Aus den Feuilletons

Wer spricht denn da?

04:14 Minuten
Der Amazon Echo Dot ist ein Lautsprecher, der auf den Namen "Alexa" hört und als Sprachschnittstelle zu Amazon-Produkten fungiert. Er steht auf einem Tisch. Zwei Kinder lehnen sich mit Händen und Köpfen auf den Tisch und schauen den Lautsprecher an.
In die Irre geführt: Nicht immer wissen Sprachassistenten von wem sie ihre Befehle erhalten. © dpa/M. C. Hurek
Von Gregor Sander · 09.04.2019
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Wenn der Sprachassistent nicht zwischen den Stimmen im Fernsehen und denen im Raum unterscheiden kann, ist das eine Chance für "Guerilla-Marketing", schreibt die NZZ. In den USA provozierte ein Unternehmen so eine massenhafte Burgerbestellung.
"Max von Sydow ist der große Solitär des Kinos, erratisch, dominant, undurchschaubar, ein Einzelgänger und manchmal einzelgängerisch gefährlich", schwärmt Fritz Göttler in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zum 90. Geburtstag des schwedischen Schauspielers, dessen Name untrennbar mit Ingmar Bergman verbunden ist. Über den sagt der Jubilar: "Es war wichtig für ihn, dass wir alle Spaß hatten am Drehort."
Das hätte man von Bergman vielleicht nicht unbedingt erwartet, genauso wenig wie die Bemerkung, dass "Max von Sydow lieber in die Tiefe spielt als in die Breite". Dietmar Dath ist für dieses Zitat verantwortlich. Denn er verguckt sich für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG in das Gesicht des alten Schweden: "Ein quellklarer, aber von innerer Traumschau unübersehbar berührter Blick; ein Lächeln, das die Mundwinkel selten mitnimmt (sie wollen sozusagen nicht nach oben, wie ein Mensch, der aus innerem Adel eine bürgerliche Karriere verschmäht), insgesamt ein auffallend schmaler Schädel, dessen straffe Gesichtsmuskulatur sich in spannungsreicher Widersetzlichkeit gegen das vom Kino verlangte Leinwandformat behauptet."

Nichtwissen als Privileg

Auch das aktuelle schwedische Kino findet große Aufmerksamkeit in den Feuilletons vom Mittwoch. Der letztes Jahr in Cannes ausgezeichnete Film "Border", von Ali Abbasi, gefällt Tim Caspar Boehme von der TAZ so gut, dass er seinen eigenen Berufsstand in Frage stellt: "Nichtwissen ist da ein klares Privileg. Ali Abbasis 'Border' ist so ein Fall. Sie können daher das Lesen dieses Texts getrost nach diesem Satz beenden – Hauptsache, Sie sehen sich den Film an."
Damit unsere Presseschau nicht an dieser Stelle endet, tasten wir uns vorsichtig weiter, um herauszubekommen, wovon der im Iran geborene schwedische Regisseur erzählt: "Tina ist für den Job der Grenzbeamtin besonders qualifiziert, denn sie kann Gefühle riechen: Scham, Schuld, Angst oder Wut. Einreisende beschnuppert sie und überführt mit Hilfe ihrer Nase etwa einen jugendlichen Alkoholschmuggler", erklärt Martina Knoben in der SZ, und dass diese Tina auch ungewöhnlich aussieht: "Sie ist klein und gedrungen, mit grimmig blickenden Augen unter einer wulstigen Stirn, das ganze Gesicht wirkt deformiert. Ihre Zähne und Fingernägel sind braun und scharf wie bei einem Tier."
Bert Rebhandl von der FAZ blickt noch etwas tiefer: "Wenn Tina sich für menschlich, wenngleich 'mit einer Chromosomenveränderung' hält, dann wächst ihr der Gegenbeweis in diesem Moment aus der Narbe, die ihre Kindheit versiegelt hatte. Es ist ein ekstatischer Moment, wenn man in der Lage ist, diesen Akt von der pornographischen Eindeutigkeit wegzudenken und ihn der Klarheit von Träumen zuzuschlagen." So, genug gespoilert! Den Rest gibt es ab Donnerstag im Kino zu sehen.

Digitales Guerilla-Marketing

In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG entführt uns Adrian Lobe ins Reich der Sprachassistenten und erklärt erst einmal, was dabei alles schief gehen kann: "So löste ein US-Nachrichtensprecher bei Fernsehzuschauern eine Massenbestellung aus, weil der Smart Speaker nicht zwischen der Fernsehstimme und den Stimmen im Raum unterscheiden konnte. Und die Fast-Food-Kette Burger King überlistete den Netzwerklautsprecher Google Home mit einer besonders trickreichen Form des Guerilla-Marketings: Ein Schauspieler wandte sich in dem Clip direkt an den Sprachassistenten: ‚O. k., Google, was ist ein Whopper-Burger?‘"
Soweit, so lustig. Wohin die Reise aber gehen könnte, klingt dann schon weniger amüsant. "Die Stimme ist ein hochsensibles biometrisches Merkmal, aus dem man zahlreiche Informationen herauslesen kann: Emotionen, Persönlichkeitseigenschaften, Krankheiten. Wissenschaftler tüfteln schon seit Jahren an Algorithmen, um in Sprachmustern kleinste Veränderungen und Anomalien zu bemerken und damit Krankheiten wie Depressionen oder Alzheimer zu erkennen. Amazon hat ein Patent auf eine Technologie angemeldet, die anhand der Stimme erkennen soll, ob jemand krank ist, und gleich das passende Medikament ordert", so die NZZ. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie am besten mal bei Apple oder bei Microsoft nach.
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