Aus den Feuilletons

Betrüger überall!

04:08 Minuten
Das Bild zeigt eine Zeichnung, in der ein Mann sich eine Maske vor das Gesicht hält.
Ein Betrüger zeigt selten sein wahres Gesicht. © imago stock&people
Von Hans von Trotha · 21.02.2019
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Die Feuilletons beschäftigen sich mit dem Claas Relotius der SZ: Ein Autor soll seine Texte für das Magazin der Süddeutschen Zeitung teilweise erfunden haben. Außerdem im Fokus: der "Putinismus" und Mauscheleien bei der Vergabe der Fußball-EM 2024.
In der FAZ analysiert Kerstin Holm Aspekte des "Putinismus". Sie schreibt: "Die gesetzgeberischen Angriffe auf die Freiheit des russischen Internets haben durchaus ihr Gutes, findet der oppositionelle Publizist und Netzaktivist Fjodor Krascheninnikow: nämlich, dass die russischen Machthaber ehrlich offenbarten, wie sie zur Gesellschaft stehen."
Neue Gesetzesvorhaben "zeigten, dass die 'fettglänzende Funktionärsvertikale', wie Krascheninnikow die Machtelite nennt, klar begreife, dass sie auf die Loyalität der Bevölkerungsmehrheit nicht mehr rechnen könne."

Putinismus und der Sport

Fortsetzung folgt auf dem Fuß in der TAZ (oder lesen Sie etwa erst die taz und dann die FAZ?). Unter dem Titel "Verbrecher unter sich" meint dort Andreas Rüttenauer: "Manchmal scheint es einem die Welt (gemeint ist in diesem Fall nicht die Zeitung, sondern das runde Ding, nach dem diese sich benannt hat) ganz einfach zu machen. "Schau mal", sagt sie dann (gemeint ist immer noch die Welt), "der Putin hat dem Infantino einen Orden verliehen." Und man selbst braucht nur abzuwinken und sagen: "Das passt."
Da hört man schon das taz-typische "aber" trappsen. "Aber" entfaltet es sich, "Sportfunktionäre, die Herrscher über ein bewährtes System von Korruption sind, werden nicht nur im finsteren Russland hofiert."

Steuerbefreiung für Uefa

Na, wo denn dann wohl sonst noch? "Im Sommer 2024", so Andreas Rüttenauer, "findet die Fußball-EM in" – na wo wohl: "Deutschland statt".
Bewerben, so Rüttenauer weiter, "konnten sich die Deutschen nur, weil sie garantiert haben, dass in Stadionnähe nicht demonstriert werden darf, dass es Zonen gibt, in (denen) die Geschäftsinteressen der Europäischen Fußballunion Uefa Vorrang vor anderen Geschäften haben. Und als besonderes Schmankerl hat die Bundesregierung der Uefa Steuerbefreiung für die Zeit des Turniers zugesichert. Wenn Uefa-Präsident Aleksander Čeferin nach dem Turnier ein Bundesverdienstirgendwas ans Revers geheftet würde, müsste man sich gewiss nicht wundern", meint Rüttenauer.
"Und sollte die Bundesregierung nicht von alleine auf die Idee kommen, den Uefa-Chef auszuzeichnen, hat sie gewiss ein offenes Ohr, wenn dieser einen Orden bei ihr bestellt. So", so die taz, "soll es Sepp Blatter auch gemacht haben. Der hatte schon 2005 ans Kanzleramt geschrieben, er erwarte eine Auszeichnung. Gefragt, getan."

Der Relotius der SZ

In derselben TAZ kommentiert Dominik Bauer den brandaktuellen Fall einer zurückgezogenen Geschichte des SÜDDEUTSCHE MAGAZINS. Bauer meint: "Es erinnert auf den ersten Blick schon alles sehr an den Fall des Spiegel-Reporters Claas Relotius." Und: "Eine Berichterstattung in eigener Sache gibt es bislang nicht."
Das nun wiederum stimmt nicht – und kann nur glauben, wer die taz vor der Süddeutschen liest. Da nämlich steht es groß auf der Medienseite: "In eigener Sache. SZ-Magazin deckt Täuschungsversuch auf."
"Der betreffende Text wurde nicht veröffentlicht", heißt es da. (Die taz meint übrigens zu wissen, es habe sich "um ein Stück über Beziehungen" gehandelt.)
"Der Redaktion", so nun wieder die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, "waren die Unstimmigkeiten rechtzeitig aufgefallen." Die Zusammenarbeit mit dem Journalisten sei sofort eingestellt worden. "Auch bei anderen großen Medien werden Texte des von der SZ gekündigten Autors geprüft", heißt es weiter, "für Zeit und Spiegel hatte er in den vergangenen Jahren in deutlich größerem Umfang geschrieben."
Derzeit, steht da noch, suche man das Gespräch mit dem Autor.

Lindenberg läuft außer Konkurrenz

Da lohnt sich für die Süddeutsche-Herausgeber die Lektüre des eigenen Feuilletons, in dem der Kulturphilosoph Ulrich Johannes Schneider daran erinnert, dass Michel Foucault vor genau 50 Jahren seinen berühmten Vortrag "Was ist ein Autor?" gehalten hat. "Darin", so Schneider, "erklärt (Foucault) den Autor als von denen produziert, die über Literatur sprechen."
Werden entsprechend Sänger von denen produziert, die über Musik sprechen? Oder doch eher dadurch, dass sie über sich selbst sprechen? Zumindest für einen scheint Letzteres zu gelten: für Udo Lindenberg, der anlässlich der Tatsache, dass er Ehrengast der "Trällerparade" (Selbstzitat Süddeutsche Zeitung) namens Eurovision Song Contest ist, ebenjener Süddeutschen in den Block diktierte: "Ich laufe außer Konkurrenz." Und nachschob: "Immer schon."
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