ARD-Themenabend "Saat des Terrors"

Wo ist die rote Linie für unsere Geheimdienste?

280 Meter lang, 14.000 Fenster, die nur von innen durchsichtig sind: der BND Gebäudekomplex in Berlin-Mitte.
Im Gegensatz zum abgeschotteten BND-Gebäude müssten die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes transparent diskutiert werden, fordern Kritiker. © imago/ IPON
Daniel Harrich im Gespräch mit Britta Bürger · 20.11.2018
60 Jahre nach der Gründung des Bundesnachrichtendienstes steht die öffentliche Debatte über dessen Befugnisse noch am Anfang. Dass die ARD das Thema mit mehreren Filmen aufgreift, findet der Regisseur Daniel Harrich überfällig.
In den USA debattieren längst ganze Thinktanks über die Befugnisse von Geheimdiensten, während in Deutschland die Öffentlichkeit erst jetzt wahrzunehmen beginnt, dass klare Regeln für die deutschen Geheimdienste noch nicht definiert sind. Mit einem Spiel- und einem Dokumentarfilm will die ARD beim Themenabend "Saat des Terrors" die öffentliche Diskussion unterstützen.

Partnerdienste, die keine Partner sind

Erst die Diskussion der Öffentlichkeit um den Einsatz von verdeckten Ermittlern des Inlandgeheimdienstes habe ihm klar gemacht, dass Regeln für die Befugnisse der deutschen Auslandsgeheimdienste fehlten, sagte Regisseur und Drehbuchautor Daniel Harrich im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Hier vermisse er die Definition von Grenzen:
"Wenn die rote Linie nicht bei der Zusammenarbeit mit fremden Partnerdiensten liegt – die einerseits so tun, als ob sie unsere Partner wären, und andererseits den Terror, den wir eigentlich bekämpfen, unterstützen – dann frage ich mich, wo ist die rote Linie denn dann?"
Der Autor und Regisseur Daniel Harrich präsentierte am 10.7.2015 in Hamburg den preisgekrönten ARD-Film "Meister des Todes".
Der Regisseur Daniel Harrich© dpa / picture alliance / Christian Charisius

Zusammenarbeit mit fragwürdigen Partnern beenden

Im Spielfilm des Themenabends habe man sich so nah wie möglich an der Realität bewegt. Und da spiele ein amerikanischen Doppelagent, der für mindestens fünf Geheimdienste parallel gearbeitet habe, eine zentrale Rolle. Der Agent habe in der Realität alle Parteien gegeneinander ausgespielt.
"Da kommen wir zum Beleg unserer These: dass dieses System einfach nicht funktioniert."
Man hätte viele islamistische Anschläge der vergangenen Jahre – etwa in Paris oder Kopenhagen im Jahr 2015 – vereiteln können, wären nicht Informationen mit verschiedenen Geheimdiensten, wie dem problematischen pakistanischen Geheimdienst, ausgetauscht worden, so Harrich. Und die Fehler würden sich auch in der Flüchtlingskrise wiederholen, wo westliche Geheimdienste mit Sicherheitsdiensten von Staaten wie Libyen, Eritrea oder der Türkei zusammenarbeiteten, deren Menschenrechtseinhaltungen fragwürdig seien.
"Wir sehen, dass diese Dienste zum Teil direkte Verbindungen zu Attentätern in Europa haben."

Der Öffentlichkeit zum Denkanstoß verhelfen

Der Spielfilm zum Themenabend sei nah an der Realität. Aber natürlich wollte man keine Agenten in Gefahr bringen und lasse Dinge verdeckt, die verschwiegen bleiben sollten. Klar abgegrenzt habe man sich allerdings von Verschwörungstheorien:
"Alles, was man da sieht, ist so oder so ähnlich passiert und ist nah an der Realität dran und ist auch journalistisch investigativ belegbar. Es ist eine superspannende Kriminalgeschichte und es geht letzlich auch um Terror."
Der Spielfilm als große Werbetrommel sei kein Lockmittel, sondern der Weg, um die größtmögliche Breitenwirkung für das Thema bewirken zu können. Wer, wenn nicht die ARD, habe überhaupt die Möglichkeit, so ein großes Publikum für ein hochkomplexes weitausgreifendes Thema vor ein Medium zu bekommen. Die Nutzung der Mediatheken und das Rundumangebot von Hörfunk über Online zum Sachbuch "Saat des Terrors" sei umfassend.
"Ich hoffe, dass wir mit diesem Themenabend 'Saat des Terrors' in der ARD einen politisch-gesellschaftlichen Denkanstoß setzen können. Dass wir als Gesellschaft nachdenken: Wo wollen wir die rote Linie für die Zusammenarbeit unserer Nachrichtendienste im Ausland haben? Und diese Debatte muss unbedingt auf bundespolitischer Ebene geführt werden."
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