Auf dem falschen Gleis erwischt

Von Barbara Roth · 15.01.2008
Die Magnetschwebebahn Transrapid war das Lieblingsprojekt des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Doch es ist fraglich, ob der "Edmund-Stoiber-Gedächtnisflitzer" - wie Spötter ihn bereits nennen - je unterwegs sein wird. Nicht nur das rot-grün regierte München stellt sich quer. Auch in der CSU wachsen die Zweifel, ob der Transrapid mit geschätzten Baukosten von 1,85 Milliarden Euro überhaupt finanzierbar ist.
München, kurz vor Weihnachten. Eine kleine Gruppe, angeführt von einem Weihnachtsmann, begehrt Einlass ins bayerische Innenministerium. Um ihn drängen sich Abgeordnete von SPD und Grünen, um mit aufs Bild zu kommen. Sie haben neun dicke Leinensäcke dabei. Gefüllt mit Unterschriften für ein Volksbegehren gegen den Transrapid. Florian Ritter von der Landtags-SPD kennt die genaue Zahl.

"Wir werden heute 38.297 abgeben. Wobei man dazu sagen muss, dass bei mir im Büro noch ungefähr 10.000 bestätigte liegen, die wir nicht mehr in die Statistik mit aufnehmen haben können. Super. Applaus. Das ist eine ziemlich gute Zahl und es ist das Sammelergebnis von nur zwei Wochen."

Um in Bayern ein Volksbegehren zu beantragen, wären streng genommen nur 25.000 Unterschriften nötig gewesen. Die erste Hürde haben die Initiatoren eines landesweiten Plebiszits also locker genommen. In einem zweiten Schritt müssten sie über 900.000 Unterschriften sammeln. Die Gegner des Transrapids – ein breites Bündnis von Oppositionsparteien, Umweltverbänden und Bürgerinitiativen – machen Druck. Richard Mergner vom Bund Naturschutz, einer der eifrigsten Sammler.

"Wir haben im ganzen Land gesammelt. Von daher: Der Transrapid ist nicht nur in München als Prestigeprojekt verschrien, sondern im ganzen Land. Auch weit hinein die die konservative Bevölkerung und die CSU-Wählerschicht sagt man, wir brauchen für die Busse und Bahnen in Bayern das Geld, aber nicht für das Prestigeprojekt Transrapid."

"Für Bayern. Nein zum Transrapid" - Wer das unterschrieben hat, unterstützt einen Gesetzentwurf, der der CSU-Staatsregierung untersagen soll, sich finanziell am Bau der Magnetbahn zu beteiligen. Ohne die bisher zugesagten 490 Millionen Euro aus Bayern wäre das mindestens 1,85 Milliarden Euro teuere Projekt gescheitert.

"Wir gehen davon aus, dass unser Volksbegehren auch verfassungskonform ist, denn die Bürgerinnen und Bürger, die hier unterschrieben haben, die wollen dem Staat sparen helfen. Und das liegt ja ganz im Sinne des alten und des neuen Ministerpräsidenten. Und deswegen hoffen wir, dass wir möglichst bald zum Volksbegehren kommen."

Werbevideo Transrapid: "Im engen Zusammenspiel zwischen Deutscher Bahn und starken Industriepartnern entstand das Konzept Magnetschnellbahn München. Aus einer Vision wird Wirklichkeit."

Zukunftsmusik der Planer: der DB Magnetbahn GmbH, eine Tochter der Bahn AG. Noch fährt der Transrapid nur im aufwendig produzierten Imagefilm.

Werbevideo Transrapid: "Mit dem Flughafen-Shutle reisen die Gäste wie auf einem fliegenden Teppich mit einer bisher unerreichten Laufruhe."

Seit dreißig Jahre wird in Deutschland über eine passende Transrapidstrecke diskutiert. Auf Bundesebene unterstützt von SPD und Grünen. Schon im rot-grünen Koalitionsvertrag war von einem industriepolitischen Leuchtturmprojekt die Rede. Bundeskanzler Gerhard Schröder wollte eine Trasse zwischen Berlin und Hamburg sowie einen Metrorapid im Ruhrgebiet mitfinanzieren. Die Pläne sind geplatzt, nur München ist übrig geblieben. Die Transrapid-Bauer, Siemens und ThyssenKrupp, betonen stets den industriepolitischen Effekt. Hans-Christian Atzpodien aus dem Vorstand von ThyssenKrupp.

"Das ist für uns ganz klar die letzte Chance hier in Deutschland. Der Bund hat bisher insgesamt 1,2 Milliarden Euro für die Entwicklung beigesteuert, aber die Industrie, also wir, immerhin auch 300 Millionen Euro. Nach solchen drei Anläufen wollen natürlich auch unsere Aktionäre irgendwann den Nachweis haben, dass die erfolgreiche Umsetzung in Märkten gelingt, wo eben wir als Unternehmen auch ein nachhaltiges Transrapidgeschäft erwarten können. Denn eines, glaube ich, sagen zu können: Man braucht Referenzen im eigenen Land, um im Ausland erfolgreich auch vermarkten zu können."

Bislang fährt die Magnetschwebebahn nur in Schanghai. Und die Chinesen sind bereits fleißig dabei, die deutsche Erfindung zu kopieren.

Werbevideo Transrapid: "Hauptbahnhof und Flughafen werden zu einer attraktiven Einheit mit einem der modernsten Verkehrssysteme der Welt – dem Transrapid."

Rund um den Franz-Josef-Strauß-Flughafen droht ein Verkehrkollaps. Der nach Frankfurt zweitgrößte deutsche Airport liegt weit außerhalb der Stadt im Erdinger Moos, gut 37 Kilometer vom Münchner Hauptbahnhof entfernt. Den Prognosen nach wird der Flugverkehr zunehmen. Bis zum Jahr 2020 werden doppelt so viele Fluggäste wie heute erwartet – geschätzte 54 Millionen im Jahr. München braucht eine bessere, vor allem schnelle Anbindung an den Flughafen. CSU-Chef Erwin Huber will den Transrapid, damit endlich mehr Menschen vom Auto umsteigen:

"Sonst ertrinkt man hier im Verkehr. Wir bauen ja die dritte Startbahn. Und wir sollten auch das Wachstum des Flughafens nicht mutwillig bremsen, weil wir sonst Chancen und Arbeitsplätze zunichte machen würden."

Werbevideo Transrapid: "Die Magnetschnellbahn verknüpft Bahn und Flug: In nur zehn Minuten, alle zehn Minuten."

Eine S-Bahn dagegen ist 40 Minuten unterwegs. Im Transrapid wäre der Fluggast also eine halbe Stunde schneller. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude ist für die dritte Startbahn, also für den Flughafenausbau, aber vehement gegen die Magnetbahn. Denn der Zeitgewinn würde dem Steuerzahler mindestens 1,85 Milliarden Euro kosten. Viel zu viel für den SPD-Politiker. Den Konflikt mit seinen Berliner Genossen scheut er nicht.

"Wenn wir den Bahnkunden nehmen, um den es ja geht: Der muss erst mal in seiner Heimatstadt mit dem Taxi zum Bahnhof, dann fährt er mit dem Zug nach München. Dann fährt er alternativ mit der S-Bahn oder dem Transrapid zum Flughafen. Dort muss er den Sicherheitscheck über sich ergehen lassen. Dann kommt die Flugzeit und am Reiseziel muss er auch wieder seine Geschäftsadresse erreichen. Und bei dieser Gesamtreisezeit geht es ja nur um einen winzigen Bruchteil, der eingespart werden kann. Das kann doch keine Milliarde wert sein und schon gar nicht zwei."

Wie der Oberbürgermeister denkt die große Mehrheit im Freistaat. Laut einer aktuellen Umfrage von infratest-dimap fällt das Votum beim umstrittenen Thema Transrapid deutlich aus. 63 Prozent der Bürger in Bayern lehnen den Bau der Trasse ab, nur 29 Prozent sind dafür.

Mann: "Da werden Steuergelder verschwendet. Dem kleinen Mann wird es aus der Tasche gezogen."
Frau: "Ich finde, die sollten das Geld besser für Schulzwecke anlegen als wie für den Transrapid. Da haben nämlich nur die was davon, die reisen. Die sollen 20 Minuten früher aufstehen, dann sind sie zum gleichen Zeitpunkt am Flughafen."
Mann: "Absolut negativ. Weil es absoluter Blödsinn ist, ohne kommerziellen Wert. Und wenn die Chinesen eine brauchen, dann bauen sie sie zwischenzeitlich selber."
Frau: "Beckstein, Beckstein, lass den Transrapid sein. Ich hoffe, dass die Vernunft siegt und das er auch erkennt gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung kann man das nicht machen."
Mann: "Am Stammtisch wird auch öfters diskutiert: Idiotisch und hirnriesig, kann ich nur sagen."
Frau: "Das brauchen wir nicht. Das ist ein Prestigeobjekt von Stoiber."

München, Ende September des vergangenen Jahres. In der Staatskanzlei wird Champagner gereicht. Edmund Stoiber ist nur noch wenige Tage als bayerischer Ministerpräsident im Amt, als er – ein Modell des Transrapids in Händen - gutgelaunt verkündet:

"Die Finanzierung des 1,85 Milliarden-Euro-Projektes Transrapids steht. Mit dem Spitzengespräch haben wir den endgültigen Durchbruch für den Bau der Transrapid-Strecke in Deutschland erreicht."

Der Transrapid war immer Stoibers Lieblingsprojekt. Er ist ihm viele bayerische Millionen wert: Anfangs will er nur 180 spendieren, am Ende sind es 490 Millionen Euro aus Privatisierungserlösen. Stoiber will kurz vor seinem Rücktritt unumkehrbare Fakten schaffen: Das Planfeststellungsverfahren wird bis April, spätestens Mai abgeschlossen sein. Die Baugenehmigung würde sofort erteilt. Noch 2008 könnten die Bagger rollen und 2013 die ersten Passagiere zum Flughafen schweben. Staatsminister Erwin Huber euphorisch:

"Die Nachricht des Jahrzehnts ist: Der Transrapid wird gebaut. Und eine lange Irrfahrt durch halb Deutschland ist damit zu Ende. Und in Bayern wird dieses HighTech-Projekt realisiert. Ein Leuchtturm für die Technologie in Bayern und in ganz Deutschland."

Die Rechnung der Herren in der Staatskanzlei: Bayern übernimmt gut ein Viertel der Kosten. Der Bund steuert die Hälfe - 925 Millionen Euro - bei. Die Deutsche Bahn als Betreiberin der Strecke zahlt 235 Millionen Euro und trägt später die Betriebskosten. 100 weitere Millionen sind als Anteil des Flughafens München eingeplant. 50 Millionen Euro versprechen die am Bau beteiligten Unternehmen Siemens und ThyssenKrupp. Weitere 50 Millionen sollen von der Europäischen Union kommen. Macht unterm Strich die 1,85 Milliarden Euro, die das Prestigeprojekt mindestens kosten wird. Während in der Staatskanzlei zur Feier des Tages die Korken knallen, schimpft im Rathaus der Oberbürgermeister über Stoibers Abschiedsgeschenk:

"Es handelt sich wirklich um einen Überrumpelungsversuch der Öffentlichkeit in den letzten Amtstagen von Edmund Stoiber. Die Landeshauptstadt München lehnt das Projekt unverändert ab."

Das rot-grün regierte München will das Stoibersche Denkmal nicht, nicht mal geschenkt. OB Ude kündigt Protest und Klagen an. Besonders ärgern ihn die 100 Millionen, mit denen sich der Flughafen am Bau beteiligen soll. Die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat, neben Bund und Freistaat ist München ebenfalls Flughafengesellschafter, will das verhindern - notfalls vor Gericht. Stoibers Kalkulation steht auf wackligen Beinen. Denn auch die 50 Millionen der EU sind bislang weder beantragt noch zugesagt. Und aus Brüssel hört man, es sei höchst unwahrscheinlich, dass für ein Projekt, das nicht transeuropäisch ist, EU-Gelder fließen werden. Hinzu kommt: Die Baukostenschätzung ist uralt, sie stammt aus dem Jahr 2002. Axel Berg, SPD-Bundestagsabgeordneter aus München, entdeckt viele Risiken.

"Die Rechnung stimmt hinten und vorne nicht. Es gibt bei diesen 1,85 Milliarden noch jede Menge offene Fragen. Zum Beispiel ist seitdem die Mehrwertsteuer gestiegen um drei Prozent. Zum Beispiel sind Beton- und Stahlkosten gestiegen um 100, um 200 Prozent. Kupferpreise sind, glaube ich, um 300 Prozent die letzten fünf Jahre gestiegen. Das heißt: das Ding wird auf jeden Fall teurer. Ich erinnere nur an den Ausbau des Intercitys nach Nürnberg. Da ging man auch mit 1,8 Milliarden ins Rennen und zum Schluss hat es genau das Doppelte gekostet: 3,6 Milliarden."

Stoiber hat sein Freudenfest zu früh gefeiert. Die Industrie, Siemens und ThyssenKrupp, hat bis dato nur einen Festpreis garantiert. Allerdings keine konkrete Zahl genannt! Die Unternehmen wollen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes abwarten. Dann in Ruhe noch mal rechnen, Design-to-Cost-Prozess nennt sich das. Und danach erst – wohl nicht vor Sommer – den exakten Baupreis nennen. Ob es bei den erhofften Kosten bleibt, ist offen. Vom Baukostenrisiko ganz zu schweigen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) beeilt sich, in Berlin klar zu stellen:

"Wenn es ein Durchbruch ist, gratuliere ich allen. Ich finde es gut, wenn die Finanzierung dann gewährleistet ist. Ich will nur noch mal ganz deutlich machen, der Bund wird nicht mehr bezahlen als die 925 Millionen Euro. Das heißt, bei aller Freude, dass eine Finanzierungslücke geschlossen worden ist, will ich noch mal sehr deutlich machen: Der Bund wird über diese 50 Prozent an den 1,85 Milliarden Euro nicht hinausgehen. Keiner sollte sich da etwas vormachen."

Ob der "Edmund-Stoiber-Gedächtnisflitzer", wie Spötter ihn bereits nennen, je zum Franz-Josef-Strauß-Flughafen unterwegs sein wird – entscheidet sein Nachfolger Günther Beckstein. Und der legt sich für den Transrapid längst nicht so ins Zeug wie Stoiber. Der neue Ministerpräsident ist kaum vereidigt, da macht er schon klar, wo seine Schmerzgrenze liegt: Mehr als die, noch von Stoiber versprochenen Millionen gibt es nicht:

"Wir sind jetzt mit den Beträgen, die vereinbart sind, ziemlich nahe an der Grenze dessen, was Bayern leisten kann und leisten will. Es ist jetzt an der Industrie wirklich den Festpreis zu erarbeiten, der versprochen wurde. Wenn man für diesen Preis das wirklich verbindlich bekommen kann, dann ist es in Ordnung. Wenn es teurer wird, ist jedenfalls Bayern nicht mehr dabei."

Sein Zögern ist für den politischen Gegner ein gefundenes Fressen. Mit dem Transrapid lässt sich wunderbar Wahlkampf machen. Gegen die übermächtige CSU, bayernweit. Am 2. März ist Kommunalwahl und am 28. September Landtagswahl. Das Milliardenprojekt ist umstritten bei den betroffenen Anwohnern, bei der Bevölkerung in und um München, aber längst nicht mehr nur dort. Auch 200 Kilometer entfernt in Bayerisch Eisenstein. Eine kleine Gemeinde an der Grenze zu Tschechien. Thomas Müller, Bürgermeister mit CSU-Parteibuch, will wiedergewählt werden.

"Ich kann verdammt schlecht im ländlichen Raum den Transrapid verkaufen. Der ländliche Raum sagt: Freunde diese 1,85 Milliarden die wären am Land wesentlich besser aufgehoben. Ich bin sogar ehrlich überrascht, wie das doch ein Thema ist. Und ich merke es auch zur Kommunalwahl, dass doch immer wieder dieses Thema Transrapid kommt. Der ländliche Raum braucht mehr denn je Hilfe und da wäre das genau das ideale Geld."

Die CSU tut sich schwer, den skeptischen Bürger vom Transrapid zu überzeugen. Verkehrs-, umwelt- und wirtschaftspolitisch mag es gute Gründe für das Milliardenprojekt geben. Doch die sind mitunter komplex und müssen langatmig erklärt werden. Das Argument der Gegner "sauteuer" klingt einfach griffiger. Räumt selbst die bayerische Wirtschaftsministerin Emilia Müller ein.

"Ich glaube, dass man die Bevölkerung darüber aufklären muss, dass der Transrapid für die Stadt München nichts kostet. Wir bekommen 925 Millionen vom Bund für dieses Projekt, aber nur definitiv für dieses Projekt. Diese Gelder, 925 Millionen, würde der Bund wieder sofort einfordern, wenn der Transrapid nicht verwirklicht wird. Sodass wir diese 925 Millionen für nichts anderes zu verfügen hätten."

München aber bleibt störrisch. Vom teuren Schienenflitzer mit 15 Euro Fahrpreis würden täglich nur 18.000 Flughafenpendler profitieren, rechnet Oberbürgermeister Ude vor. Er will den MAX, den Münchner Airport Express. Nicht so schell wie der Transrapid, aber eine S-Bahn-Verbindung mit mehr Haltestellen für seine Münchner.

"Wenn der Freistaat eine Express-S-Bahn bauen müsste, dann müssten wir über unsere 490 Millionen hinaus weitere 400 Millionen investieren in eine Express-S-Bahn. Und das würde dem ländlichen Raum letztendlich fehlen. Und ich glaube, es geht nicht an, dass alle Gelder nur hier fokusiert werden in der Landeshauptstadt München. Auch ein Oberbürgermeister trägt die Verantwortung dafür, dass die Gelder gerecht verteilt werden."

Nur, wie erklärt man es dem Bürger? Dass der Transrapid in Nürnberg, Augsburg oder Neu-Ulm Nahverkehrsprojekte sichern würde. Ein Verein "Pro Rapid" wird eine Aufklärungskampagne starten. Jüngst gegründet von der Münchner Wirtschaft. Mundtot aber wollen sich die Gegner nicht machen lassen. Trotz der Entscheidung von CSU-Innenminister Joachim Herrmann:

"Es ist in der bayerischen Verfassung klar festgelegt, dass über den Staatshaushalt kein Volksentscheid stattfinden darf. Dieses Volksbegehren hat ganz klar vorrangig zum Ziel, dem Parlament zu verbieten, Geld für den Transrapid auszugeben. Hier handelt es sich um einen Eingriff in das Budgetrecht des Parlaments. Deshalb ist dieses Volksbegehren verfassungswidrig."

Das Volksbegehren ist gebremst. Gestoppt ist es nicht. Das letzte Wort haben die bayerischen Verfassungsrichter. So lange wartet die SPD nicht. In der ganzen Stadt sind Plakate geklebt. "Die CSU blockiert den Volksentscheid" ist darauf zu lesen. Und weiter: "Jetzt erst recht. Ude wählen". Der Ton im Kommunalwahlkampf wird schärfer. Am 13. April lässt der Oberbürgermeister in München ein Bürgerbegehren durchführen. Nur um sich bestätigen zu lassen, was er ohnehin beschlossen hat: Gegen eine Baugenehmigung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu klagen:

"Ich denke, dass es sehr wohl ein großes moralisches Gewicht hat, wenn durch einen Bürgerentscheid die Mehrheit der Münchener Bevölkerung ein Votum abgibt. Auf jeden Fall würde damit sichergestellt, dass ein Milliardenprojekt nicht ohne Beteiligung der Bürgerschaft über die Bühne geht."

Ministerpräsident Günther Beckstein glaubt, die Stimmung noch drehen zu können. Er will den Transrapid. Er will ihn aber nicht um jeden Preis. In ein finanzielles Abenteuer möchte er Bayern nicht stürzen, denn in der CSU wachsen die Zweifel, ob der Transrapid überhaupt finanzierbar ist. Was, wenn die Trasse doch teurer wird? 2,1, 2,2 Milliarden Euro oder noch mehr? Dann helfen auch die Hochglanz-Broschüren nichts, die die Parteizentrale seit neuestem verteilen lässt. Die CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer fordert vom Berliner Regierungspartner SPD Koalitionstreue ein.

"Günther Beckstein steht voll hinter diesem Projekt. Aber er sagt zu Recht: Es kann nicht sein, dass wenn sich das Projekt verteuert, Bayern allein die Zeche dafür zahlt. Es ist ein Projekt des Bundes. Da müssen schon bitte alle zusammen helfen, denn der Nutzen des Transrapids ist ein Nutzen, der weit über Bayern hinaus ganz Deutschland betrifft. Und ich finde es gut, wenn unser Ministerpräsident darauf öffentlich hinweist."

Hört sich an, als würde man bereits nach einem Schuldiger für ein Ausstiegsszenario suchen. Auf ihren Winterklausuren in Wildbad-Kreuth beschloss die Partei, in die Offensive zu gehen. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer tat es besonders laut. Er sieht nicht ein, warum nur die CSU Prügel bezieht, die SPD dagegen nicht:

"Wir haben auch noch mal klargestellt, dass es sich hier nicht um ein bayerisches Sonderprojekt handelt, sondern um ein gesamtdeutsches Technologieprojekt. Die SPD hat dieses Projekt sozusagen mit unterschrieben. Und dass wir die Einhaltung des Koalitionsvertrags in diesem Punkt auch einfordern."

Die CSU ist nervös. Was, wenn der Transrapid ihr doch die Wahlen verhagelt? 2008 entscheidet sich nicht nur sein Schicksal. Für die CSU nach Stoiber ist die Landtagswahl Ende September die erste Nagelprobe. Die Staatsregierung kann es sich nicht leisten, das Milliardenprojekt gegen den Willen der Bürger durchzuboxen. Denn: Günther Beckstein kann auf keine einzige Stimme verzichten.