Atemberaubende Reise durch den Körper

09.10.2008
Nie steht etwas still, die "Maschine" menschlicher Körper ist ununterbrochen im Einsatz. Diese Wunderwelt erklärt Steve Parker in seinem Bildaltlas auf äußerst sinnliche Weise. Durch die geniale Verbindung von allerneuster Foto- und Computertechnik wird man zum Staunen eingeladen, darüber wie reibungslos uns unsere Anatomie am Leben hält.
Steve Parkers Bildatlas "Der menschlichen Körper" ist ein Muss für alle, die sich für ihren Körper, seine Abläufe und Funktionen interessieren und nicht auf sinnliche Eindrücke verzichten wollen. Denn der studierte Zoologe, dessen Bücher schon zahlreiche Preise eingeheimst haben, erklärt durch die geniale Verbindung von allerneuster Foto- und Computertechnik die Anatomie des menschlichen Körpers und seine Abläufe auf atemberaubende Weise.

Tatsächlich hat dieser Prachtband Suchtcharakter, immer wieder lädt er zum begeisterten Staunen ein und nicht selten erschlägt er mit der Fülle von Informationen. So ein beeindruckender Atlas über den Körper ist bislang nur dem Italiener Pierluigi Diano gelungen, doch den Vergleich muss Parker nicht scheuen. Er hat ein wunderbar sinnliches Buch verfasst, das neuste wissenschaftliche Erkenntnisse anschaulich vermittelt.

Zwölf ausführliche Kapitel, die immer auch für sich allein stehen können, lassen den menschlichen Körper als "lebende Maschine" begreifbar werden, in der jedes kleine Rädchen zum großen System gehört, das nur funktioniert, wenn alles reibungslos ineinander greift. Dabei geht es vom Großen zum Kleinen: Vom Körper als Ganzes über seine unterschiedlichen Systeme etwa dem Herzkreislauf- oder dem Verdauungssystem hin zu den Organen und Zellen, den kleinsten Bausteinen im menschlichen Körper.

Der Reihe nach werden, so die Anatomie, die Funktion von Nerven und Hormonen, das Herzkreislaufsystem, die Atmung, Haare und Haut, das Immun- sowie das Verdauungssystem und zu guter Letzt die Fortpflanzung auf knapp 250 Seiten detailliert wissenschaftlich beschrieben und mit neuesten bildgebenden Verfahren sowie mit Hilfe von 3D-Graphiken dargestellt.

Stück für Stück taucht man so ein in die inneren Abläufe dieses Wunderwerks "Körper", der aus hundert Millionen Zellen besteht. Zellen, die so klein sind, dass vierzig von ihnen in einer Reihe, so beschreibt es Steve Parker, den Durchmesser des Punktes am Ende dieses Satzes bilden.

Je mehr man liest, je mehr man versteht, umso größer wird die Faszination für den eigenen Körper, bei dem man vieles oft als selbstverständlich annimmt. Der Körperatlas lehrt uns Erfurcht, denn er zeigt auch, was schief gehen kann in dieser komplexen, lebenden Maschine. Jedem Kapitel sind deshalb die bekanntesten Krankheitsbilder zugeordnet und erklärt.
Dabei ist das Schema immer das Gleiche: Bevor ein Kapitel beginnt, öffnet man eine Seite in Großformat, auf der das jeweilige Organ oder Körpersystem abgebildet ist. Beispiel: Nervensystem. Wie in einem Anatomiebuch sieht man einen schemenhaft dargestellten Körper, in dessen Innerem die Nervenbahnen deutlich zu erkenn sind. Von dieser Makroperspektive, die immer am Anfang eines Kapitel zu finden ist, und von einem einleitenden Text begleitet, stößt man auf den folgenden Seiten zur Mikroebene, zur Feinstruktur, vor. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: die Nervenzelle.

So taucht man in die jeweiligen Körpervorgänge ein und findet dazu ausführliche wissenschaftliche Texte. Staunend betrachtet man die langen, baumartig verzweigten Nervenbahnen, die an eine Mischung aus Dschungelpflanze und Elektrokabel erinnern, lernt, wie Nerven wellenartige Impulse an das Ende ihrer Rezeptoren tragen, und ist überrascht von der Kristallstruktur der Geschmacksrezeptoren auf unserer Zunge.

Selbst den Bildern, die ein gesundes Gehirn mit einem Alzheimergehirn vergleichend nebeneinander zeigen, wohnt ein Zauber inne: erinnern beide doch an die Umrisse von fernen, unbekannten Ländern.
Ein Vergleich der sich durch das ganze Buch zeiht, denn dieser Bildatlas von Steve Parker lädt tatsächlich auf eine atemberaubende Reise durch unseren Körper ein. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man die dem Buch beigefügte CD-ROM ins Laufwerk legt und sich durch das Körperinnere klickt oder die berauschenden Animationsfilme auf sich wirken lässt.

Seite für Seite, Klick für Klick wird so klar: Gerade jetzt, während die Augen über das Papier wandern, werden Nervenzellen aktiviert, Knochen erneuert und Hormone produziert. Nie steht hier etwas still, unbemerkt ist diese "lebende Maschine" am funktionieren, am kontrollieren. Prädikat: besonders wertvoll.

Rezensiert von Kim Kindermann

Steve Parker: Der menschliche Körper. Neuer Bildatlas der Anatomie
Aus dem Englischen von Simone Blass
Dorling Kindersley Verlag, München, 2008
256 Seiten, 34,95 Euro