Aus den Feuilletons

Abhängigkeitsalarm aus dem Silicon Valley

Ein Junge sitzt mit einem Laptop auf seinem Bett und hat die Hände vor das Gesicht geschlagen.
Insider des Silicon Valley appellieren: Die Gesellschaft muss aus der Geiselhaft der Technologie befreit werden. © picture alliance / dpa / Horst Ossinger
Von Adelheid Wedel · 05.02.2018
Frühere Mitarbeiter und Investoren warnen: Von den Netzkonzernen aus dem Silicon Valley gingen besonders für Kinder Gefahren aus, schreibt die "FAZ". Es sei bemerkenswert, dass die Insider das von ihnen selbst gezüchtete Monster jetzt bändigen wollten.
"Rettet die Kinder!" Die Überschrift in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG klingt alarmierend.
"In den USA hat sich eine Gruppe früherer Mitarbeiter und Investoren von Facebook und Google formiert, um vor den Gefahren zu warnen, welche von den Netzkonzernen aus dem Silicon Valley gerade für Kinder ausgehen."
Michael Hanfeld schreibt in der FAZ: Bemerkenswert sei, dass sich Insider zusammengetan haben, "die das Monster, das sie herangezüchtet haben, genau kennen und es gerade deshalb unbedingt bändigen wollen". In einem Appell warnen sie eindringlich: "Unsere Gesellschaft wird von der Technologie in Geiselhaft genommen." Alle Versuche der Netzkonzerne in das Leben der Nutzer einzugreifen, geschehe als "Teil eines Systems, das nur einem Zweck dient, uns abhängig zu machen".

Forderung nach einem Check-Ministerium

Ähnliche Beobachtungen macht der Medienwissenschaftler und Kulturanthropologe Manfred Faßler – ebenfalls in der FAZ – im Interview mit Elena Witzeck. Ihm machen die "Millionen gefälschter Twitter-Accounts" Sorgen, "die im Internet verkauft werden. Was machen wir mit der Flut fingierter Netz-Identitäten?" fragt er besorgt. "Lug und Trug gab es schon immer", meint er resigniert, "nur konnte die kritische Öffentlichkeit früher noch stärker regulieren." Rechtliche und politische Dimensionen der Aktivitäten im Netz müssten diskutiert werden, davon seien wir weit entfernt. Deswegen lautet sein Vorschlag:
"Politische Parteien argumentieren für mehr Bildung im Digitalen, aber keiner denkt darüber nach, wie sich eine Infrastruktur im Netz entwickeln ließe, innerhalb derer Daten auf ihre Richtigkeit geprüft werden können. Wir bräuchten ein Check-Ministerium."

Misstände in der Erstaufnahmeeinrichtung

Auf einer ganzen Zeitungsseite beschreibt Hannes Stepputat in der Tageszeitung TAZ eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Horst, gelegen im westlichsten Zipfel von Mecklenburg-Vorpommern. "In der ehemaligen Kaserne des Ortes leben derzeit mehr als 300 Geflüchtete", berichtet er:
"Auch Hamburg bringt hier Geflüchtete unter. Und zwar weitgehend isoliert von der Außenwelt und unter Bedingungen, die viele von ihnen immer wieder als psychische Folter beschreiben. Etwa ein Drittel von ihnen ist minderjährig."
Um die Not etwas zu lindern, haben Aktivisten von "Pro Bleiberecht" eine Woche in Wohnwagen vor dem Heim gecampt. Sie kochten mit den Flüchtlingen, zeigten Solidarität und machten auf weitere Missstände aufmerksam.
"Sie fordern die Schließung des Lagers. Zutritt zur Einrichtung haben sie nicht bekommen", schreibt der Autor. "Und obwohl am Zaun ein Banner mit der Aufschrift 'Willkommen' in 20 Sprachen hängt", ist es ein offenes Geheimnis, dass Horst für viele Menschen Endstation ist, "sie werden von hier aus abgeschoben". Zum fehlenden Schulunterricht für Kinder heißt es lakonisch:
"Für in der Erstaufnahme-Einrichtung aufhaltige Kinder besteht keine Schulpflicht."Eine Bewohnerin klagt die Mitarbeiter an:"Sie mögen die Menschen hier nicht. Sie erklären nichts, sie befehlen nur, sie sind einfach Rassisten."

Die andere Geschichte der Menschheit

Nicola Kuhn informiert im TAGESSPIEGEL über eine bemerkenswerte Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. "Erzählt wird" dort "unter dem Titel 'Tiere – Respekt, Harmonie, Unterwerfung' die andere Geschichte der Menschheit." Es ist die Abschiedsausstellung der scheidenden Direktorin Sabine Schulze. "Das Verhältnis von Tier und Mensch muss neu verhandelt werden", schreibt sie im Katalog. Und:
"Tiere sollen endlich zu ihrem Recht kommen, ihr subjektives Empfinden, ihre Individualität und Verletzlichkeit verlangen Respekt."

Abschied von Stefan Moses

Die Feuilletons vom Dienstag beklagen den Tod des Fotografen Stefan Moses, "der in mehr als sechs Jahrzehnten einen einzigartigen Bilderkosmos der Nachkriegsdeutschen schuf", so Harald Eggebrecht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Er charakterisiert Moses, "der immer etwas Umarmend-Großzügiges an sich hatte, weshalb die Menschen auf seinen Fotografien nie gelangweilt oder abweisend, sondern erwartungsvoll, bereitwillig oder sogar gespannt sind, was der Meister gleich mit ihnen anstellen wird."
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