Aus den Feuilletons

Grenzerfahrungen im Frühlingsgarten

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Gewöhnlicher Giersch in einem Garten.
Der Frühling bringt nicht nur üppige Blumen, schreibt die "NZZ", denn auch der Giersch beginne in den Beeten zu wuchern. © dpa / picture alliance / Mascha Brichta
Von Gregor Sander · 13.04.2021
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Im Frühling bietet der Garten eine Abwechslung in der Pandemie, schreibt die „NZZ“. Doch nicht nur schöne Blumen erfreuen die Hobbygärtner: Der Kampf gegen meterlanges Unkraut bringe manche an ihre körperlichen Grenzen.
"Heute wird Julie Christie achtzig Jahre alt." Mit diesem schlichten und Dietmar-Dath-haften Satz endet das Geburtstagsständchen Dietmar Daths auf die britische Schauspielerin in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Um dann sofort hinterfragt zu werden:
"Jahrzehntelang hieß es, Julie Christie sei am 14. April 1941 geboren, auf einer Teeplantage in Assam, Indien, also vor achtzig Jahren. In einer Biografie über sie wurde das Jahr korrigiert, auf 1940", rechnet Fritz Göttler in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG etwas uncharmant, aber messerscharf nach. Also 80 oder 81?

Blaue Augen und überzeugende Schauspielerei

"Egal", meint Göttler, um sich dann im Gesicht der Schauspielerin zu verlieren: 'Schiwago' machte Julie Christie zum Superstar, mit ihren strahlend blauen Augen, dem markanten Profil (wie eine Cocteau-Zeichnung, schwärmte Truffaut)."
Neben der Lara an Omar Sharifs Seite spielte die Britin etwa auch in "Wenn die Gondeln Trauer tragen", den Dath in der FAZ als: "Schauermumpitz", einordnet, die schauspielerische Leistung allerdings ohne jeden Zweifel lässt:
"Julie Christies Spielstil lebt von einer geradezu unheimlichen Gleichgültigkeit gegen die eigene Attraktivität. Die schwebende Beiläufigkeit, mit der sie per Wort und Blick noch den winzigsten Verästelungen des Handlungsgeflechts ihrer Filme kleine Flammenzungen aufsetzt, damit man sich im Geschehen emotional orientieren kann, hat große Regie immer wieder dazu verführt, die glitzernde Individualität der Diva direkt mit Massen- und Öffentlichkeitsinszenierungen zu konfrontieren."

Interview zum Kampf ums Kanzleramt

Im Berliner TAGESSPIEGEL wird eine kleine Sensation für nächste Woche angekündigt: "Polit-Überraschung im Privatfernsehen – mit einer ProSieben-Programmänderung in der Primetime am kommenden Montag. Katrin Bauerfeind und Thilo Mischke wollen dann in Berlin die Kandidatin oder den Kandidaten der Grünen fürs Kanzleramt interviewen."
Aber auch wenn ProSieben Baerbock oder Habeck so vor ARD und ZDF befragen, da muss dann doch schon Ausgangssperre sein, damit einen das vom Hocker haut oder besser in den Fernsehsessel hinein.
Lin Hierse in der TAZ beschreibt es so: "Annalena und Robert, sie oder er? Mir auch egal, echt, ob sie es nun wird oder er oder sie beide. Beide, das wäre progressiv, weil es mutig wäre, mal am System zu ruckeln."
Aber da das keiner will, macht sich irgendwie doch eine gewisse Langeweile breit.

Routine als Überlebensstrategie

"Wenn wir glauben, wir leben, dann täuschen wir uns. Alles nur Routinen", gähnt Paul Jandl etwa in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG.
Und begründet das so: "Dreißig bis vierzig Prozent unseres Alltags bestünden aus Routinen, sagen die Neuropsychologen. Wenn es nicht so wäre, würden wir unter der Last der Entscheidungen zusammenbrechen."

Kampf gegen das Unkraut

Ein wenig Abwechslung sucht Robin Schwarzenbach im Garten. Doch: "Der Giersch ist zurück, wegen seiner asymmetrischen Blätter auch Geißfuß genannt", warnt er seine Leser in der NZZ, um das Grauen dann auch noch auszumalen:
"Das unscheinbare Gewächs bringt Hobbygärtner an ihre Grenzen. Seine dünnen Wurzeln schlängeln sich meterweit zwischen Tulpen, Osterglocken und Akeleien hindurch", so Schwarzenbach. Doch selbst in einer Pandemie dürfen wir nicht so tief sinken, dass wir in der Erde unter dem Geißfuß verschwinden.

Leipziger Buchpreis-Kandidaten

Da nehmen wir uns lieber die Kandidatenliste des Preises der Leipziger Buchmesse vor, wo in der Belletristik fünf große Namen nominiert wurden. Von Friedericke Mayröcker über Judith Hermann und Iris Hanika bis zu Helga Schubert und Christian Kracht. Was meint Dirk Knipphals von der TAZ?
"Jedes Buch mindestens diskutabel, doch insgesamt hat das etwas, als wenn sie Gerhard Richter und Norbert Bisky als richtungsweisende Stars auf der nächsten documenta verkaufen würden. Lustigster Kommentar in den sozialen Medien bis zum Redaktionsschluss: ‚Angesichts dieser Liste muss man doch sagen: Sie haben Martin Walser vergessen.‘"
Walser ist übrigens vor wenigen Tagen 94 geworden, aber vielleicht kann Fritz Göttler von der SZ das ja vorsichtshalber noch einmal nachrechnen.
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