Aus den Feuilletons

"Hoffnungsschimmer für Millionen Migranten weltweit"

Drei Migranten aus Mittelamerika sitzen auf ihrem Weg in Richtung USA auf der Straße. Foto: Isaac Monroy/dpa | Verwendung weltweit
Was zu einem Einwanderungs-, Auswanderungs- und Rückkehrkonzept gehören müsste, haben die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen nun festgehalten. © dpa
Von Adelheid Wedel · 01.11.2018
258 Millionen Menschen leben nicht in dem Land, in dem sie geboren wurden. Der globale Pakt für sichere, ordentliche und reguläre Migration der Vereinten Nationen sei also längst überfällig gewesen, schreibt Alan Posener in der "Welt".
"Das ist das Mindeste", so überschreibt Alan Posener in der Tageszeitung DIE WELT seine Gedanken zu einem "Pakt für Standards menschenwürdiger Behandlung von Migranten" weltweit. "Damit haben die Vereinten Nationen", so schreibt er, "für die 258 Millionen Migranten etwas Überfälliges formuliert." 258 Millionen Menschen, das ist aktuell die Zahl derer, die nicht in dem Land leben, in dem sie geboren wurden –" ein globales Phänomen. Manche Länder und Wirtschaftszweige würden ohne Migranten zusammenbrechen", erinnert der Autor.
Und: "In vielen Ländern werden sie jedoch nur als Problem wahrgenommen, in anderen wie Menschen zweiter Klasse behandelt."

Ein international vereinbarter Maßstab

Die Asylsuchenden sind sehr unterschiedlichen Behandlungen ausgesetzt – ein unhaltbarer Zustand, so Posener: "Was alles zu einem Einwanderungs- und übrigens auch Auswanderungs- und Rückkehrkonzept gehören müsste, haben die Mitgliedsländer der Vereinten Nationen nun in einem – ausdrücklich nicht bindenden – Globalen Pakt für sichere, ordentliche und reguläre Migration festgehalten", der bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs demnächst verabschiedet werden soll.
Der Pakt bilde nun "immerhin einen international vereinbarten Maßstab, an dem die Politik und die Praxis in den Entende- und Aufnahmeländern gemessen werden können" – mit dem Ziel, Standards, wie sie Kanada, Australien oder Großbritannien haben, international anzuwenden. Bei Erfolg bedeutet das wenigstens einen "Hoffnungsschimmer für Millionen Migranten weltweit".

Kontinuitäten in Flüchtlingsgeschichten

Es ist von hoher Brisanz, im Zusammenhang mit dem Globalen Pakt einen Artikel in der Tageszeitung TAZ zu lesen. Marina Chernivsky, Leiterin des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, erinnert: "Vor 80 Jahren versagte die Weltgemeinschaft, als es darum ging, jüdischen Flüchtlingen zu helfen. Und heute?", fragt die Autorin. Sie meint: "Der historische Vergleich verbietet sich – nicht aber das Sprechen über Kontinuitäten."
Dem Thema widmet sich in der kommenden Woche ein jüdischer Zukunftskongress unter dem Titel "Évian Revisited" über Flucht und die Festung Europa. Zur Erinnerung: "In Évian berieten 1938 32 Staaten und 24 Hilfsorganisationen über das Schicksal jüdischer Flüchtlinge. Mit dem Ergebnis, dass niemand geholfen hat."
Im ZDF erzählt der britische Historiker Christopher Clark in der kommenden Woche über "die Geschichte der Juden und den Antisemitismus in Europa." Das erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Robert Probst schreibt: "Das Thema ist ernst und liegt Clark merklich am Herzen. Europa braucht die Juden und ihre Kultur, das ist sein Credo."
Clark erzählt die Geschichte eines Volkes ohne Land, zusammengehalten nur von den heiligen Schriften. Vorbehalte und Hass begleiteten ihren Weg, das steigerte sich unter dem Nationalsozialismus bis zum Rassenwahn und dem Holocaust ins Unvorstellbare. Am Schluss begibt sich Clark auf die Suche nach dem aktuellen Antisemitismus. Dagegen habe er "kein schlüssiges Gegenrezept", so Probst, "außer Aufklären und Argumentieren." Wie es der Historiker tut.

Lob für Vielzüngigkeit

Die Tageszeitung TAZ kürt Max Czollek zum Helden der Stunde. René Hamann dazu: "Sein im Sommer erschienenes Buch 'Desintegriert euch!' hat den allgemeindeutschen Migrationsdiskurs um eine jüdisch-deutsche Perspektive erweitert und mit einer Absage an den von oben erwarteten Kuschelkurs der Minderheiten versehen." Nun hat das Literarische Colloquium Berlin ihn eingeladen, einen eigenen Abend in der dort schon etablierten "Casino"-Reihe zu kuratieren. Czollek hat sich zwei Lyrikerinnen und zwei Lyriker eingeladen und wird nun für "die Vielzüngigkeit" seines Programms gelobt. Der Rezensent: "Hoffentlich bleibt das keine einmalige Sache."
Eine Überschrift in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG stimmt auf Kommendes ein: "An Weihnachten hört der Spaß auf."
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