Aus den Feuilletons

Abschied vom musikalischen Multi-Talent

04:21 Minuten
Der Dirigent, Pianist und Komponist André Previn.
Der amerikanische Dirigent, Pianist und Komponist André Previn. © picture-alliance / dpa
Von Klaus Pokatzky · 01.03.2019
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Er gewann vier Oscars für seine Musik und kehrte Hollywood dennoch den Rücken: Um sich der klassischen Musik widmen zu können. Die Feuilletons verabschieden André Previn - Komponist, Musiker, Dirigent. "Er war gut in allem, was er anpackte", so der "Tagesspiegel".
"Reden Sie mit Ihren Pflanzen?", fragt die Tageszeitung TAZ. "Ja", antwortet Jules Villbrandt. "Ich sage zum Beispiel: 'So, meine Lieben, dann gießen wir euch mal.' Das hilft nicht unbedingt den Pflanzen, aber mir, um eine Bindung aufzubauen", gibt uns die leidenschaftliche Zimmerpflanzenpflegerin die nötigen Tipps für deutsche Wohnungen. Nicht zu vergessen: "Niemals Bananen pflanzen. Damit wird man nur unglücklich. Bananen gehören in die Tropen und sollen da auch bleiben. Hier gehen die nur ein."

Der Sinn geistiger Leere

Also alles in Maßen bitte. "Der Stachel der Leere wächst inmitten der Fülle", gibt uns die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG die nächsten Ratschläge – aber nicht zum Züchten von Kakteen, sondern als Hohelied auf die stachelige Leere. "Man darf die geistige Leere nicht unterschätzen", meint Paul Jandl. "Aus dem Grund des Bewusstseins steigen Blasen auf, die häufig nichts weiter sind als Blasen, im besseren Fall aber zu Gedanken werden. Nicht ohne Grund ist dieser Zustand gehobener Langeweile unter Intellektuellen und Künstlern recht beliebt."

Haarschneideverbot in Bayern

Damit aber lieber ins richtige Leben. "Von Aschermittwoch an gilt ein Barterlass." Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG gibt uns Einblicke, was den Menschen im bayerischen Oberammergau abverlangt wird, wenn sie beim legendären biblischen Theaterstück auf die Bühne wollen.
"Vom kommenden Mittwoch an dürfen sich die Männer, Frauen und Kinder des Ortes ihre Haare nicht mehr schneiden, wenn sie im kommenden Jahr beim weltberühmten Passionsspiel mitwirken wollen", schreibt Rudolf Neumaier. "Als einzige Dorfbewohner sind die Atemschutzträger der Freiwilligen Feuerwehr vom Haarzwang befreit." Denn: "Sie müssen sich rasieren, damit die Atemschutzmaske dicht bleibt."

Trauer um André Previn

Von einem großen Künstler müssen wir Abschied nehmen, der sich mit den bodenständigen Bartträgern in den Alpen sicherlich bestens verstanden hätte. "Er war gut in allem, was er anpackte", lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL, "war immer ein angenehmer Zeitgenosse, kein Beau, aber ein Mann mit Charme, der Spaß haben will beim Musizieren". So würdigt Frederik Hanssen den Pianisten, Dirigenten und Komponisten André Previn, der im Alter von 89 Jahren in New York verstorben ist: "ein musikalisches Unikum", so die Tageszeitung DIE WELT. "Der einzige, der den tiefen Rubikon nachhaltig übersprungen hat, der zwischen der Klassik und der populären Musik klafft", wie Manuel Brug hervorhebt. "Und er tat das als Glückskind gleich mehrfach, elegant, tänzerisch, traumsicher und sehr begabt."

Ein musikalisches Ausnahmetalent

Als Andreas Ludwig Priwin am 6. April 1929 in Berlin geboren, floh er mit seiner jüdischen Familie – erst nach Paris und dann in die USA. "Er wurde Orchestrierer, Arrangeur und Dirigent von Filmmusiken für die hervorragenden Studioorchester in Hollywood", erinnert DIE WELT: "Mit 15 gab er ein Jazzkonzert im Saal des Los Angeles Philharmonic." Später wurde er Chefdirigent beim London Symphony Orchestra und beim Pittsburgh Symphony Orchestra. "Unter ihm klangen Orchester nie dick, klumpig oder gar unrhythmisch, sondern eher ‚Mendelssohnsch‘ federnd und klar", meint Harald Eggebrecht in der SÜDDEUTSCHEN.
"In Jazz, Pop oder der Filmmusik fühlte sich Previn genauso heimisch wie in der Klassik", heißt es in der NEUEN ZÜRCHER: "Das gab ihm die Fähigkeit, Grenzen zu überwinden", schreibt Marco Frei. "Mit kommerziell kalkuliertem Crossover hatte das nichts zu tun. Er hat sich vielmehr diesen – vermeintlichen – Widersprüchen und Gegensätzen mit aller Konsequenz gestellt, weil sie für ihn die Realität widerspiegelten."
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