Aus dem Korsett ins Cocktailkleid

Wie Coco Chanel einen neuen Frauentyp erschuf

07:41 Minuten
Die Modedesignerin "Coco" Gabrielle Chanel sitzt, mit einem Pelzmantel bekleidet, auf einem verzierten Tisch und blickt stolz in Richtung der Kamera.
Modedesignerin Coco Chanel gab den Frauen ein neues Selbstbewusstsein. © Getty images / Condé Nast / Horst P. Horst
Tillmann Prüfer im Gespräch mit Ute Welty · 09.01.2021
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Vor 50 Jahren starb Coco Chanel und hinterließ nicht nur ein Modeimperium, sondern ein neues feminines Selbstbewusstsein. Doch der eigentliche Klassiker der Modeschöpferin ist nicht "Das kleine Schwarze", sondern ein Duft mit einem Versprechen.
Bis zu ihrem Tod arbeitete die Modeschöpferin Gabrielle "Coco" Chanel an einer neuen Kollektion. Vor 50 starb die Französin im Alter von 87 Jahren und hinterließ ein Modeimperium, sowie einen Ruf, der von Legenden geprägt ist. Nicht nur das erste Cocktailkleid stammt aus ihrer Feder, sondern auch das erste Designerparfum der Welt. Außerdem wird ihr eine Teilhabe an der Befreiung der Frau aus dem Korsett zugerechnet. Und obwohl die Mode- und Kosmetikartikel noch heute hochpreisig sind und als Luxus gelten, ist die Gesellschaft durchdrungen von einem Hauch Chanel.
"Coco Chanel hat damals ein ganz neues Bild der Frau entworfen", sagt Tillmann Prüfer, Redakteur beim "Zeit Magazin" und zuständig für Stil- und Designthemen. Sie eröffnete ihr Atelier in der Zeit der "Belle Époque" mit ausladenden Kleidern, breitkrempigen Hüten und engen Korsetts, erklärt er weiter. "Die Frau war modisch in einer sehr passiven Form als ein Ausstellungsstück gefangen, das den Mann in Szene setzt."
Chanel habe dazu den Gegenentwurf der sportlich gekleideten Frau gesetzt, "die eigentlich eine Männergarderobe trug", so Prüfer weiter. Damit habe sie den Frauen nicht nur eine neue Funktion, sondern ein neues Selbstbewusstsein gegeben.

Mit einem Duft zum Erfolg

Als sie nach dem Zweiten Weltkrieg wieder tätig wurde, entwarf Chanel einen Stil, der eher an die Mode von gestern erinnerte. "Als das Chanel-Kostüm, das klassische Tweed-Kostüm mit ausgestelltem Rock und aufgesetzten Taschen, in die Läden kam, war das schon eher ein Modell für ältere Damen", erzählt Prüfer. Man könne daher nicht behaupten, dass Chanel immer nur für die moderne Frau stand.
Nahaufnahme einer Frau, die eine Flasche des Chanel No.5 Parfüms vor ihrem Auge hält und durch sie durchschaut.
"Chanel No.5" wird in der Zeitschrift "Vogue" 1964 präsentiert. Noch immer gilt das Parfum als Klassiker.© Getty Images / Condé Nast / Fotiades
1982 übernahm Karl Lagerfeld die künstlerische Leitung des Hauses Chanel und polierte das Image der "Mode der alten Pariser Damen" wieder auf, so Prüfer. Zu dieser Zeit sei der Parfum-Klassiker "Chanel No 5" der Verkaufsschlager gewesen, der das Unternehmen über Wasser hielt. Den Erfolg des Duftes erklärt sich der Journalist auch über die Form den Flakons: "Diese klare, geometrische Struktur war neu und überhaupt, dass ein Couturier einen Flakon macht, war neu." Zwar habe es Vorbilder gegeben, aber auch der Duft sei anders gewesen. "Er war aus 31 Komponenten zusammengesetzt und hielt sich nicht an eine Blumennote, sondern war eine komplexe Konstruktion mit einer Art Versprechen einer neuen Frau", sagt Prüfer.
In der Corona-Pandemie hat der Office-Look eine untergeordnete Rolle eingenommen. "Chanel hat eine Mode gemacht, mit der man sich präsentiert", erklärt der Modeexperte und denkt unter anderem an "Das kleine Schwarze". Aber zurzeit verstecke man sich eher in seiner Höhle. "Ich hoffe, wenn das vorbei ist, dass es dann eine neue Art des Ausgehens und Sich-Präsentierens gibt."
(lsc)
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