Aus den Feuilletons

Kleine Frauenoffensive beim ZDF

04:13 Minuten
Ein Mikrofon mit dem Logo des öffentlich-rechtlichen Senders ZDF, aufgenommen im Bayerischen Landtag.
Beim ZDF sollen Regisseurinnen einen Mentor oder eine Mentorin zur Seite bekommen, um sich mit Produzenten besser zu vernetzen, schreibt die SZ. © dpa / Tobias Hase
Von Gregor Sander · 04.03.2019
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Die Süddeutsche Zeitung beschäftigt sich mit dem Anteil an Regisseurinnen im öffentlich rechtlichen TV. Laut Bundesverband Regie wurden 2017 nur 16,9 Prozent der Sendezeit von Frauen bespielt. Helfen soll beim ZDF jetzt eine Hospitanz in einer Vorabendserie.
"Weiblicher, jünger, erfolgreicher", titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG und beschreibt die vielleicht gleichberechtigte Zukunft beim ZDF. Die Gegenwart sieht laut Anna Steinbauer allerdings eher düster aus, "was die weibliche Perspektive und den Anteil an Regisseurinnen im öffentlich rechtlichen Fernsehen angeht. Die Zahlen des letzten Diversitätsberichts des Bundesverbands Regie für das Jahr 2017 sind alarmierend: Lediglich 16,9 Prozent der gesamten Sendezeit wurden von Frauen bespielt."
Die Lösung des Problems stellt sich das ZDF so vor: "Je zwei Regisseurinnen sollen ab jetzt drei Jahre lang einen Mentor oder eine Mentorin zur Seite bekommen, um sie im Sender mit Redakteuren und Produzenten zu vernetzen. Sie hospitieren zunächst bei einer Vorabendserie und einem Fernsehfilm in der Primetime und führen dann selbst Regie."
Eine der beiden nun ausgesuchten Regisseurinnen ist Nora Fingscheidt, die bei der diesjährigen Berlinale mit dem Film "Systemsprenger" für Aufsehen sorgte und sogar den Alfred-Bauer-Preis gewann. Ist es da dann tatsächlich ein Schritt nach vorn, wenn sie nun im ZDF bei einer Vorabendserie hospitiert?

Wo bleiben die perspektivlosen Frauenfiguren?

"Frauen, hört die Signale", schmettert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. "Im Hollywood-Kino dominieren derzeit die starken Frauenfiguren. Doch Kitsch und Kult verdrängen jede Kritik", behauptet Christian Baron und sein Hauptvorwurf lautet:
"In erstaunlich dichter Folge starten seit anderthalb Jahren feministisch vermarktete Leinwandwerke in den Kinos, die starke Frauenfiguren in den Mittelpunkt rücken. Deren Lebensziel ist die Selbstverwirklichung. Dabei fällt auf, dass es in den meisten Fällen um Menschen aus der gehobenen Mittelklasse oder sogar der Oberklasse geht. Selten zu sehen sind Geschichten von Frauen, die in Armut und Perspektivlosigkeit leben müssen und sich dort herauskämpfen wollen."

Frauenquote keine Lösung

Was also tun? Eine Frauenquote ist für Baron keine Lösung, denn: "Wer meint, ein hoher Frauenanteil beim Film führe automatisch zu sozialer Gerechtigkeit, der möge einmal einen Blick auf die herkömmliche Pornografie werfen. In keinem Genre sind Frauen und jede Art von Minderheiten derart präsent, und dennoch würde niemand annehmen, dort entstünden faire Arbeitsbedingungen oder engagierte Kunstwerke."

Witz komm raus, du bist umzingelt…

Diese Argumentation würde vermutlich nicht mal als Karnevalswitz von Annegret Kramp-Karrenbauer funktionieren. Um die Zukunft des Witzes im Allgemeinen sorgt sich Matthias Heine in der Tageszeitung DIE WELT: "Denn Jahrtausende lang dienten Witze dazu, den Zusammenhalt von Gruppen nach innen zu stärken, indem man sich über Leute außerhalb der Gruppe lustig machte."
Heute kann man, laut Heine, nur noch über eine Gruppe gefahrlos Witze reißen: "Mit Nazis ist man immer auf der sicheren Seite. Für sie fühlt sich kein Antidiskriminierungsbeauftragter zuständig." Aber einen Schuldigen dafür will der WELT-Autor dann doch nicht benennen:
"Es liegt nicht an der Linken. Es liegt am Witz. Er ist eine Kulturtechnik, die ihren Sinn hatte, als man in der Steinzeit den Höhlenzusammenhang gegen Bären und Neandertaler stärken musste. Aber braucht man das heute noch? Vielleicht wird man den Witz einst überwinden wie das Rauchen und das Stehpinkeln."

Letzter Ausweg Mode

Aber die Gegenwart hat auch ihr Gutes, wie Elisabeth Wagner in der TAZ behauptet: "Von Modesünde ist nun keine Rede mehr. Der Fehlgriff hat sich in etwas verwandelt, worauf wir wieder Hoffnungen setzen. Modesünden gibt es nicht in der Gegenwart. Nur in der Vergangenheit oder als mahnendes Beispiel für die Zukunft."
Die Mode erscheint in der Lesart der TAZ-Autorin als leuchtendes Beispiel für alle Lebenslagen: "Sie ist ein offener Raum, in dem der Hass an seine Grenzen stößt. Eine Bühne, auf der das Patriarchat, das liebend gern ein Urteil sprechen würde, vergeblich auf ein Zugeständnis wartet. Kein letztes Wort", so Wagner.
Wem bedruckte Leggings, Rüschen und Plateauschuhe dann aber doch irgendwie egal sind, der kann sich ja an Oscar Wilde halten, der schrieb, Mode ist "im Grunde eine solche Hässlichkeit, dass wir sie alle sechs Monate wechseln müssen."
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