Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus

Auf der Suche nach dem Kopf des Mangi Meli

07:16 Minuten
Der in Berlin lebende Herero Mnyaka Sururu Mboro (Hereros = südwestafrikanisches ehemaliges Hirtenvolk) spricht am 05.03.2014 in Berlin während einer Pressekonferenz des Bündnisses "Völkermord verjährt nicht". Anlass war die bevorstehende Übergabe von Gebeinen namibischen Ursprungs durch die Charite an eine namibische Staatsdelegation.
Der in Berlin lebende Mnyaka Sururu Mboro - er sucht nach dem Kopf von Mangi Meli seit 40 Jahren. © picture alliance / dpa / Soeren Stache
Mnyaka Sururu Mboro im Gespräch mit Gabi Wuttke · 09.02.2020
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Mnyaka Sururu Mboro* sucht die sterblichen Überreste des tansanischen Freiheitskämpfers Mangi Meli. Dessen Kopf wurde einst während der Kolonialzeit nach Deutschland geschickt. Mboro will ihn nach Tansania zurückbringen.
Das größte Dinosaurier-Skelett der Welt steht in Berlin, im Naturkundemuseum – aber es kommt aus Tansania. Dort – zu Kaisers Zeiten, als die Deutschen als Kolonialherren ein brutales Regiment führten - wurden bis zu 300.000 Menschen getötet. Zwischen 1885 und 1918 hieß Tansania "Deutsch-Ostafrika".

In Tansania als Freiheitskämpfer verehrt

Eines der Opfer vor 120 Jahren war ein Rebell: Mangi Meli. In Tansania wird er als Freiheitskämpfer, der der Kolonialmacht die Stirn bot, verehrt. Im Jahr 1900 wurde er gefangen genommen und hingerichtet. Sein Kopf wurde vermutlich abgetrennt und zu Rasse-Forschungszwecken nach Deutschland geschickt.
Wo der Kopf ist, versucht Mnyaka Sururu Mboro seit mehr als 40 Jahren herauszufinden. Er kommt aus demselben Dorf wie Mangi Meli, heute lebt er in Berlin und ist Mitbegründer des Vereins "Berlin Postkolonial". (*)
Was ihn antreibt, erklärt Mboro anhand seiner Familiengeschichte. Die Worte seiner Großmutter hätten großen Eindruck bei ihm hinterlassen, berichtet er: "Wenn der Regen nicht rechtzeitig kommt oder wenn Krankheiten kommen, dann sagte sie immer: 'Das ist, weil wir Meli nicht beerdigen konnten.'" Mangi Meli sei ein geistiger Führer – buchstäblich der Kopf - der Tansanier zu Kolonialzeiten gewesen. Darum habe der Kopf des Toten auch eine hohe Symbolkraft.

Warum Carl Peters im Mond hängt

"Meine Großmutter sagte auch: Schau' dir diesen Schatten im Mond an – das ist Carl Peters, der wurde von Gott für seine Taten bestraft und hängt nun im Mond", erinnert sich Mboro. Peters (1856 – 1918) gilt als einer der brutalsten deutschen Kolonialherren auf dem Gebiet des heutigen Tansania.
Insgesamt hielten sich bei ihm derzeit Freude und Bitternis die Waage, sagt Mboro: Freude, weil es - nicht zuletzt durch den Vorstoß von Frankreichs Präsident Macron - erstmals eine ausdrückliche Bereitschaft zur Rückgabe von kolonialer Raubkunst gebe. Bitternis, weil vieles eben doch noch im Dunkeln liege.
(mkn)
*Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine falsche Angabe zur Zugehörigkeit entfernt.
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