Aus den Feuilletons

"Lachen schützt, entschärft, erleichtert"

Von Tobias Wenzel · 26.01.2014
In der Kulturpresseschau geht es unter anderem um den neuen Roman "Glücklich die Glücklichen" der Schriftstellerin Yasmina Reza, um eine aufgetauchte Korrespondenz des Massenmörders Heinrich Himmler und um Sexismus-Vorwürfe des "Tagesspiegels" gegen "Stern"-Mitarbeiter.
"[…] was für Käse hast du gekauft? Einen kleinen Ziegenkäse und einen Morbier. Was, keinen Schweizer, schreit sie auf.“ Ein Paar gerät im Supermarkt aneinander. In Yasmina Rezas neuem Buch "Glücklich die Glücklichen". Der SPIEGEL veröffentlicht einen Vorabdruck: "[…] wer isst bei uns denn Morbier? Wer? – Ich, sag ich. – Seit wann isst du Morbier? Wer will schon Morbier essen? – Hör auf, Odile, sag ich. – Wer mag denn diesen Scheiß-Morbier?!"
Was harmlos begann, eskaliert in einem handfesten Streit zwischen Odile und Robert. Wie eine "Insektenforscherin" wolle sie die "Feinheiten" von "Verletzungen" aufzeigen, erzählt die Dramatikerin und Schriftstellerin Yasmina Reza im Gespräch mit SPIEGEL-Redakteur Romain Leick. Dabei fürchtet der Leser des Interviews, es könnten die Verletzungen von Yasmina und Romain ähnlich explosiv zum Vorschein kommen wie bei Odile und Robert. "Was ist für Sie das Glück?", fragt Leick die französische Autorin. "Ich weiß es nicht", antwortet sie.
Er hakt nach. Darauf sie: "Ich bin schlicht außerstande, Ihnen zu sagen, was uns glücklich macht." Bald darauf wieder er: "Ist das ebenfalls ein Wesenszug der menschlichen Existenz, sich immer wieder aufzuraffen?" Und sie: "Ich will keine Botschaft mitteilen. Der Schriftsteller und der Intellektuelle, das sind zwei verschiedene Sichtweisen." Sie sei nun mal keine Intellektuelle, "keine Essayistin, nicht mal eine Denkerin, auch keine Psychologin". Gleich steht sie auf und geht. Oder er. Denkt man. Bis der Journalist die Frage stellt: "Ist das Lachen ein Schutzpanzer?" - "Sie versuchen ja schon die ganze Zeit, mich auf große Worte, auf eine allgemein gültige Aussage festzulegen (lacht) – nun, hier bekommen Sie eine, jetzt werde ich kategorisch: Lachen schützt, entschärft, erleichtert, rettet. […] Glücklich die Lachenden."
Geradezu lachhaft findet Willi Winkler von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, wie die WELT AM SONNTAG die Bedeutung der aufgetauchten Korrespondenz von Heinrich Himmler bewertete: "Himmler - Handschrift eines Massenmörders". Jacques Schuster spricht nun in der WELT von einem "gehobenen Schatz". Willi Winkler aber zitiert aus den Briefen Himmlers: "Ich fahre nach Auschwitz. Küsse, Dein Heini" und "Wir sahen all die Bilder, die Häftlinge gemalt hatten. Wunderbar." "Himmler war, kaum zu glauben, ein Mensch", platzt Winkler der Kragen, "schrieb literarisch bedeutungslose Briefe an seine Frau und erzählte, Wunder über Wunder!, zu Hause nichts von der Arbeit. Man muss schon mit einer gusseisernen Naivität gesegnet sein, um das für die Sensation zu halten, unter der die Geschwisterblätter WELT und WELT AM SONNTAG dieses Nichts an Information und Erkenntnis aufbereiten.“
Und noch eine Kollegenschelte in den Feuilletons vom Montag: Der TAGESSPIEGEL greift den STERN an und wirft Mitarbeitern des Magazins jenen Sexismus vor, den der STERN im Fall Brüderle angeprangert hatte. So habe ein „altgedienter und lebenserfahrener“ STERN-Mitarbeiter beim vergangenen Bundespresseball der deutlich jüngeren Redakteurin eines anderen Verlags, die die Ballzeitung verteilte, folgenden Satz gesagt: "Da will man ja glatt die Zeitung wegwerfen und die Frau behalten." Und ein Mitarbeiter der Investigativ-Abteilung im STERN habe in einer Rund-Mail, die auch an eine Berliner Rechtsanwältin ging, geschrieben: "Mehr Möpse und mehr Text. Was will man mehr!" Kurioserweise werden weder die Beschuldigten mit Namen genannt noch der Autor des SZ-Artikels. Und das bei einem Thema, das einen ein Leben lang begleiten kann.
"Das kann Sie ein Leben lang begleiten“ ist einer jener Sätze, mit denen Ärzte ihre Patienten vor den Kopf stoßen. Werner Bartens, selbst Arzt und SZ-Redakteur, hat diese Sätze in einem Buch versammelt und kommentiert. Unter anderem: "Das sieht aber gar nicht gut aus." Und: "Wir können im Augenblick nichts mehr für Sie tun."