Aus den Feuilletons

Wäre Platon ein Google-Freund?

Die Büste des griechischen Philosophen Platon, aufgenommen im bayerischen Landtag in München
Die amerikanische Philosophin Rebecca Newberger Goldstein hat Platon ins 21. Jahrhundert reisen lassen. © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Von Gregor Sander · 15.06.2017
Die Neue Zürcher Zeitung interessiert sich für die Frage, ob der antike griechische Philosoph Platon goo­geln würde. Antworten bietet das Buch "Plato at the Googleplex."
"Würde Platon googeln?", wird in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG gefragt und Adrian Lobe versucht die Antwort mit dem Buch "Plato at the Googleplex" der amerikanischen Philosophin Rebecca Newberger Goldstein zu finden. Platon ist darin ein sehr heutiger Starphilosoph auf Lesereise und möchte das Google-Hauptquartier besuchen, um die mächtige Suchmaschine zu verstehen:
"Jeder auf der Welt googelt, aber niemand versteht, wie es funktioniert. Es ist Techno-Magie", erklärt ihm eine Suchmaschinenmitarbeiterin und der ausgedachte Platon antwortet:
"Wenn wir unsere Werkzeuge nicht verstehen, besteht die Gefahr, dass wir die Werkzeuge unserer Werkzeuge werden."
Das klingt natürlich gut und könnte vielleicht auf Bob Dylan zutreffen, der sich seine verspätet gehaltene Literaturnobelpreisrede wohl auch ein bisschen zusammengesuchmaschint hat, und dabei wohl unter anderem von der Online-Studienhilfe Spark Notes abschrieb. Halb so schlimm, findet Jan Kedves von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Was sollte überraschend daran sein, dass Dylan sich hier und da bedient und teils stärker, teils weniger stark paraphrasiert, ohne Fußnoten zu setzen? In der Folk-Tradition stehend, hat er schon immer so gearbeitet, egal ob er Ovid oder Shakespeare zitierte oder für 'Blowin’ In The Wind' die Melodie des Sklaven-Spirituals" No More Auction Block for Me" übernahm. Dylans Kunst war es stets, seine Quellen über-, um- oder fortzuschreiben, oder eben: zu dylanisieren."
Vermutlich weiß auch niemand wie genau Twitter eigentlich funktioniert. Genutzt wird es natürlich trotzdem. Der amerikanische Präsident macht damit sogar Politik. Sein Sohn Donald Trump jr. betätigt sich über den Kurznachrichtendienst als Theaterkritiker mit folgenden in der SZ abgedruckten Zeilen:
"Ich frage mich, wie viel von dieser ,Kunst‘ vom Steuerzahler getragen wird. Ernste Frage: Wann wird 'Kunst' zur politischen Rede, und ändert das die Dinge?"

Donald Trump jr. als twitternder Theaterkritiker

Keine doofe Frage, aber worum geht es eigentlich? Natürlich um Papa Trump, wenn auch nur indirekt, wie Peter Richter erzählt:
"In der Inszenierung, die diese Woche bei 'Shakespeare in the Park' in New York Premiere hatte, trägt Julius Caesar einen überlangen roten Schlips, einen beuteligen Anzug sowie eine blonde "Frisur"; seine Gattin hat einen osteuropäischen Akzent."
Shakespears Caesar als Donald Trump, das ist natürlich ein Regieeinfall wie aus dem Schülertheater, aber die Wirkung ist trotzdem riesig. Denn "Shakespeare in the Park" wird gar nicht vom Steuerzahler finanziert, sondern von Sponsoren. In diesem Fall sind das die Bank of America und die Fluggesellschaft Delta. Beide Unternehmen haben die Unterstützung nun aufgekündigt, denn:
"Was sind die paar Tausend New Yorker Kulturbürger und Touristen, die die Zeit und die Muße haben, sich wochentags für die Dauer einer durchschnittlichen Castorf-Inszenierung nach Theaterkarten anzustellen, gegen die Millionen, die draußen im Land vor dem Fernseher oder vor Facebook hocken und übel nehmen?"

Sächsische Band schreibt Song aus Wutbürger-Perspektive

In Deutschland kann man eine Menge Wutbürger in Sachsen, der Heimat von Pegida, lokalisieren. Nun hat die erfolgreichste sächsische Band Kraftclub einen Song aus der Sicht so eines Pöblers geschrieben, und da liegt die folgende Frage natürlich nahe:
"In 'Fenster', einem aktuellen Lied, geht es um einen Menschen, dem die eigene Meinung mehr bedeutet als die Fakten. Ist er Sachse?".
fragt Michael Pilz in der Tageszeitung DIE WELT. Sänger Felix Bummer antwortet:
"Ich würde die Figur in 'Fenster' gern weder im Osten noch im Westen angesiedelt wissen, sondern im Internet. Da lebt sie. In den Kommentarspalten der Medien."
Wer sich nach diesem digitalen Feuilletonsalat nach etwas handfest Analogem sehnt, bekommt es von Jakob Strobel y Serra in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG serviert. Zubereitet vom Frankfurter Restaurant "Gustav":
"Fünf der sieben Kräuter der berühmten Grünen Sauce werden vorsichtig geeist, mit Wacholder, Vogelbeere und Schmand filigran betupft und als morgentaufrischer Kräutergarten dargereicht. Jetzt fehlen nur noch die zwitschernden Vögel auf Wurmsuche."
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