Aus den Feuilletons

"Breaking News" stößt auf Unverständnis

Der Bestsellerautor Frank Schätzing im Januar 2012 auf einer Pressekonferenz
Frank Schätzing kommt bei den Rezensenten dieses Mal nicht an. © picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen
Von Gregor Sander · 05.03.2014
Die "Welt" und die "Süddeutsche" haben ihre Schwierigkeiten mit "Breaking News" von Frank Schätzing. Die "Berliner Zeitung" gedenkt dem Theaterregisseur Fritz Marquardt und in der "Zeit" fordert Schriftsteller Eugen Ruge Verständnis für Russland.
Während in den Feuilletons noch immer darüber gestritten wird, ob deutsche Schriftsteller denn nun genug erlebt haben, um einen Roman schreiben zu dürfen, treffen sich die Autoren selbst zu Therapiesitzung. Jochen Schmidt, David Wagner, Nora Bossong, Monika Rinck und Tilman Rammstedtmussten in Berlinaus alten Kladden und vergilbten Zettelsammlungen lesen, wie Tobias Lehmkuhl in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet. Mutig lasen die fünf, was sie als Kinder aufgeschrieben hatten.
"Anders als zu befürchten war, wurde dieser Abend keiner des Fremdschämens. Nicht "Jugendsünden" und mithin pubertäres Suhlen in den eigenen Gefühlen wurden präsentiert, sondern Texte, die vom Witz und Einfallsreichtum der Kindheit zeugten."
Und - das mag vielleicht sogar Maxim Biller beruhigen - es ging auch um pure Existenznot und Gewalt, wie die Aufzeichnungen der Mutter von Jochen Schmidt beweisen:
"Die versohlte ihm einst so energisch den Hintern, dass man das Klatschen noch im Nachbarhaus hören konnte. Jochen immerhin, und auch das hielt sie fest, offensichtlich genauso schreibwütig wie ihr Sohn es einst werden würde, Jochen rief unbeeindruckt: "Und die wabbelige Hand soll weh tun?"
Am Donnerstag erscheint das neue Buch von Frank Schätzing. Vor zehn Jahren gelang ihm mit dem Roman "Der Schwarm" ein Welterfolg. In "Breaking News" wagt er sich nun an ein heikles Thema: Den Israel-Palästina-Konflikt. Was Hannes Stein in der WELT wenigstens ansatzweise gefällt:
"Zumindest eine der Grundideen von "Breaking News" ist pfiffig. Sie besteht darin, dass die Hauptfigur - ein deutscher Kriegsreporter mit dem schönen Namen Hagen - aus purer Not (er muss seiner Redaktion in Hamburg ganz dringend eine Story verkaufen) ein politisches Komplott erfindet, das sich dann, oh Schreck, plötzlich als wahr erweist."
Gerhard Matzig stellt in der SZ die für ihn entscheidende Frage: Würde es Frank Schätzing jetzt gelingen, den "Schwarm" zu toppen? Er beantwortet sie gleich selbst:
"Auflagentechnisch: ja. 500.000 Exemplare hat der Verlag Kiepenheuer&Witsch zum Auftakt drucken lassen. Inhaltlich: nein. "Breaking News" reicht nicht an die Schwarmstärken heran. Aber es ist deshalb kein schlechtes Buch."
Ebenfalls in der SZ gedenkt Christine Dössel des verstorbenen Theaterregisseurs Fritz Marquardt:
"Er gehörte zu jenen Künstlern, die flammend, zornig und unbeugsam für ihre Sache kämpfen, ungeachtet aller Trends und Moden. Fritz Marquardt, einer der Großen des DDR-Theaters, war ein Dickschädel (und notorischer Baskenmützenträger), ein Unangepasster, ein politischer Quengler und Querdenker, seine Domäne das politische Zeittheater."
In der BERLINER ZEITUNG fügt Wolfgang Behrens hinzu:
"So sehr Marquardt die Dinge, von denen sein Theater handelte, am eigenen Leib erfahren hat, sowenig interessierte ihn, sie naturalistisch abzubilden. Heiner Müller schrieb, er gehe "mit seinen Schauspielern um wie ein Bildhauer mit seinem Material, Gips, Stein oder Bronze."
In der Wochenzeitung DIE ZEIT stellt sich der Schriftsteller Eugen Ruge gegen den Mainstream und fordert: "Verständnis für Russland, bitte!" Ruge begründet das unter anderem so:
"Die Bevölkerung der Krim besteht zu 58 Prozent aus Russen. Einer der ersten Pläne der neuen - nicht gewählten - ukrainischen Regierung war, Russisch als zweite Amtssprache abzuschaffen. Ist es wirklich unvorstellbar, dass die Bevölkerung der Krim dies mehrheitlich als feindlichen Akt ansieht?"
Und so hinterfragt Ruge die Argumente des Westens, um dann abschließend festzustellen:
"Eine Neuauflage des Kalten Krieges, in der eine in die Defensive geratene Großmacht, die noch immer die Fähigkeit hat, den Planeten zu vernichten, eine Hauptrolle spielt, wäre ein Szenario, das man - mein Rat - lieber nicht durchspielen sollte. Das heißt nicht, dass die Russen tun dürfen, was sie wollen. Aber es heißt auch nicht, dass der Westen tun darf, was er will. Man muss ja nicht gleich den Drohnenkrieg einstellen."