Aus den Feuilletons

Droht Trump das gleiche Schicksal wie Nixon?

Präsident Donald Trump spricht zu Reportern während eines Treffens mit dem früheren Minister Henry Kissinger
Wegen Entlassung von FBI-Chef Comey unter Druck: US-Präsident Donald Trump. © AP
Von Tobias Wenzel · 14.05.2017
Die Entlassung von FBI-Chef Comey "riecht nach Behinderung der Justiz", sagt US-Journalistin Elizabeth Drew in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Das könne zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump führen. Die Feuilletons über US-Politik, Schein-Authentizität und jodelnde Rumänen.
"Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?", fragt die TAZ. Und der Satiriker antwortet: "Der Siegertitel beim E[urovision] S[ong] C[contest]." Ob er mehr auf den Jodelbeitrag aus Rumänien stand als auf die gefühlvolle Ballade des portugiesischen Gewinners Salvador Sobral, die für Cathrin Kahlweit von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG "schlichte, großartige Musik" war, verrät Friedrich Küppersbusch leider nicht.
Dafür ist er umso gesprächiger, als es um die Bundeswehr geht, in deren Kasernen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nun nach weiterer Wehrmachtsverherrlichung suchen lässt: "Wenn der letzte Nazi-Orden entsorgt ist, haben wir besenreine Kasernen und darin: Leute wie Franco A., die Rassismus und Gewaltverbrechen auch ohne NS-Folklore können. Der schwierigere Part ist die Gegenwart. Die Bundeswehr als bewaffneter Arm der Pegida ist ein größerer Horror als die kantige Entschlossenheit, einen toten Drachen noch mal umzubringen."
Apropos "noch mal": Donald Trump hat ja den FBI-Chef James Comey entlassen, der gerade mit seiner Behörde die Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland untersucht. Das erinnert in der Tat an Richard Nixon, die Watergate-Affäre und die Amtsenthebung, der Nixon durch seinen Rücktritt zuvorkam. "Es ist hochproblematisch, dass der Präsident den Beamten entlässt, der Ermittlungen gegen ihn führt", sagt Elizabeth Drew, "die Grande Dame des US-Journalismus", über Trump im Interview mit Matthias Kolb von der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. " Es […] riecht nach Behinderung der Justiz, was zum Impeachment [Amtsenthebungsverfahren] führen könnte. Nixon wurde genau das vorgeworfen. Das ist eine ernste Sache, und wahrscheinlich wird dieser Rauswurf dazu führen, dass sich irgendwann mehr Republikaner gegen Trump stellen werden." Aber für ein Amtsenthebungsverfahren sei es im Fall des neuen US-Präsidenten zu früh. "Ich würde sagen, dass Trump uns noch nicht so viel Angst macht wie Nixon damals. Aber das kann ja noch kommen."
Was im Journalismus kommen könnte, beschreibt der Schweizer Schriftsteller Martin R. Dean im Feuilletonaufmacher der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG: "Nun bot unlängst die 'New York Times' einen Film über Menschen in den Nubabergen an, der ein verführerisches Totalerlebnis versprach: Mittels einer V[irtual]R[eality]-Brille konnte sich der Zuschauer mitten in den Ort des Geschehens katapultieren. Er stand nun selber in den Nubabergen, er konnte sich im Raum drehen und umsehen, kurz: Er tauchte zum Schein bruchlos in diese Realität ein." Dean sieht diese "immersiver Journalismus" genannte Form der Aufbereitung von Nachrichten kritisch. Hier werde der Wunsch nach leichter Konsumierbarkeit und Authentizität bedient, die sich aber als "Schein-Authentizität" erweise. Die Distanz zwischen Wirklichkeit und Wahrnehmung werde aufgehoben, was gefährlich sei: "Paradoxerweise werden Falschheiten in einem totalen Erlebnisraum nicht leichter, sondern schlechter erkennbar. Der manipulative Anteil von Kameraeinstellung, Blickwinkel oder anderen technischen Voraussetzungen bleibt dem totalen Newskonsumenten verborgen und damit undurchschaubar. Eine reflexive Distanz aber ist die unabdingbare Voraussetzung für eine kritische Rezeption."
Gegen die düstere Zukunft schnell noch etwas Duftendes: einen Braten. Der jung verstorbene Südtiroler Dichterrebell und Spießbürgerschreck Norbert C. Kaser, an den die SZ erinnert, griff in einer Rede von 1969 alles an, "was nationalistischen Trachtlern und Sprachkriegern heilig war", schreibt Volker Breidecker. "Den 'Tiroler Adler' nahm er dabei nicht aus. Er empfahl, ihn 'wie einen Gigger zu rupfen und ihn schön langsam über dem Feuer zu drehen'."
Guten Appetit!
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