Atomstreit

"Iran könnte noch alles in Frage stellen"

Ein iranisches Atomkraftwerk in Bushehr im August 2010
Ein iranisches Atomkraftwerk in Bushehr: In Lausanne wird verhandelt, in welcher Form Iran Nukleartechnik nutzen darf. © dpa / picture-alliance / Abedin Takerkenareh
Ruprecht Polenz im Gespräch mit Marianne Allweiss und André Hatting · 31.03.2015
Eine Einigung im Atomstreit mit Iran scheint zum Greifen nah. Trotzdem sei eine Erfolgsmeldung verfrüht, meint der CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Es gehöre zur Taktik des Irans, am Ende der Verhandlungen "mit schwierigen Punkten zu kommen". Und: Auch Russland muss bei Laune gehalten werden.
Die Chancen, mit dem Iran zu einer Einigung im Atom-Streit zu kommen, seien so gut wie lange nicht mehr, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Rande des Verhandlungstisches in Lausanne. Ruprecht Polenz, CDU-Politiker und ehemaliger Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses im Bundestag, erklärte im Deutschlandradio Kultur, er teile diese Ansicht, warnte jedoch:
"Wer den Iran als Verhandlungspartner kennt, weiß, dass es zu seiner Taktik gehört, ganz zum Schluss noch einmal mit schwierigen Punkten zu kommen, quasi alles in Frage zu stellen. Ich wäre im übrigen auch nicht überrascht, wenn nach einer Erfolgsmeldung heute Abend, es dann noch einmal Meldungen gäbe, dass es vielleicht Probleme mit dem iranischen Parlament gibt, das Ganze dann zu verabschieden und zu ratifizieren."
Gratwanderung zwischen verschiedenen Interessen
Diese letzte Phase der Verhandlungen ist für Polenz eine Gratwanderung – den Mitgliedern des Sicherheitsrates sei bewusst, dass Nuklearwaffen in iranischem Besitz, somit die Präsenz einer weiteren Atommacht, im Nahen Osten zu einem gefährlichen Wettrüsten führen könne.
Porträtbild von Ruprecht Polenz, dem ehemaligen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages.
Ruprecht Polenz, der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages.© picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Frühere Verhandlungen seien daran gescheitert, dass "von allen Seiten gepokert" worden sei. So hätten etwa diejenigen, die von Iran einen totalen Nuklearverzicht gefordert hätten, unterschätzt, wie wichtig es für ein Land sei, das sich der Moderne zuwenden wolle, an dieser Technik teilzuhaben. Auf westlicher Seite habe es lange gedauert, bis akzeptiert worden sei: "Ja, der Iran hat auch das Recht, Kernenergie friedlich zu nutzen."
Polenz sagte, sehr wichtig sei in der aktuellen Situation auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland am Verhandlungstisch - wegen der Ukraine-Krise sei das Verhältnis jedoch gestört und Lage generell wegen verschiedener Interessen nicht einfach. Wie zu hören sei, solle Russland auch das Land sein, in das Iran Brennstäbe exportieren solle, um zu verhindern, dass daraus kein waffenfähiges Kernmaterial gewonnen werde. Russland sei sehr daran interessiert, dass es keine weitere Atommacht gebe - jedoch nicht daran, dass sich Iran langfristig mehr dem Westen zuwende.
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