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Hype um Nazi-Zug
Goldgräberstimmung im polnischen Walbrzych

Die beiden Hobby-Historiker Piotr Kaper und Andreas Richter sind sich sicher: In der Nähe der polnischen Stadt Walbrzych liegt der legendäre Nazi-Zug mit Waggons voller Gold und Raubkunst verschüttet. Bereits vor Beginn der zehntägigen Baggerarbeiten herrscht vor Ort Goldgräberstimmung.

Von Ludger Kazmierczak | 16.08.2016
    Ein Tunnel bei Waldenburg, Polen, von dem angenommen wird, dass ein Goldzug der Nazis hier im Zweiten Weltkrieg versteckt wurde.
    Ein Tunnel bei Waldenburg, Polen, von dem angenommen wird, dass ein Goldzug der Nazis hier im Zweiten Weltkrieg versteckt wurde. (imago/Marek Maruszak)
    Die Bagger sind bereits angerückt, um die kleine Böschung am Rande der Bahnstrecke von Breslau nach Walbrzych für das große Abenteuer vorzubereiten. Es kann losgehen, freut sich Andrzej Gaik, der Pressesprecher des deutsch-polnischen Schatzsucherteams.
    "Wir befinden uns in Höhe von Bahnkilometer 65. Derzeit wird der Boden für die Grabungen geebnet. Und dann können wir uns in Ruhe in die Tiefe vorarbeiten. Insgesamt brauchen wir dafür zehn Tage, aber mit den ersten Ergebnissen rechnen wir gleich in der ersten Woche."
    Goldgräberstimmung
    Die beiden Hobby-Historiker Piotr Kaper und Andreas Richter sind davon überzeugt, dass sich hier, in einem unterirdischen Tunnel oder Stollen, der legendäre Nazi-Zug mit Waggons voller Gold und Raubkunst befindet. Mithilfe eines Bodenradars wollen sie im vergangenen Jahr den Standort des Schatzes ausfindig gemacht haben. Selbst Polens oberster Denkmalpfleger Piotr Zuchowski geht davon aus, dass die Grabungen erfolgreich sein werden.
    "Wir sprechen hier von einem Zug, der mehr als 100 Meter lang sein soll. Das ist ein außergewöhnlicher Fund. Und wenn es wirklich ein gepanzerter Zug ist, lässt das darauf schließen, dass er kostbare Sachen geladen hat. In Walbrzych herrscht Goldfieber. Aber 100prozentige Sicherheit werden wir erst haben, wenn wir ihn finden."
    Souveniers, wohin man schaut
    Die Einwohner der früheren Kohle-Metropole kommen sich vor, wie in einem Indiana-Jones-Film. Der Mythos vom Goldzug geistert zwar schon seit mehr als vier Jahrzehnten durch die Region, aber so groß wie jetzt war die Aufregung noch nie. Anna Zabska vom Kulturverein auf dem alten Zechengelände spürt, dass es mit Walbrzych aufwärtsgeht.
    "Das Goldfieber hat längst die ganze Welt erobert. Natürlich profitieren wir davon. Journalisten aus aller Herren Länder kommen zu uns – aus Europa, den USA – vor kurzem war sogar Al Jazeera hier. Fast jeden Tag geben wir Interviews zu dem Thema."
    Die Geschäfte liegen voll mit Goldzug-Souvenirs. Es gibt Goldbarren aus Schokolade, T-Shirts mit einem Zug, der durch einen Tunnel rast, goldene Feuerzeuge mit eingravierter Dampflok und Wodka mit geheimnisvoll schimmernden Krümeln aus Blattgold. Walbrzych boomt bei Touristen. Das kann auch Magdalena Woch vom Zamek Ksiaz, dem berühmten Schloss Fürstenstein, bestätigen.
    "Für uns ist dieser goldene Zug wirklich Gold wert. Unsere Besucherzahlen sind um 100 Prozent gestiegen. Letztes Wochenende waren hier mehr als 5.000 Gäste."
    Der Fernsehjournalist Marek Przybylik, der sich in seiner täglichen Abendsendung "Szklo Kontaktowe" (zu Deutsch: Kontaktlinse) über die Top-Themen des Landes auslässt, wünscht den Menschen in Niederschlesien viel Glück - was nicht heißen soll, dass er ihnen wünscht, den Schatz tatsächlich zu finden.
    "Der goldene Zug ist so schon "goldig". Und ich denke, dass viele Bewohner dort hoffen, dass er gar nicht gefunden wird. Denn solange er verborgen bleibt, wird er die Fantasie der Menschen viel mehr anregen, als ein paar unter der Erde gefundene Goldbarren."