons gibt es neben dem Lockdown doch noch andere Themen: Modedesignerin Vivienne Westwood, die zum Punk gehört wie das Kostüm zu Chanel, wird 80. Sie sagt, mittlerweile sei ihr der Klimaschutz wichtiger als Kleidung.
Wir murksen weiter durch die Pandemie, die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schickt den neuesten Laschet durch den Phrasendrescher: Brückenlockdown! Tiefe rhetorische Trickkiste, "Sprachwissenschaftler können von einem atmosphärischen Oxymoron sprechen – einem Wortpaar, in dem zwei Begriffe zusammengepresst werden, die nicht zusammen gehören. Denn was würde sich weniger eignen, als den hässlichen, freiheitseinschnürenden Lockdown mit den positiven Werten der Brücken-Metapher zu verbinden?"
Fazit von Marc Hoch: "Die Brücke wird sprachlich missbraucht. Denn die Kluft zwischen ihr und dem Lockdown ist unüberbrückbar."
Warten wir auf den nächsten echten Laschet. Kommt bestimmt.
"Warten, hoffen, Konzepte schreiben" lesen wir im TAGESSPIEGEL. Das Saarbrücker Theater darf öffnen – Intendant Busse nennt es "eine Brücke zurück ins kulturelle Leben". Aufführungen nach dem Berliner Modell von Ende März mit Test, Maske und Abstand. Berlin allerdings hat sein Modell erst mal wieder in den Lockdown geschickt.

Wild wie keine andere

Nadine Lange berichtet von den Plänen der Großfestivals, von Hygienekonzepten mit doppelten Tests, Gurgel- und Spuckproben an allen Eingängen und Geländeräumung sonntagmorgens um acht Uhr. Das Fusion Festival in Mecklenburg hofft, ebenso wie das legendäre Heavy Metal Festival in Wacken, Lollapalooza Stockholm und Paris im Juli sind dagegen bereits abgesagt. "Die Welle rollt".
"Wilder ging es nicht, frivoler auch nicht, und chaotischer und opulenter geht es bis heute nicht". Nein, kein Festival - die FAZ gratuliert der britischen Modeschöpferin Vivienne Westwood zum 80. Geburtstag. "Es begann mit Secondhand-Klamotten der Fünfziger; es folgten Sadomaso-Outfits in Latex und schwarzem Leder, Bondage-Modelle, zusammengehalten von Sicherheitsnadeln, ruinierte T-Shirts mit Aufdrucken wie "TFTLTYTD" (längst Kanon: Too fast to Live too Young to Die)".
Rose-Maria Gropp zeichnet bewundernd den Lebensweg der Designerin, deren Mode den Punk prägte. Der TAGESSPIEGEL titelt zwar "Queen ohne Höschen", weil Westwood nach ihrem Ritterschlag durch Queen Elizabeth mal kurz den Rock lupfte, um zu zeigen, dass sie unterm Kleid nichts weiter trug, beeilt sich dann aber mitzuteilen: "Mit 80 ist ihr Klimaschutz wichtiger als Kostüm" und: "Selbst Theresa May trug als Premierministerin einen karierten Anzug von Vivien Westwood". Glückwunsch!

Gebrochener Doktor aus der Uckermark

Vielfach gelobt wird "Doktor Ballouz", der nun im ZDF praktiziert. Eine Arztserie. Ja.
Aber für die FAZ ist der Heilkundige aus der Uckermark der "Mediziner der Stunde". "Eine gebrochene Figur, aus Notwehr optimistisch". Die SZ hat das reale Vorbild zur Serie besucht und traf einen klugen, liebenswürdigen, aus dem Libanon geflohenen Arzt, der noch Trabi fährt. Wirklich.
Im Fernsehen verkörpert ihn Merab Ninidze, der aus Georgien stammt und dem TAGESSPIEGEL erklärt, dort müsse ein Mediziner am besten Gynäkologe und Zahnarzt in einer Person sein. Die FAZ setzt noch eins drauf: Fernseharzt Ballouz verbinde "höchste medizinische Kompetenz mit jesusgleicher Kunst des Verständnisses der menschlichen Seele".

Das 450-Millionen-Bild

Und damit noch kurz zu Jesus. Der wurde nämlich abgehängt, meldet die SZ. "Salvator Mundi", das Christusbild, wurde 2017 für 450 Millionen Dollar verkauft, als teuerstes Gemälde der Welt – aber es gibt erhebliche Zweifel, dass es sich dabei um einen echten Da Vinci handelt.
Der Käufer und Leihgeber, Saudi-Arabiens Kronprinz, wollte seinen Schatz neben der Mona Lisa sehen und machte ordentlich Druck, diplomatisch und politisch. Der Louvre aber gab nicht nach. "So gehört sich das für Museumsleute", lobt die SZ, "selbstverständlich aber ist solche Standhaftigkeit nicht."
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