Aus den Feuilletons

Ein Knopfdruck als Tagesaufgabe

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Eine Hand drückt auf einen roten Knopf
Mancher Techniker müsse nur einen Knopf am Abend drücken, erläutert Wiebke Hüster in der "FAZ" den Mangel an qualifizierten Mitarbeitern im Theaterbetrieb © Deutschlandradio / Bettina Straub
Von Tobias Wenzel · 02.05.2019
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Der Personalmangel im Theaterbetrieb könne auch an der Unterforderung der technischen Mitarbeiter liegen, schreibt die "FAZ" anlässlich des Berliner Theatertreffens. Eine eingeladene Produktion fehlt allerdings, weil das Bühnenbild zu komplex ist.
"Auch im alten Afrika ging es nicht gewaltfrei zu" heißt der Titel von Brigitta Hauser-Schäublins Artikel für die WELT. Die Ethnologin mischt sich in die Restitutionsdebatte ein und kritisiert den Bericht über koloniale Sammlungen in Museen, den Felwine Sarr und Bénédicte Savoy im Auftrag von Emmanuel Macron geschrieben haben.
"Bei vielen Artefakten, die großen symbolischen Wert besitzen, handelt es sich – vor dem Hintergrund heutiger Vorstellungen von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie betrachtet, also der Warte, von der aus auch die postkolonialen Wortführer argumentieren – zu einem beachtlichen Teil um Abzeichen der Macht von autokratischen Herrschern", schreibt Hauser-Schäublin.
"Dass ausgerechnet solche Artefakte, die vorbestimmte Eliten auch als Herrschaftsinstrumente über ihr 'Volk' verwendeten, nun zur Identitätsbildung generell von Menschen und Gemeinschaften in Afrika südlich der Sahara verwendet werden sollen, klingt eher zynisch."

Theatertreffen beginnt in Berlin

Wenn nicht zynisch, so doch gallig klingt, was Hubert Eckart, der Geschäftsführer der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft, im Gespräch mit Wiebke Hüster für die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG sagt. Der Anlass des Interviews ist der Beginn des Berliner Theatertreffens. Dort war eine Produktion vom Schauspielhaus Dortmund eingeladen. Sie wird aber nicht gezeigt, weil der Transport und die Installation der Bühnenbilder zu aufwendig seien.
"Kapituliert die Technik vor der Ausstattungskunst?", fragt deshalb Hüster. Und Eckart geht auf den Personalmangel im technischen Bereich ein und darauf, dass die technischen Berufe am Theater, zum Beispiel der des Stellwerkers, unattraktiv geworden sind:
"Um 19 Uhr 30 sitzt unser Stellwerker wie der Pawlowsche Hund hinter seinem Pult. Wenn die rote Lampe angeht, hebt er seinen Finger, und wenn sie ausgeht, tippt er auf 'Go'. Das ist sein Dienst. Egal, ob da unten Shakespeare gespielt wird oder Pina Bausch oder Puccini. Kann ein Mensch im 21. Jahrhundert sich von seiner Arbeit stärker entfremdet fühlen als dieser Stellwerker?"

Teure Tickets für Stücke regimekritischer Autoren

Hinzu komme, dass alle am Theater "wie die Zitronen" ausgequetscht würden. Eckart wehrt sich gegen die Idee von Politikern, im Theaterbereich – wie überhaupt im Kunstbetrieb – Subventionen an Quoten, also Besucherzahlen, zu koppeln. Das könne nämlich zu staatlicher Repression von Künstlern führen:
"In der Türkei wurden unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für Eintrittskarten eingeführt, deren Höhe sich nach dem Autor und dessen Nationalität richtet. Spielen Sie einen regimefreundlichen türkischen Autor, müssen Sie wenig Mehrwertsteuer zahlen, spielen Sie einen Dissidenten, sind die Karten teurer."
Auf die Türkei blickt auch der TAGESSPIEGEL, allerdings zum Tag der Pressefreiheit. Wie Türken aus Verzweiflung über die Lage des Journalismus im eigenen Land vermehrt auf Auslandssender ausweichen, um ausgewogen und unabhängig informiert zu werden, das müssen Sie, liebe Hörer, bei Interesse selbst nachlesen.

Skurrile Poesie

Denn zum Schluss lieber noch einen Schuss skurrile bis böse österreichische Poesie. Der Autor Clemens Setz bespricht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Christine Nöstlingers posthum erschienenen Gedichtband "ned dasi ned gean do warat".
"Auf jeder Seite werden Rätsel gelöst. Zum Beispiel erfahren wir, was es mit den vielen Kindertoden in den Wiener Bezirken auf sich hat. Überall fallen Kinder aus den Fenstern." Das habe den Vorteil, dass ihnen einiges erspart bleibe, nämlich, heißt es in den entsprechenden Versen Nöstlingers:
"Des Unglik / mid da hasn Liebe auf easchdn Blik, / und aum End / foasd mit woglade Gnia und zidrige Hend / den Roladoa spazian."