Aus den Feuilletons

"Antisemitismus gehört zum Weltkulturerbe"

Davidstern am Eingang des Jüdischen Friedhofs in Bocklemünd. Köln, 11.05.2018 *** Star of David at the entrance of the Jewish cemetery in Bocklemünd Cologne 11 05 2018 Foto:xC.xHardtx/xFuturexImage
Davidstern am Eingang des Jüdischen Friedhofs in Köln-Bocklemünd. © imago stock&people
Von Arno Orzessek · 10.10.2018
Zwei prominente Juden äußern sich zum Antisemitismus: Henryk M. Broder glaubt in der "Welt" nicht daran, dass der Hass auf Juden jemals verschwindet, und Marina Weisband traut in der "taz" der AfD auch dann nicht, wenn dort Juden mitmachen.
Heute verlassen wir uns darauf, dass der Volksmund nicht irrt, wenn er behauptet: In der Kürze liegt die Würze. Denn anders als durch viele kurze Zitate kommen wir der Menge der Artikel nicht bei, mit denen wir Sie gern behelligen möchten.
Und schon geht es los - mit einem "Porno reinsten Wassers". So bezeichnet Ijoma Mangold in der Wochenzeitung DIE ZEIT den Roman "Weltpuff Berlin" aus dem Nachlass des Dichters Rudolf Borchardt. "Die Verbindung aus Dauervögelei und Sprachmächtigkeit hat sowohl etwas Groteskes wie Faszinierendes. Aber ein Autor der sich rühmt, sechs Mal hintereinander kommen zu können - was für ein Projekt hat der eigentlich am Start?", grübelt Ijoma Mangold in der ZEIT.

Rückblick auf ein Jahr #MeToo

Vom Verkehr mit Donald Trump hat die Pornodarstellerin Stormy Daniels indessen keine genitalen Höchstleistungen in Erinnerung behalten, im Gegenteil. In ihrem Buch "Full Disclosure", das die Tageszeitung DIE WELT begeistert rezensiert, berichtet Daniels laut Hannes Stein über ein desolates Ereignis von "zwei, höchstens drei Minuten": "'Es war der am wenigsten eindrucksvolle Sex, den ich je hatte.'" - Nimm das, Donald Trump! - würden wir an dieser Stelle sagen, wenn solche Redeweise nicht selbst unter Machismo-Verdacht gestellt werden könnte.
Denn merke: "Es ist Krieg". Unter dieser Überschrift schreibt Eva Illouz in der ZEIT über ein Jahr #MeToo. Die Soziologin stellt fest, dass der erfolgreichste Aspekt der Bewegung zugleich der sei, der am meisten beunruhigt. "#MeToo ermöglichte es, dass Frauen gehört, als glaubwürdig empfunden und ernst genommen wurden. Die sozialen Medien aber neigen dazu, Straftaten, anzügliches Verhalten und Trivialitäten zu vermengen und damit die moralische Stärke der Bewegung zu gefährden und sie zu einer Roten Garde der Reinheit à la Mao Zedong zu machen." Eva Illouz in der ZEIT. Damit genug davon.

Der Antisemitismus ist nicht aus der Welt zu schaffen

"Die Schonzeit für Juden ist schon längst vorbei", titelt die WELT, in der Henryk M. Broder 32 Jahre nach dem Erscheinen seines Buches "Der ewige Antisemit" feststellt: "Ich habe untertrieben. Der Antisemitismus gehört zum Weltkulturerbe. Er ist das, was Juden und Judenhasser verbindet. Ein tiefes und nachhaltiges Gefühl. Anzunehmen oder auch nur zu hoffen, man könnte ihn aus der Welt schaffen, ist Ausdruck eines modernen Aberglaubens, der auch dem Klima vorschreiben möchte, wie es sich entwickeln soll."
"Ich habe Schiss vor Chemnitz", bekennt in der TAGESZEITUNG die Jüdin Marina Weisband, ehemals Geschäftsführerin der Piratenpartei und neuerdings Mitglied bei den Grünen. Von der These, die AfD könnte allmählich bürgerlicher werden, hält Weisband gar nichts. "Bisher driftet die AfD immer weiter nach rechts, sie radikalisiert sich. Jetzt hetzt die AfD gegen Muslime. Aber wenn sie an der Macht und mit den Muslimen fertig wäre, dann kämen wir dran. Da mache ich mir keine Illusionen, auch wenn es nun sogar eine Gruppe 'Juden in der AfD' gibt." Marina Weisband im Gespräch mit der TAZ.

"Hitler light" bei Alexander Gauland?

Klären wir nun, ob der AfD-Chef Alexander Gauland den Lesern seines FAZ-Gastkommentars vor einigen Tage "Hitler light" untergejubelt hat, wie der Historiker Michael Wolffsohn behauptet. Klaus Hillenbrand bemüht sich in der TAZ um Differenzierung: "Die AfD ist keine Nazi-Partei, und Alexander Gauland ist schon gar nicht ein Adolf Hitler. Weder plant die AfD eine 'Machtergreifung', noch will sie alle anderen Parteien verbieten oder Konzentrationslager einrichten. Aber ja, diese Partei will eine andere Gesellschaft und einen anderen Staat. Ihre ideologische Grundausstattung ähnelt in vielen Bereichen völkischen Versatzstücken aus den Tagen der NSDAP. Das aber macht die Angelegenheit umso gefährlicher - denn wer würde heutzutage schon einen Adolf Hitler wählen?" fragt Klaus Hillenbrand in der TAZ.
Falls Sie uns fragen, ob wir jetzt noch weitere Themen anschneiden, antworten wir Ihnen mit einer Überschrift aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Sie lautet: "Nein."
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