Aufzeichnung vom Kurt Weill Fest

Im Mondenschein von Alabama

Das Anhaltische Theater Dessau ist am 19.02.2014 in Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) beleuchtet.
Das Anhaltische Theater Dessau ist regelmäßiger Spielort des Kurt Weill Festes © picture alliance / dpa / Sebastian Willnow
26.03.2015
Sie waren im Leben nicht im geringsten Freunde, ihre Musik könnte unterschiedlicher nicht sein, doch die Abend- und Nachstimmung mochten diese drei Komponisten gleichermaßen: Kurt Weill, der Dessauer undogmatische Modernist, der Modernisten-Fresser Hans Pfitzner und der hochgradig unpolitische Melomane Richard Strauss. Bei einem Gastspiel der Staatsphilharmonie Rheinland Pfalz beim Dessauer Kurt Weill Fest trafen die Werke der drei aufeinander.
Eine musikhistorische Linie ist diesem Programm, das Deutschlandradio Kultur am 14. März im Anhaltischen Theater aufgezeichnet hat, deutlich anzumerken: Die Entwicklung vom Lied zum Song wird hier nachgezeichnet. Das Kurt Weill Fest bietet ein ganzes Solistenseptett auf, um die Vielfalt des Singens in Begleitung des Orchesters aufzuzeigen. Das Motto lautet dabei immer "Mondlieder".
Vom großen sinfonischen Orchesterlied der Spätromantik (inklusive einer meisterhaften Bearbeitung eines Schubert-Liedes durch Max Reger) und der so genannten impressionistischen "Somnambulität" eines Claude Debussy bis hin zu einer ebenso mondsüchtigen Tanzgroteske Erwin Schulhoffs und der neuartigen transatlantischen Tonsprache Kurt Weills reicht der Bogen in diesem überaus interessanten Programm. Kurt Weill hatte ja als Schüler von Engelbert Humperdinck einen großen Schluck undogmatischer (un-Wagnerianischer) Romantik genießen und für sein eigenes Komponieren nutzbar machen können.
Zielpunkt an diesem Konzertabend war das "Mahagonny Songspiel". Das hatte der junge wilde Weill 1927 beim Festival Deutsche Kammermusik in Baden-Baden vorgestellt. Die Songs darin basieren auf Texten von Bertolt Brecht, die er einige Jahre zuvor in dem Gedichtband "Hauspostille" veröffentlich hatte. "Mahagonny" ist hier der Name für eine Stadt, der eher aus klanglichen Gründen gewählt wurde. So heißt es in diesem neuartigen Singspiel am Schluss: "Mahagonny - das gibt es nicht. Mahagonny - das ist kein Ort. Mahagonny - das ist nur ein erfundenes Wort."
Der Mond leuchtet auf jeden Fall geheimnisvoll über dem Staate Alabama (wie es der berühmteste Song aus diesem Spiel beschwört), über dem Staate Alabama, in dem eigentlich etwas faul war. Doch das ahnten Brecht und Weill nur von weitem, am Ende der Goldenen Zwanziger Jahre in Deutschland. Sie sollten dem Rassismus in den US-Südstaaten bald näher kommen, auf der Flucht vor dem Rassismus in ihrer Heimat. Da hatten sich die beiden allerdings schon überworfen. Brecht-Weill - diese Kombination funktionierte nicht lange. Die Früchte dieser Zusammenarbeit allerdings bleiben für die Ewigkeit. Wie die Lieder Franz Schuberts.
Kurt Weill Fest Dessau 2015
Anhaltisches Theater
Aufzeichnung vom 14. März 2015
"Mondlieder - Oh moon of Alabama"
Claude Debussy
"Clair de lune", aus: "Suite bergamasque"
Franz Schubert
"Im Abendrot" (bearbeitet für Orchester von Max Reger)
Hans Pfitzner
"Wanderers Nachtlied"
Richard Strauss
Notturno. Gesang mit Orchesterbegleitung op. 44 Nr. 1
Erwin Schulhoff
"La Somnambule" (Die Mondsüchtige)
Tanzgroteske in einem Aufzug op. 54
Kurt Weill
Mahagonny Songspiel
Sara Hershkowitz, Sopran
Rainer Trost, Tenor (Charlie)
Paul Armin Edelmann, Bariton
Peter Cismarescu, Bariton (Billy)
Jens Müller, Bass (Bobby)
Carl Rumstadt, Bass (Jimmy)
Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz
Leitung: Ernst Theis