Aus den Feuilletons

Museen zahlen saudische Fördergelder zurück

Indonesische Journalisten halten ein Banner, das die Untersuchung des Verschwindens des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi fordert. Sie demonstrieren vor der Botschaft Saudi-Arabiens in Jakarta.
Demonstration vor einer saudischen Botschaft: Lange Zeit war unklar, wohin der Journalist Jamal Khashoggi verschwunden war. Sein Tod ist nun eine gesicherte Tatsache. © imago stock&people
Von Tobias Wenzel  · 19.10.2018
Aus Protest gegen den saudi-arabischen Kronprinzen Mohamed bin Salman zahlen US-amerikanische Museen Fördergelder aus einer seiner Stiftungen zurück. An Selbstkritik des Westens in dieser Angelegenheit mangelt es aber noch, kritisiert die "Süddeutsche".
"Lieber kein Geld aus Saudi-Arabien" – die Überschrift, so prominent auf der ersten Feuilletonseite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, verwundert. Es geht um den im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul verschwundenen, vermutlich dort ermordeten und zersägten Journalisten Jamal Khashoggi. Auf den ersten Blick hat das, wie auch die folgenden Themen dieser Kulturpresseschau, nichts mit Feuilleton zu tun. Aber eben nur auf den ersten Blick. Sonja Zekri berichtet darüber, dass New Yorker Museen aus Protest gegen den Kronprinzen Mohamed bin Salman, der den möglichen Mord angeordnet haben könnte, nun Fördergelder aus einer seiner Stiftungen zurückzahlen. Unter anderem das Metropolitan Museum of Art und das Brooklyn Museum.

Trumpsche Rhetorik vom FC Bayern München

"Einerseits: alles absolut verständlich", schreibt Zekri. "Wer mag schon mit jemandem in Verbindung gebracht werden, dessen Initialen MBS neuerdings 'Mister Bone Saw' ausbuchstabiert werden? 'Bone Saw' für 'Knochensäge'. Andererseits: ein interessantes Beispiel dafür, wie die Kulturschaffenden des Westens Opfer ihrer eigenen Prinzipien geworden sind. Als MBS die Frauen Auto fahren ließ, als er nach 35 Jahren Kinos zuließ, als erstmals wieder Konzerte in Saudi-Arabien erlaubt waren, da erkannten sie [die westlichen Kulturschaffenden] in ihm einen der ihren, dabei war die Repression eher schlimmer geworden, wurden Frauenrechtlerinnen und Journalisten eingesperrt. Und heute?", fragt Zekri. "Ist im Westen die Abscheu deutlich größer als die Selbstkritik."
Mangelnde Selbstkritik wirft Stefan Frommann in der WELT Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vor. Es geht um eine Pressekonferenz des FC Bayern München an diesem Freitag. Bei den Bayern kriselt es gerade sportlich. Eigentlich ein reines Fußballthema, könnte man denken. Falsch gedacht. Vielmehr ein Medien- und Moralthema: "Rummenigge und Hoeneß bedienten sich trumpscher Rhetorik und machten die Medien zum Schuldigen ihrer verfehlten Vereinspolitik. Ihr Motto: Wenn Medien Kritik üben, ist das eine Sauerei", schreibt Frommann. "Also sprachen sie von 'unwahren Fakten' und 'Fake-Fakten', zitierten das Grundgesetz und forderten mehr Respekt für sich und die Mannschaft ein."

Hoeneß' Beleidigungen reichen einmal quer durch Deutschland

Da möchte der Sportjournalist doch an etwas erinnern. "Die Liste der Beleidigungen des Uli Hoeneß reicht einmal quer durch Deutschland. Er schaffte es nicht einmal, die halbstündige Pressekonferenz ohne Beleidigung auszukommen. Benutzt er Worte wie 'Scheißdreck' oder 'geisteskrank', bezeichnet er dies als Zuspitzung." Unsportlich sei diese Pressekonferenz von Präsident und Vorstandsvorsitzendem gewesen. Und deshalb seien die beiden einfach "keine Sportsmänner mehr".
Uli Hoeneß heißt eigentlich Ulrich Hoeneß, möchte aber "Uli" genannt werden. "Ulrich" klingt, zugegeben, nicht gerade locker. Andere würden ihren Vornamen liebend gerne gegen "Ulrich" eintauschen, besonders wenn diese anderen Adolf heißen. In Sönke Wortmanns Remake-Film "Der Vorname", nun im Kino, diskutieren die Protagonisten besonders darüber, was es bedeutet, heute einen Jungen Adolf zu taufen und wie einen das prägt. Die TAZ hat gleich bei vier Adolfs nachgefragt, die diesen Namen in der Nachkriegszeit, meist weil Vater oder Großvater so hießen, bekommen haben. Sie finden ihn nicht gerade "toll" bis belastend, nennen sich selbst stattdessen Dolf, Ado oder Addi. Addi, ein 1985 geborener, politisch links orientierter Lehrer, glaubt, dass er, indem er sich an seinem Vornamen abgearbeitet hat, zu einem besseren Menschen geworden ist. "Ich werde nie vergessen", erzählt er, "wie ich zum ersten Mal zu meiner damaligen Freundin nach Hause kam. Die hieß Anne. Benannt nach Anne Frank. Sie hatte eine Schwester, sie hieß Sophie. Nach Sophie Scholl. Und dann sitzt man da am Kaffeetisch: Hallo, ich bin Adolf."
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