Aus den Feuilletons

TV-Duell mit Stumm-Taste

03:58 Minuten
Wahlkampf-Kekse, die mit Bildern von Joe Biden und Donald Trump verpackt sind
Der US-Wahlkampf läuft auf Hochtouren - und für die nächste TV-Debatte gelten neue Regeln, bedauert Peter Richter in der SZ. © imago / Douglas R.Clifford
Von Ulrike Timm · 20.10.2020
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Nach der entgleisten TV-Debatte zwischen Trump und Biden im US-Wahlkampf soll beim nächsten Aufeinandertreffen der Kandidaten auch mal der Ton abgedreht werden können. Zum Bedauern der SZ: Das Duell könnte damit so langweilig wie Videokonferenzen werden.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wünscht sich ein neues europäisches Bauhaus, nachhaltig und grün sollten Architektur und Städtebau werden!

Vorschläge für einen Green Deal

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nimmt den öffentlichkeitswirksam vorgetragenen, aber aus ihrer Sicht bestenfalls halbgaren Plan auseinander. Das Bauhaus, so Gerhard Matzig, sei doch letztlich elitär gewesen in Anspruch und Ausstrahlung, eine wirklich grüne Zukunft aber müsse genau das Gegenteil davon sein, nämlich "massenwirksam, alltäglich, selbstverständlich, logisch". Zudem gäbe es bereits seit langem Architekten, Designer und Stadtplaner, die sich intensiv mit Nachhaltigkeit befassten, kritisiert die SZ:
"Den Green Deal für das Bauen muss die EU nun wirklich nicht mehr erfinden. Eher könnte sie baurechtlich dafür sorgen, dass man Häuser nicht mehr mit ziegelsteindickem Polystyrolschaum verkleiden darf. Es ist nämlich so, dass wir fossile Energieträger zum Dämmen verwenden, um fossile Energieträger zum Heizen einzusparen."
Klingt nach: sechs, setzen, Hausaufgaben machen! Ein bisschen gönnerhaft schiebt die SZ dann doch noch nach:
"Dennoch ist es interessant, was die CDU-Politikerin plant. Denn zum einen will sie in den kommenden zwei Jahren fünf europäische Bauhaus-Projekte in verschiedenen Ländern der EU als interdisziplinäre Vorzeigeaktionen anstoßen. Dagegen kann niemand etwas haben. Und zum anderen zeigt somit endlich mal eine Spitzenpolitikerin, dass sie die tatsächlich kaum zu überschätzende Bedeutung von Architektur und Stadtplanung für Klimawandel und Verstädterung begriffen hat."
Also doch: Trostpreis! Und vielleicht kriegt die EU das mit dem nachhaltigen Häuserdämmen ja auch noch irgendwann mal hin.

Unsouveräner Fischer-Verlag

Für komplett danebengegangen hält die FAZ Kommunikation und Begründung im Konflikt zwischen dem Fischer-Verlag und der Schriftstellerin Monika Maron und klinkt sich damit in eine heiße Debatte ein. Nach 40 Jahren will Fischer der streitbaren Maron die Zusammenarbeit kündigen, offiziell wegen einer einzelnen Veröffentlichung im Dunstkreis des rechtsextremen Antaios Verlages beziehungsweise dessen Versandhandels.
"Diese Entscheidung ist unsouverän, maßlos und vielleicht auch unehrlich: Soll man es doch offen sagen, was einen stört, und nicht aus einer Irritation einen Fehltritt sondergleichen machen", meinen Jürgen Kaube und Jan Wiele in der FAZ.

Gebremste Redefreiheit

Kurzer Sprung über den großen Teich und gewagte Kurve: Donald Trump redet ja immer ganz offen, auch wenn er selten dabei denkt. Nun steht das zweite TV-Duell mit seinem Herausforderer Joe Biden an, und die Regie will, nach Gebrüll und rüder Keilerei in der ersten Runde, dem, der nicht redet, kurzerhand den Ton abdrehen.
Peter Richter findet das schade, feixt in der SÜDDEUTSCHEN: "Vielleicht wird es die Veranstaltung wie eine Videokonferenz wirken lassen, also immerhin zeitgenössisch. Allerdings werden Videokonferenzen mit ihren meist noch endloseren Beiträgen (der Sprecher sieht nur partiell, in welchem Ausmaß sich seine Zuhörer langweilen) von vielen als noch anstrengender wahrgenommen als echte."
"Einfach mal den Schnabel halten", empfiehlt die TAZ für diese Chose, und setzt etwas salbungsvoll auf indische und fernöstliche Meditationstechniken, die könnten doch für Achtsamkeit sorgen. Die allerdings wird wohl im Ernstfall, nun sagen wir, höchst nebenbei interessieren. Also gern ein tapferes Ooommmmm von hier!

Gute-Laune-Tipps aus der Filmbranche

Wenn das nicht reicht, um Ihrer Laune in diesen eher frustrierenden Tagen wieder aufzuhelfen, ein Tipp aus dem Filmgeschäft, vom Schauspieler und neuerdings auch Regisseur Moritz Bleibtreu, der in einem Interview mit der NZZ sagt: "Das Kino lebt davon, dass man sich aneinander hochzieht!"
Also – beherzt nachmachen!
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