Aus den Feuilletons

Schwarzes Loch verschluckt Museumsbesucher

Museumsbesucher betrachten die Installation "Descent into Limbo" von Anish Kapoor in der Fundação de Serralves in Porto.
Museumsbesucher betrachten die Installation "Descent into Limbo" von Anish Kapoor im Museum Serralves in Porto. Ein Mann fiel letztes Jahr in das zweieinhalb Meter tiefe Loch. © imago stock&people
Von Hans von Trotha · 04.02.2019
Die "Welt" berichtet über einen seltsamen Unfall im Museum Serralves in Porto. Der Künstler Anish Kapoor hatte ein "Schwarzes Loch" installiert, das einen Mann "verschluckte". In einen "Ort voller Dunkelheit", wie Kapoor sein Werk beschreibt.
Goethe und Schiller prägen immer noch unseren Alltag. So behauptet der Rechtsprofessor Florian Meinel in der FAZ:
"Wenige Texte stehen so beispielhaft für die deutsche Hoffnung auf unpolitische Lösungen für politische Probleme wie Friedrich Schillers Ballade 'Die Bürgschaft'. Der politische Versuch des Tyrannenmords scheitert hier dilettantisch. Die Lösung bringt erst die moralische Überwältigung des Tyrannen Dionysos durch den Treuebeweis der Freunde. Doch statt bloß das Unrecht seiner Herrschaft aus der Welt zu schaffen, verletzt Dionysos die Grenze von Politik und Leben und bedrängt die knapp seinen Henkern Entronnenen mit Intimität: 'Ich sey, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der dritte.'"

Gesinnungsethischer Überschwang zerbricht an der Ökonomie

So der Tyrann. So der Jurist. Der überträgt diesen Gedanken auf deutsche "Flüchtlingsbürgschaften" aus den vergangenen Jahren:
"Der gesinnungsethische Überschwang zerbricht beim ersten Kontakt mit ökonomischen Implikationen", urteilt er. "Die Folgelasten des reinen Gewissens werden umstandslos sozialisiert. Der schöne Schein bürgschaftlicher Solidarität war nach Lage der Dinge von Anfang an nur ein bürokratisches Schauspiel. Was die Bürgen wollten und was das romantische Rechtsinstitut der Bürgschaft ihnen suggerierte: unmittelbares, gegenseitiges politisches Handeln, entsprach weder der Sach- noch der Rechtslage."
Und der Staat übernimmt die Rolle des Dritten.
Nicht dazu, aber ebenfalls in der FAZ schreibt Rose-Marie Gropp:
"Es gibt sie, die zauberhaften Geschichten aus der Welt von Kunst und Literatur."
Bei ihr ist es das Auftauchen eines bislang unbekannten Gemäldes von "Goethe-Tischbein", der so heißt, weil er das berühmte Bild "Goethe in der römischen Campagna" gemalt hat.
Das neue Bild von diesem "Goethe-Tischbein" nun, das die FAZ in ihrer aktuellen Ausgabe erstmals veröffentlicht, heißt "Dichtung und Malerei". Einiges spricht dafür, dass es "Goethe-Tischbein" darin um eine, Zitat: "Umkehrung der üblichen Hierarchie, in der die Dichtkunst vor den bildenden Künsten rangiert" geht – was Bürgschafts-Schiller und Werther-Goethe nicht wirklich recht gewesen sein kann.

Die inneren Dämonen des Künstlers

Und was wir als schiere Bedrohung empfinden müssen, wenn wir weiterlesen, zum Beispiel in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, wo Anke Sterneborg genüsslich ausmalt, wie, so der Titel ihres Beitrags "Die Rache des Ölgemäldes" aussehen könnte:
"Hilflos ist die Kunst den Menschen und ihren blasierten bis lüsternen Blicken ausgesetzt. Stumm muss sie an den Wänden hängen".
Aber wehe, es kommt mal anders! Sterneborg erzählt die Geschichte von einem "Künstler, dessen innere Dämonen in seinen Bildern weiterleben und jeden, der sich an ihnen bereichern will, zum Opfer bizarrer Morde macht. Die Kunst greift aus, beißt zu, würgt und verbrennt. Wer vom Weg der reinen Kunst abkommt, den ereilt dasselbe Schicksal wie sonst im Horrorfilm die Wochenendurlauber, die eine falsche Abkürzung nehmen."
Das alles bislang zwar nur als Netflix-Film, Titel: "Die Kunst des toten Mannes", aber ist ein Gedanke erst einmal in der Welt - Ich rate: Vorsicht, sobald Kunst im Raum ist!

Ein Ort voller Dunkelheit in Porto

"Ein Bild saugt" übrigens "einen gierigen Galerie-Assistenten ein." Von etwas ganz Ähnlichem erzählt Marcus Wöller in der WELT:
"Man kennt das ja, kaum ist man zu nah an ein Schwarzes Loch herangetreten, wird man hineingesaugt. Eigentlich werden Schwarze Löcher ja im Weltraum vermutet, nicht aber im portugiesischen Porto."
Und nicht im Museum.
"Doch dort", in Porto und da im Museo Serralves, "hatte sich im vergangenen August eines aufgetan und einen arglosen Museumsbesucher verschluckt. Astronomen gaben schnell Entwarnung. Es sei kein Schwarzes Loch (mit großem S) gewesen, sondern nur ein schwarzes Loch (mit kleinem S) – eine in den Boden eingelassene Kunstinstallation des britischen Bildhauers Anish Kapoor. Der ließ sogleich über seine Webseite verbreiten, es sei kein Loch im Boden, sondern ein Ort voller Dunkelheit. Also doch ein Schwarzes Loch?"
Dazu noch ein Zitat von Tischbein-Goethe, das aber genauso gut von Bürgschafts-Schiller sein könnte:
"Mancher grüßt uns freundlich bei Tage, doch käm er im Finstern uns in den Weg, es möchte wohl kaum zum Besten geraten."
Gilt ab sofort auch für die Kunst.
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