Aus den Feuilletons

"Verhindert, dass Pokémon auf Friedhöfen auftaucht"

Pokemon Go begeistert auch zwei Spieler in Leerdam (Niederlande).
Das Spiel "Pokémon Go" auf einem Smartphone: In den USA ist das Spiel der Hit - es gibt aber erste Bedenkenträger. © picture alliance / dpa / Piroschka Van De Wouw
Von Tobias Wenzel · 12.07.2016
"Pokémon Go" ist erst seit ein paar Tagen auf dem Markt, schon ist die Nintendo-Aktie um ein Viertel gestiegen, so der "Tagesspiegel". Nicht nur Jugendschützer warnen vor der Spiele-App. Eine Online-Petition fordert, die Pokémon-Jagd auf Friedhöfen zu verbieten.
"Die Urteilskraft der Jury wurde öffentlich in Zweifel gezogen, weil sie 'Toni Erdmann' nicht mit Preisen zugemöbelt hatte", schreibt Dietmar Dath in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG über die Filmfestspiele von Cannes und die deutschen Filmkritikerkollegen.
"Aus den wenig später angesetzten deutschen Pressevorführungen kamen dann fast alle im redseligen Bewusstsein heraus, es wäre wohl das Beste, wenn dieses Ding nicht nur rückwirkend Cannes, sondern gleich noch die nächste Berlinale, den Chemie-Nobelpreis und ein paar schottische Volksabstimmungen gewönne."
Dath gelingt das Kunststück, sich über die deutschen Filmkritiker lustig zu machen und ihnen gleichzeitig zuzustimmen. Denn Maren Ades Komödie "Toni Erdmann", die nun in die deutschen Kinos kommt, sei "groß".
"Meisterhaft" nennt Anke Westphal in der BERLINER ZEITUNG diese Geschichte der Beziehung "zwischen einer neoliberalen Tochter und ihrem altlinken Vater". Sie lobt die herausragende Leistung der Hauptdarsteller Sandra Hüller und Peter Simonischek und die große Kunst der Regisseurin:
"Maren Ade kann etwas Seltenes: nämlich den Zuschauer ständig überraschen, wenn sie das Suchen nach irgendeiner Balance von Nähe und Distanz in etwas Spielerisches verwandelt, das gern auch peinlich werden darf. Stichwort: Sperma-Törtchen."
Und Philipp Stadelmaier schreibt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"In jedem Fall ist 'Toni Erdmann' ein willkommener Außerirdischer im – leider oft unterirdischen – deutschen Kino."

Großbritannien im Shakespeare-Modus

Vergleiche mit Außerirdischen muss Gina Thomas, die Großbritannien-Korrespondentin der FAZ, gar nicht erst bemühen. Sie setzt in ihrer Glosse auf Shakespeare:
"Wie Titus Andronicus sind die noch vom Schock des Brexit benommenen Briten nach den Heimtücken der letzten Wochen 'übersatt von Grausamkeit'. Die konservative Abgeordnete Anna Soubry suggerierte, dass Theresa May das von den Knaben angerichtete Schlamassel aufräumen werde, dessen das Land überdrüssig sei."
"Das Ganze fühlt sich wirklich ein bisschen an wie Shakespeare", erklärt auch der britische Dramatiker Simon Stephens im Interview mit der SZ.
"Heinrich V. ist ein geifernder Narzisst, wie so ziemlich jeder, der sich jetzt um das Amt des Tory-Vorsitzenden bewirbt."
Jetzt trauert Stephens schon mal David Cameron nach und damit demselben Mann, den er 2011 noch den "schweinegesichtigen Ziehsohn Margaret Thatchers" genannt hat.
"Ich vermisse sogar Boris Johnson, den ich immer zutiefst gehasst habe, denn dieses Land rutscht immer weiter nach rechts."

Virtuelle Monsterchen auf echten Straßen

Wie sich wohl Großbritannien entwickelt und wie Deutschland, wenn auch dort die Spiele-App "Pokémon Go" eingeführt wird … In den USA, Australien und in Neuseeland gibt es das Spiel erst ein paar Tage. Und schon ist die Aktie des Herstellers Nintendo um ein Viertel gestiegen. Es geht um Vermischung von Realität und virtuellen Tierchen.
"Man betrachtet dabei seine Umgebung über die Handykamera. Auf dem Bildschirm zeigt die Spiele-App neben dem Abbild der realen Welt zusätzlich die animierten Pokémon", erklärt Robert Hofmann in der TAZ. Die müsse man einfangen, trainieren und dann gegen andere virtuelle Monsterchen kämpfen lassen.
"Man ist also als Spieler gezwungen, das Haus zu verlassen und immer wieder auch mit fleischlichen Menschen zu interagieren."
Das klingt nach einem gesunden Spiel. Jugendschützer warnen allerdings, berichtet Arno Markowsky im TAGESSPIEGEL:
"Die unkontrollierte Jagd nach virtuellen Tieren auf echten Straßen könne zu Autounfällen und schlimmen Verletzungen führen. Auch gibt es mittlerweile eine Online-Petition mit dem Titel 'Verhindert, dass Pokémon auf Friedhöfen auftaucht.'"
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