Aus den Feuilletons

Autos zählen als Bürgerintiative

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Hunderte geparkte Autos stehen auf einem Autoterminal in Bremerhaven
Mit einer Auto-Zählaktion will eine Bürgerintiative in Berlin auf die Verstopfung der Städte aufmerksam machen. (Symbolbild) © picture alliance /dpa / Ingo Wagner
Von Gregor Sander · 13.12.2019
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Die "TAZ" berichtet über eine Bürgerinitiative in Berlin, die Autos zählt. Bisher wisse niemand, wieviel Platz geparkte Fahrzeuge verbrauchen. Eine Antwort darauf könnte eine Diskussionsgrundlage sein, um die Flächen sinnvoller zu nutzen.
Der Schriftsteller Ernst-Wilhelm Händler hat sich für die Tageszeitung DIE WELT durch 41 Romane des literarischen Herbstes gelesen. Die Überschrift: "Sammelklage", lässt schon nichts Gutes erahnen und die ersten Sätze von Händlers Rundumschlag verstärken diese Ahnung.
"Die Zeit der Großautoren ist vorbei, deren Neuerscheinungen habituell den Diskurs des Bücherherbstes dominierten. Thomas Bernhard und Günter Grass leben nicht mehr, Bücher ihrer Zeitgenossen Hans Magnus Enzensberger, Peter Handke oder Martin Walser werden als literarische Diskussionsbeiträge wie andere Bücher auch behandelt."
Das klingt doch sehr nach "Früher war alles besser" und dieses Lied wird ja beispielsweise auch in der Politik gesungen, wo knarzigen Kollegen wie Herbert Wehner oder Franz-Josef Strauß heiße Tränen nachgeweint werden. Der WELT-Autor beklagt nach seinem Ritt durch die Seiten der 41 Herbstromane von Karen Köhler über Miku Sophie Kühmel bis zu Norbert Scheuer Folgendes:
"Der Bücherherbst vermittelt den Eindruck, dass sich die klassische deutsche Subjektivität unter das Dach der Kategorien Problem-Roman, historischer Roman und Dystopie geflüchtet hat. Die Autoren und Autorinnen respektieren die Grenzen der Kategorien, um innerhalb dieser Grenzen ihre Subjektivität umso extensiver zu entfalten."
Vielleicht liegt das ja daran, dass sie keinen Sex haben oder wenn dann schlechten.

Scheitern am Schreiben von Sexszenen

Natürlich nicht die Autorinnen und Autoren, denn das weiß nicht einmal das Feuilleton, sondern deren literarische Figuren. Rainer Moritz hat aus dieser Frage eine persönliche Obsession entwickelt, wie er in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG erklärt:
"Seit Jahren beschäftige ich mich damit – man hat ja sonst kaum Hobbys – Sexstellen aus der Gegenwartsliteratur zu sammeln. Das ist eine Heidenarbeit, deren Resultate erschüttern. Denn selbst die klügsten, renommiertesten Autoren scheitern an dieser Aufgabe und bringen selten mehr als Gruseliges oder unfreiwillig Komisches zustande", so Moritz, der dann seine These mit selbstgesuchten Beispielen garniert.
Früher war da übrigens auch nichts besser: "Allenfalls bei Arno Schmidt oder Günter Grass (in ‚Katz und Maus‘ etwa) stößt man auf die eine oder andere Kühnheit", stöhnt Moritz und befürchtet baldige literarische Impotenz, die für ihn aber auch etwas Gutes hat: "Denn wo kein Sex mehr ist, werden auch die peinlich missglückten Beschreibungen von Sex rapide abnehmen."

Wieviel Platz verbrauchen stehende Autos in der Stadt?

Aber worüber redet man stattdessen? Vielleicht darüber, wieviel Raum unsere am Straßenrand geparkten Autos einnehmen. Das weiß nämlich keiner so richtig, und deshalb findet sich am Sonnabend eine Bürgerinitiative in Berlin im Prenzlauer Berg zusammen, um wenigstens dort mal die geparkten Autos zu zählen. Natalie Pavlovic erklärt in der TAZ die Beweggründe:
"Natürlich geht es auch um ein Signal: Wenn wir zum Beispiel herausfinden, dass die Quadratmeterzahl aller Berliner Straßenparkplätze der vier- oder fünffachen Fläche des Tempelhofer Feldes entspricht – was eine Spekulation ist –, dann lassen sich damit Debatten anstoßen", so Pavlovic.
Klar, man könnte den Raum dann für Busspuren oder Fahrradwege nutzen, aber eine noch schönere Idee wäre es doch, sie der Kunst zur Verfügung zu stellen. Parkplätze zu Street Art - gewissermaßen.

Kritik am Kunsttourismus

Wobei Eike Schmidt, der deutsche Direktor der Uffizien in Florenz, den Kunsttourismus eher eindämmen möchte, wie er dem Wochenmagazin DER SPIEGEL verraten hat:
"Wenn Touristen nur für einen Tag nach Venedig oder Florenz kommen, dann nehmen die inhaltlich kaum etwas mit, das bringt auch für den kulturellen Austausch nichts."
Früher blieben also zumindest die kunstinteressierten Touristen länger, immerhin das können wir hier als Fakt festhalten und möchten so zum Abschluss nur noch die bekloppteste Überschrift küren.
DIE SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bietet: "Muhe in Frieden",
und der Berliner TAGESSPIEGEL hält mit: "Ein Herz und eine Kehle", dagegen.
Aber bitte entscheiden Sie doch selbst!
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