"Aschenbrödel"-Regisseur Václav Vorlíček gestorben

Meister des europäischen Märchenfilms

Der tschechische Regisseur Vaclav Vorlicek.
Der tschechische Regisseur Václav Vorlíček © Imago/CTK Photo
Ralf Schenk im Gespräch mit Gabi Wuttke · 06.02.2019
Der tschechische Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" ist kurz vor Weihnachten aus dem deutschen Fernsehprogramm nicht wegzudenken. Sein Regisseur Václav Vorlíček ist am 5. Februar in Prag gestorben. "Er war ein großes Kind", sagt Ralf Schenk.
Václav Vorlíček ist das gelungen, wovon andere Kollegen träumen mögen: Sein Film "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (1972) ist Kult. Bilder mit den Sendeterminen verbreiten sich in den sozialen Netzwerken in der Weihnachtszeit rasant. Für viele Deutsche gehört der Film seit Jahrzenten zu Weihnachten. Ein Filmnachmittag von Enkel bis Oma ist da ein Muss.

Filme für ein Millionenpublikum

Dass Vorlíček Märchenfilme drehte, war kein Zufall. "Er war ein Mann, der seine Filme für ein ganz großes Publikum drehen wollte", sagt Ralf Schenk, Vorstand der DEFA-Stiftung, "Er wollte nicht im abgeschlossenem Kämmerlein irgendwelche intellektuellen Filme machen, sondern hatte wirklich ein Millionenpublikum vor Augen. Und womit erreicht man ein Millionenpublikum am besten? Wahrscheinlich mit Märchen, mit Legenden, vielleicht auch noch mit Western und Komödien, aber er hat sich dann schon sehr direkt für Märchen entschieden."
Der Prinz (Pavel Travnicek) passt Aschenbrödel (Libuse Safrankova) im Film "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" den verlorenen Schuh an (undatierte Filmszene).
Ausschnitt aus Václav Vorlíčeks Verfilmumg von "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" von 1973.© WDR/Degeto
In Vorlíčeks Märchen kommen oft emanzipierte junge, teils auch sehr machtbewusste Frauen vor. "Er war ein Mensch, der Frauen unglaublich viel zugetraut hat, der auch genau wusste, wie seine Mädchen- und Frauenfiguren aus ganz schwierigen Situationen rauskommen", erklärt Ralf Schenk.

Liebe zu amerikanischen Comics

Ein großes, überdimensioniertes Budget − gerade verglichen mit heutigen Filmproduktionen − hatte Vorlíček nicht. "Er war sicherlich mehr das große Kind als der gewiefte Stratege", so Schenk.
Inspiriert haben ihn amerikanische Comics. "Ich weiß, dass er nach dem Zweiten Weltkrieg doch sehr eng mit amerikanischen Comics verbunden war, er liebte dieses Genre", erklärt Schenk, "und er hat in seinen Filmen dann auch immer wieder auf die Psychologie und die Strukturen der amerikanischen Comics zurückgegriffen."

Märchenfilme mit Poesie und Eleganz

Vorlíček hat den europäischen Märchenfilm geprägt. Ohne seine Filme hätten diesem Poesie und starke Frauenfiguren gefehlt, sagt Ralf Schenk: "Dem Märchenfilm hätte auch eine gewisse Eleganz gefehlt, die er vor allem auch in Verbindung mit seiner Filmmusik in jeden seiner Filme eingebracht hat. In sofern gehört er schon zu den wirklichen großen Meistern des europäischen Kinder- und Märchenfilms. Und auch des fantastischen Films, das darf man nicht vergessen."
Václav Vorlíček wurde 88 Jahre alt.
(nh)
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