Aus den Feuilletons

Das Geflenne jammernder Rechter

Aktivisten demonstrieren in Santa Ana (Kalifornien, USA) gegen die geplante Abschaffung des unter Obama eingeführten Programms «Deferred Action for Childhood Arrivals» (DACA).
Donald Trump knüpft mit seiner Einreisepolitik an alte Zeiten an. © dpa-Bildfunk / Zuma Wire / Kevin Warn
Von Tobias Wenzel · 30.01.2018
Können sich Norweger besser "assimilieren" als Nigerianer? Davon ist Donald Trump offenbar überzeugt. Über die Geschichte der rassistischen Einwanderungsgesetze der USA denkt Alan Posener in der WELT nach. Carolina Schwarz entdeckt in der taz den Rassismus in frühen TKKG Kinderkassetten.
"Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das alles kroch." Dass Alan Posener im Feuilleton-Aufmacher der WELT Brecht, wenn auch leicht abgewandelt, zitiert und sorgenvoll in die Zukunft blickt, hat mit der Lektüre eines Sachbuchs von James Q. Whitman zu tun: "Hitlers amerikanisches Vorbild. Wie die USA die Rassengesetze der Nationalsozialisten inspirierten".
"Hatte der Kongress 1790 die USA zum Einwanderungsland für alle ‚freien Weißen‘ erklärt, was ja schon rassistisch war, so wurden ab 1870 explizite Einreiseverbote für Chinesen und andere Asiaten verfügt", schreibt Posener.
"Das Einwanderungsgesetz von 1924 schließlich bevorzugte auch ‚die nordischen Rassen Nord- und Westeuropas‘ gegenüber den ‚unerwünschten Rassen Ost- und Südeuropas‘." Das wiederum faszinierte die Nationalsozialisten: "Wie der bedeutende nationalsozialistische Staatsrechtler Otto Koellreutter feststellte, sei den USA klar geworden, ‚dass durchaus nicht alle Einwanderer im gleichen Maße in die ursprünglich angelsächsische Bevölkerung einschmelzbar sind.‘"

Heute heißt es "Assimilation" statt "Einschmelzung"

So habe ein Sprecher Trumps nicht dementiert, dass der Präsident Länder aus Afrika und der Karibik als "Dreckslöcher" bezeichnet hat. Vielmehr habe der Sprecher erklärt, Trump wolle nur die USA "stärker machen" und diejenigen willkommen heißen, die sich "assimilieren können". "Was", so der Kommentar von Alan Posener, "Norweger anscheinend besser können als Nigerianer".
Es habe zwar einen starken Rassismus in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gegeben, allerdings seien die USA nicht faschistisch gewesen. Unter anderem habe es ihnen an der effizienten Bürokratie gefehlt, mit der die Nationalsozialisten ihre Rassenpolitik umsetzten. Aus demselben Grund sei Trump Rassist, aber eben kein Nazi. "Ob das für Europa gilt, ist nicht so sicher", schreibt Posener, und spätestens da weiß der Leser, warum der Autor zuvor Brecht zitiert hat.

"Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das alles kroch"


Das Nachdenken über Rassismus zieht sich durch die Feuilletons vom Mittwoch: "Genauso hirnrissig wie der Rassenwahn ist freilich das aktuelle Geflenne jammernder Rechter ums deutsche Sozialsystem und seine Bedrohtheit durch Fremde", schreibt Dietmar Dath in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Im Karl-Marx-Jahr möchte Dath nämlich eines klarstellen: "Als Kummerkasten für Verlierer war das, was heute gegen den Willen des Erfinders schlankweg ‚Marxismus‘ heißt, nicht eine Minute lang gedacht."
Marx habe von der "Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Produktivkräfte etc. der Individuen" geträumt, aber nicht von hohlem Nationalismus. In den Worten von Dietmar Dath: "Selbst in seinen schwärzesten Stunden, in denen er anstelle der Überwindung der zerrissenen Gesellschaft den ‚gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen‘ befürchtete, hat er sich nicht den berühmten Bart auswringen müssen, um etwa sentimental vergossene Tränen übers Elend der bösen Welt loszuwerden."

Auch TKKG war rassistisch

Zum Schluss müssen Sie, liebe Hörer, falls Sie in Ihrer Kindheit gewisse Hörkassetten konsumiert haben, sehr tapfer sein: TKKG war rassistisch. Dass, wie Carolina Schwarz in der TAZ durch den vergleichenden Abdruck von TKKG-Logos belegt, Tarzan, der später Tim hieß, im Laufe der Jahre eine immer weißere Hautfarbe bekommen hat, ist schon verstörend genug. Auch sein Menschenbild sei, jedenfalls in den frühen Kassetten, weiß:
"Seine liebste Ermittlungsmethode war jahrelang Racial Profiling. Jemand sprach mit osteuropäischem Akzent oder war schwarz? Das musste der Verbrecher sein."
Tarzan beziehungsweise Tim war also ganz schön Trump.
Das Logo der Kinder-Hörspielserie TKKG
Das Logo der Kinder-Hörspielserie TKKG © dpa / EUROPA-Verlag