Aus den Feuilletons

Doch keine Gefahr durch Corona beim Enkelbesuch?

04:13 Minuten
Großmutter und Enkelin lachen sich an draußen im Garten.
Spielen Kinder doch keine Rolle bei der Coronavirus-Übertragung? - Diese Frage werfen Mediziner in der "FAZ" auf. © www.imago-images.de
Von Arno Orzessek · 21.04.2020
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Bislang hieß es, Kinder könnten zur Verbreitung des Coronavirus beitragen. Dies wird nun in der "FAZ" in Frage gestellt. Mediziner erklären, bisher sei wissenschaftlich nicht belegt, dass Erwachsene sich durch Kinder angesteckt hätten.
Ob es sich um einen absoluten Rekord handelt, darüber sagt die Tageszeitung DIE WELT in dem Artikel "Die Königin von TikTok" nichts. Aber wir schätzen: Neben der US-Amerikanerin Charli D'Amelio gibt es nicht viele 15-jährige Teenager, die in den sozialen Medien 50 Millionen Follower haben. Außerdem hat Charli ihren XL-Ruhm mit gerade einmal 15 Tanzclips à 15 Sekunden erbeutet, also in der Summe "nicht ganz vier Minuten", wie die WELT korrekt ausgerechnet hat. Sollten Sie – wie wir – nicht wissen, was auf dem chinesischen Videoportal TikTok generell so abgeht: Laura Sophia Jung erklärt es in der WELT flott und kompetent, ohne sich bei den TikTokern anzubiedern.

TikTok-Erklärung für Boomer

"Ein Clip ist bei TikTok in der Regel 15 Sekunden kurz. Die Dramaturgie der Videos: maximal eine Sekunde Exposition, meistens keine Komplikation, nur Höhepunkt. TikTok ist voller Slapstick wie aus besten Stummfilmzeiten, produziert meist von Digital Natives der Generation Z. Sie spezialisieren sich dabei oft auf einzelne Comedy-Genres. Zum Beispiel Action: Man filmt sich dabei, wie man sich möglichst spektakulär aufs Maul legt, aus einem fahrenden Auto springt, sich kopfüber in einer Mülltonne versenkt. Oder Pranks: Man spielt Streiche, die selbst Pumuckl zu primitiv wären. Die Königsdisziplinen von TikTok aber sind das Tanzen und Lipsyncen (für Boomer: das lippensynchrone Mitvokalisieren von Liedern) – gerne auch in Kombination. Und diese beiden beherrscht Charli D'Amelio quasi im Schlaf, in jedem Fall aber im Schlafanzug."
Bitte sehr, nun können Sie überlegen lächeln, wenn Sie jemanden treffen, der "TikTok" für die lautmalerische Nachahmung der Klopfgeräusche von Spechten hält. Sollte Ihnen indessen der Begriff "Boomer" fremd sein, sind Sie vermutlich selbst einer. Googeln Sie mal!

Über Sitzordnungen beim Vernissage-Dinner

Isabell Graw, die Herausgeberin der "Texte zur Kunst", wird es kaum auf 50 Millionen Follower bringen. Aber vielleicht lesen ja ein paar tausend Menschen ihr Buch "In einer anderen Welt. Notizen aus den Jahren 2014-2017", das im Mai im Verlag Hatje Cantz erscheint. Die TAGESZEITUNG bringt einen Vorabdruck. Unter dem Stichwort "Tischordnung" etwa erläutert Graw, was ihr bei den Abendessen im Anschluss an Galerie-Eröffnungen aufgefallen ist.
"Gestern, während eines solchen Dinners, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass es bei diesen Tischordnungen nicht nur darum geht, die Rangordnungen der Kunstwelt abzubilden und zu reproduzieren, sondern auch darum, überraschende Querverbindungen zu verhindern. Wenn zum Beispiel die schwerreiche Sammlerin exklusiv von der Galeristin betreut und abgeschirmt wird, dann kann erstere keinen Kontakt zu anderen Gästen aufnehmen, die sie eventuell auch beraten oder ihr etwas verkaufen könnten. Qua Tischordnung wird also im Grunde genommen ein protektionistisches System konserviert."
Dürften wir nur eins von beiden konsumieren, die TikTok-Clips von Charli D’Amelio oder Isabell Graws Notizen – unser Favorit wären nicht unbedingt die Notizen. Nun aber, Sie ahnen es, zum Virus!

Kein Corona bei Kinderkontakt?

"Öffnet die Kitas!", fordert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Die Mediziner Eckhart Nagel und Angelika Eggert werfen die Frage auf, "ob die immer wieder publizierte Annahme, Kinder spielten eine große Rolle bei der Verbreitung des Virus, richtig ist. Begründet wird dies mit dem Hinweis Kinder seien asymptomatische Träger, und niemand wisse bei persönlichem Kontakt, ob sie infiziert seien. Das verunsichert. Hierzu ist jedoch aktuell festzuhalten: Es gibt bislang keine valide wissenschaftliche Untersuchung, die bestätigt, dass Kinder Erwachsene infiziert hätten."
Oha! Falls diese Behauptung unwidersprochen bliebe, fiele ein weiterer Schatten auf das waltende Krisen-Management. Und die von der Kanzlerin verabscheute "Lockerungsdiskussionsorgie" würde wohl noch orgiastischer werden. Aber ob so oder so, eine Überschrift der TAZ rät allen, die sich gerade aufregen, zu einer "Kaffeepause vom Volkszorn".
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