Aufwendiger Kriminalroman

05.01.2009
Arsène Lupin ist einer der frühen Serienhelden des französischen Kriminalromans. Sein Autor Maurice Leblanc wurde 1864 in der Normandie geboren. "Arsène Lupin und der Schatz der Könige von Frankreich" ist der Band, in dem der Meisterdieb die Liebe entdeckt. Die alte Übersetzung wurde gründlich überarbeitet, mit Anmerkungen versehen und das Buch aufwendig illustriert.
Schon Balzac ließ einige seiner Figuren in mehreren Romanen auftreten. Echte Serienhelden als Protagonisten ganzer Romanfolgen entstehen aber wohl erst mit dem Kriminalroman, allen voran Sherlock Holmes. Georges Simenon wird Jahrzehnte später den unvergessenen Maigret schaffen, dem der Diogenes-Verlag derzeit mit der Gesamtausgabe aller 75 Bände ein Denkmal setzt.
Ein deutlich kleinerer Verlag, Matthes & Seitz Berlin, hat sich nun eines in Frankreich mindestens ebenso berühmten literarischen Helden angenommen und veröffentlicht dessen Abenteuer: Gemeint ist Arsène Lupin, geschaffen von Maurice Leblanc.

Nachdem bereits im letzten Jahr "Die Gräfin von Cagliostro oder die Jugend des Arsène Lupin" erschienen ist, liegt jetzt "Arsène Lupin und der Schatz der Könige von Frankreich" vor - gewissermaßen die Wanderjahre nach den Lehrjahren –, der Band, in dem der Meisterdieb die Liebe entdeckt. Die alte Übersetzung wurde gründlich überarbeitet, mit Anmerkungen versehen und das Buch aufwendig illustriert.

Krimis beginnen in der Regel damit, dass ein Verbrechen geschehen ist und die aufklärenden Kräfte die Bühne betreten. Da Maurice Leblanc aber keinen Hüter, sondern einen Feind des Gesetzes zum Helden bestimmt hat, bleibt Arsène Lupin diese Bühne zunächst verwehrt, obwohl er ihr Hauptakteur ist. Es kann Leblanc also nicht genügen, immer neue Missetaten zu erfinden. Vielmehr geht es hier um die verschiedenen Strategien, den Hütern des Gesetzes zu entgehen.
Die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, sind nicht übermäßig realistisch - schier unglaubliche Fähigkeiten und Reichtümer des Helden -, doch dafür in der Ausgestaltung umso origineller, und dies wohl in keinem Roman mehr als in "Arsène Lupin und der Schatz der Könige von Frankreich", weshalb er ein Klassiker des Genres ist.

Der Autor Maurice Leblanc wurde 1864 in der Normandie geboren. Alexandre Dumas und Jules Verne waren die Autoren seiner Jugend, was ebenso wenig zu übersehen ist wie die regionale Prägung. Zu den spektakulärsten Naturschönheiten der Normandie gehört die Steilküste von Etretat mit ihren drei riesigen Felsentoren und der freistehenden Nadel, der "Aiguille", die zahlreichen Malern wie Delacroix und Monet immer wieder als Motiv dienten.
Neben dieser grandiosen Kulisse als Ort des Showdowns finden wir in diesem Arsène-Lupin-Roman große, mysteriöse und tragische Momente der französischen Geschichte wie die Hinrichtung des Königspaares oder den von Dumas im kollektiven Bewusstsein verankerten Mann mit der eisernen Maske; am Ende taucht sogar ein an Jules Verne erinnerndes U-Boot unter.

Die Polizei wird in diesem Krimi, dessen Held der Missetäter ist, entsprechend unfähig dargestellt. Lediglich ein über die Maßen pfiffiger Gymnasiast, Isidore Beautrelet, der als reiner Tor durch die Szenerie zu taumeln scheint, kann einen Lichtstrahl in das völlige Dunkel des Tathergangs bringen.

Erst ein heftiger Gegner Lupins, wird er am überraschenden Ende fast zu dessen Komplizen, aber der englische Erbfeind in Gestalt von Herlock Sholmès (sic!) verhindert das Happy End. Doch mehr sei hier nicht verraten.

Rezensiert von Carolin Fischer

Maurice Leblanc: Arsène Lupin und der Schatz der Könige von Frankreich
Übersetzung ins Deutsche von Erika Gebühr,
Matthes & Seitz, Berlin 2008,
272 Seiten, 18,80 Euro