Aus den Feuilletons

Bild und taz, Arm in Arm

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Ein großes Logo der BILD-Zeitung auf einem Zeitungsautomaten am Kölner Neumarkt.
Die Bild-Zeitung hat auflagentechnisch bereits bessere Tage gesehen - aber vielleicht hilft ja nun die taz, die das Blatt gegen ungelenke Satire verteidigt. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
Von Gregor Sander · 06.08.2019
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Medien beschäftigen sich des Öfteren auch mit sich selbst. Im aktuellen Fall kommt es zu einer interessanten und eher seltenen Allianz: Die taz nimmt die Bild in Schutz. Warum, verrät Gregor Sander in unserer Kulturpresseschau.
Unter der Überschrift "Die Unerschütterliche" trauert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG um Toni Morrison.
"Hier schrieb keine schwarze Schriftstellerin für schwarze Leser über schwarze Menschen. Hier schrieb eine Seelenforscherin und Menschenrechtsanwältin über das menschliche Leiden und die Größe, daran nicht zu zerbrechen", urteilt Jonathan Fischer - und Paul Ingendaay fügt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG hinzu: "Toni Morrison, die bedeutende Romanautorin und scharfsinnige Theoretikerin des Verhältnisses von Schwarz und Weiß, hat niemanden in ihrer langen Karriere preiswert bebotschaftet, sondern viele sehen gemacht. Und sie hat vor mögliche Erkenntnis die Anforderung der ästhetischen Form gesetzt. Ihre Bücher sind vielstimmige Epen, mal auf breiter Leinwand gemalt, dann wieder von größter Intimität."
Für Wieland Freund von der Tageszeitung DIE WELT war die 1931 in Lorain (Ohio) unter dem Namen Chloe Ardelia Wofford geborene Morrison aber nicht nur eine bedeutende literarische Stimme, sondern auch eine hellsichtige Kommentatorin der Tagespolitik.
Donald Trumps Wahl "hat sie in einem Essay im 'New Yorker' kommentiert. In 'Mourning for Whiteness' – Trauern ums Weißsein – hat sie bereits im November 2016 beklagt, worüber nun die ganze Welt diskutiert: die Ideologie der White Supremacy."

Die Grenzen der "weißen Vorherrschaft"

Dass diese "weiße Vorherrschaft" in der amerikanischen Politik aber durchaus auch Grenzen hat, erklärt Max Hollein, Direktor des Metropolitan Museum in New York. Denn der lange Arm des mächtigen amerikanischen Präsidenten reicht nicht bis ins Museum:
"Trotz Donald Trumps Präsidentschaft haben Sie in den Vereinigten Staaten keinerlei politischen Einfluss auf das kulturelle Geschehen", so Hollein, der auch schon die Schirn Kunsthalle in Frankfurt leitete, im Interview mit der SZ. Außerdem erklärt er, dass er das System der privaten Sponsoren an amerikanischen Museen dem staatlichen in Europa vorzieht:
"Da muss ich sagen, dass der Einfluss hier deutlich geringer ist als in Europa. Wenn, sagen wir, damals nicht Emmanuel Macron die Wahl in Frankreich gewonnen hätte, sondern Marine Le Pen: Das hätte vermutlich direkte Auswirkungen gehabt auf die Besetzung des Centre Pompidou, des Louvre oder des Musée d’Orsay."

Die entscheidenden Anführungszeichen

Worüber sich der Springer-Chef auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch ärgert, erzählt Michael Hanfeld in der FAZ: "Dass die Springer-Zeitungen vom 2. August 1989 an 'DDR' nicht mehr in Anführungszeichen schrieben, darüber kann sich der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner bis heute aufregen. Ein historischer Fehler, 'eine opportunistische Peinlichkeit' sei dies gewesen", so Döpfner und weiter: "Eine Torheit kurz vor Toresschluss (der DDR), die zeige, dass es 'immer falsch' sei, 'das Richtige zu leugnen' – also die Unrechtmäßigkeit des Ost-Berliner Regimes zu markieren und für die deutsche Einheit einzutreten."

BILD und TAZ Hand in Hand

Ob die Gänsefüßchen um die DDR herum dabei wirklich geholfen hätten, darf bezweifelt werden. Dass die BILD-Zeitung ausgerechnet von der TAZ in Schutz genommen wird, wenn auch bei einem ganz anderen Thema, soll hier nicht unerwähnt bleiben:
"Die NDR-Satire-Sendung 'Extra 3' hat ein Lied veröffentlicht, das dazu aufruft, die Bild-Zeitung nicht mehr zu lesen. 'Jetzt ist hier Hetz-Bube wieder Trumpf und der BILD-Krawallchef Reichelt mags gern stumpf', holpert es über die Melodie von 'Help' von den Beatles", schreibt Alexander Nabert und bezeichnet diese Form der Kritik als platt und stumpf: "Zumal die BILD-Zeitung aktuell gar nichts verbrochen hat. Im Gegenteil. Der Reporter Til Biermann berichtet seit mehr als zwei Wochen vom Seenotrettungsschiff 'Alan Kurdi'".
Und bekommt dafür reichlich Hetzkommentare der eigenen Leser. Der TAZ-Kollege kommt daher zu folgendem Schluss: "Wenn die BILD anständig und aufrichtig die Hetze gegen Geflüchtete verurteilt, ist das nicht der richtige Aufhänger für Springer-Bashing."
Und wenn sich BILD und TAZ mal so in den Armen liegen, wollen wir hier auch nicht weiter stören.
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