Aus den Feuilletons - die fiktive Kulturpresseschau!

Neue Zielgruppen der CDU

06:26 Minuten
Rezo schaut freundlich lächelnd in Richtung des Betrachters.
Rezo als CDU-Generalsekretär - auf diese Weise könnte Merkel nach neuen Zielgruppen greifen steht in einem © Christoph Hardt / Future Images / imago-images
Von Klaus Pokatzky · 01.01.2020
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In unserer fiktiven Kulturpresseschau konstatiert die "Neue Zürcher Zeitung", dass Angela Merkel durchhalten und nochmal als Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf gehen wolle – an ihrer Seite werde bestimmt der neue CDU-Generalsekretär stehen: Rezo.
"Sie schafft das", lesen wir in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. "Sie hat alle Chancen, dass sie die längste Kanzler-Regierungszeit in der Geschichte der Bundesrepublik hinbekommt", prophezeit Susanne Hurk-Bart. Helmut Kohl hat es ja 16 Jahre und 26 Tage hinbekommen, niemand saß bisher so lange auf dem Kanzlerstuhl. Angela Merkel würde ihn am 19. Dezember 2021 überholen.

Fantastilliarden an der Bäckertheke

Davor liegen aber die Bundestagswahlen im kommenden Jahr 2021 - wenn die Große Koalition so lange durchhält. "Alle möglichen Polit-Querelen haben die Schwarzen und die Roten letztlich überstanden", stellt die Tageszeitung DIE WELT fest, "und nun könnte die Koalition also an der Kassenbon-Pflicht scheitern, an denen der sozialdemokratische Finanzminister Olaf Scholz unbeirrt und unbeirrbar festhält". Für ein paar Brötchen muss ja seit dem 1. Januar jeder Bäcker einen Kassenbon ausdrucken - ein SPD-Mittel gegen den Steuerbetrug. "Wie viele Bons werden da jedes Jahr ausgedruckt?", fragt DIE WELT. "Sind es nur Milliarden oder sind es Billionen? Dagobert Duck würde von Fantastilliarden reden", meint Claudia Bieler.
"Die Kanzlerin will aber durchhalten", so Susanne Hurk-Bart in der NEUEN ZÜRCHER, "und mit der Ernennung des YouTube-Stars Rezo zum CDU-Generalsekretär hat Angela Merkel die digitalen Generationen als Zielgruppen entdeckt. Und sie hat anschließend endlich klar gesagt, dass sie noch einmal als Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf gehen wird. Nach der Absage von Annegret Kramp-Karrenbauer erscheint das auch nur logisch."
Die Bundesverteidigungsministerin hatte ja nach einem Jahr im Amt erklärt, sie fühle sich so wohl mit und bei der Bundeswehr, dass sie Kanzlerin nur dann werden wolle, wenn sie zusätzlich Verteidigungsministerin bleiben könne. "Das klang schon sehr nach Konrad Adenauer", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Der war ja einst vier Jahre lang, von 1951 bis 1955, nicht nur Kanzler, sondern auch noch Außenminister", erinnert Franka Kaefer. "Aber diese Zeiten sind vorbei. Wie es heute auch wohl mehr als unwahrscheinlich ist, dass jemand mit 73 Jahren Bundeskanzler wird."

Senioren auf E-Rollern in der Philharmonie

Warum eigentlich, könnten wir da fragen - wo so viele alte Menschen heute fast so jugendlich wirken wie der neue CDU-Generalsekretär. "Die drei E-Roller, die im Foyer der Berliner Philharmonie ineinander gerast sind", steht in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "wurden von Konzertbesuchern und Konzertbesucherinnen gelenkt, die zusammen genommen 253 Jahre alt sind: von einer 83-Jährigen und zwei 85-Jährigen", hat Thorben Mantschek ausgerechnet.
"Es sei auch älteren Menschen sicherlich juveniles Herumrollen gegönnt – aber es sollte Orte geben, an denen das tabu ist." In der Tat haben ja nun zahlreiche Konzerthäuser, Theater und Museen mit geänderten Hausordnungen untersagt, dass in ihren Gebäuden mit Elektrorollern gefahren wird. "Aber mindestens so wichtig ist es, in unseren Städten endlich Regeln durchzusetzen, damit diese Fahrzeuge auf den Bürgersteigen so abgestellt werden, dass Fußgänger dort überhaupt noch herumlaufen können. Der Kampf gegen den Klimawandel könnte durchaus etwas sozialverträglicher gestaltet werden", verlangt die FRANKFURTER ALLGEMEINE.

Greta Thunberg als mögliche Ministerpräsidentin

Der Kampf gegen den Klimawandel befördert aber auch ungeahnte politische Karrieren. "Eine Siebzehnjährige als schwedische Ministerpräsidentin: Ist das wirklich vorstellbar?", fragt die Wochenzeitung DIE ZEIT – nachdem die neugegründete Klimapartei in Schweden Neuwahlen für den Reichstag in Stockholm durchgesetzt hat, unterstützt von mehreren altgedienten Parlamentsparteien.
"Und nun ist Greta Thunberg die Spitzenkandidatin der jugendlichen Klimapartei und reicht bei allen Meinungsumfragen fast an die absolute Mehrheit heran", schreibt Jan Radusewitsch in der ZEIT: "Das hat es noch nicht gegeben." Aber Vergleichbares durchaus! "Christina von Schweden wurde 1644 als Achtzehnjährige Königin", werfen die Monarchistischen Monatshefte einen Blick in die Vergangenheit. "Und bereits mit fünf Jahren trat sie nach dem Tod ihres Vaters Gustav II. Adolf die Regentschaft an", erinnert Dagobert von Knackstedt. "In dem Alter hat noch nicht einmal Greta Thunberg demonstriert."

Michelle Obama gewinnt die US-Wahlen

Auf jeden Fall hat es in einem anderen Land eine Frau an die Spitze der Politik geschafft. "Die erste Frau im Amt", jubelt die Tageszeitung TAZ, "die erste schwarze Frau im Amt; die erste Präsidentengattin, die Nach-Nachfolgerin ihres Mannes wird: Kann es Schöneres geben?", will Rieke Dunkler wissen – und kann noch kaum fassen, dass nicht Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen hat, sondern seine demokratische Herausforderin.
"Sie hat sich auf den letzten Drücker, erst zu Jahresbeginn im Januar, in die Kandidatenschlacht der Demokraten begeben. Sie hat haushoch alle anderen beiseite gefegt", so Rieke Dunkler über einen der spannendsten Präsidentschaftswahlkämpfe aller Zeiten. "Und am Ende hat sie die Herzen von Millionen mehr Amerikanern und mehr Wahlmänner gewonnen als ihr trumpiger Vorgänger, der nun Geschichte ist. Congratulations, Mrs. President."
Glückwunsch Michelle Obama!
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