Architektin und Autorin Zora del Buono

"Raus ins Leben. Gucken, was ist. Immer weiter!"

33:03 Minuten
Die Architektin und Schriftstellerin Zora del Buono im Porträt.
Hat ihrer Großmutter ein Denkmal gesetzt: die Schriftstellerin Zora del Buono. © Foto: Stefan Bohrer
Moderation: Susanne Führer · 04.01.2022
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Sie hat die Zeitschrift „mare“ mitgegründet: Zora del Buono. Inzwischen hat sich die Architektin auch als Schriftstellerin einen Namen gemacht. In ihrem letzten Roman „Die Marschallin“ geht sie ihrer Familiengeschichte auf den Grund.
Zora del Buono entstammt einer "Unglücksfamilie". Davon war die Schweizer Architektin und Autorin lange ebenso überzeugt wie ihre italienische Verwandtschaft.
Sie ist ein Baby, erst wenige Monate alt, da stirbt ihr Vater. Er ist damals der zweite Unfalltote in der Familie del Buono, aber nicht der letzte. Später folgen weitere, irgendwann sind es sechs. "Es gab diese Häufung von tödlichen Autounfällen bei uns", erzählt Zora del Buono: "Das schwebte natürlich immer über uns."
Wie geht man durchs Leben, wenn der Tod gefühlt hinter jeder Ecke lauert? Sich ängstlich verschließen, wie ihre Cousine? Oder sich in die Welt werfen? Zora del Buono hat sich für Letzteres entschieden: "Raus ins Leben. Gucken, was ist. Immer weiter!"

Ein Denkmal für die Großmutter

Es mag also auch an dem düsteren Familienmythos liegen, dass Zora del Buono später Architektin wird, als Bauleiterin im Berlin der Nachwendezeit arbeitet, die Zeitung "mare" mitgründet, mit ihrem Hund monatelang durch die USA reist und heute, pendelnd zwischen Zürich und Berlin, Bücher schreibt.
Jenseits der Unglücksfälle war die Atmosphäre in ihrer Familie "süditalienisch hell und laut", zusammengehalten von der Großmutter, die den gleichen Namen wie ihre schreibende Enkelin trägt. Ihr hat Zora del Buono mit ihrem jüngsten Roman "Die Marschallin" ein Denkmal gesetzt: auf den Spuren der Großmutter quer durch das letzte Jahrhundert, von den Nachkriegswehen des Ersten Weltkrieges bis 1980.

Erinnerungen an eine "Marschallin"

Der Buchtitel, angelehnt an den langjährigen jugoslawischen Diktator Marschall Tito, den die Großmutter sehr verehrte, ist dabei wohlgewählt:
"Meine Großmutter war herrisch, sie war gebieterisch. Sie war beeindruckend. Wahnsinnig eloquent und scharfzüngig", sagt die 58-Jährige. "Sie war andererseits auch großherzig und hat für die ganze Sippe gesorgt. Aber sie war auch manipulativ."
Die Dinge sollen so laufen, wie sie es sich wünscht. Ursprünglich aus einem slowenischen Bergdorf stammend, heiratet die Großmutter einen Sizilianer – "eine große Liebesgeschichte" – der als einer der ersten Radiologen Süditaliens arbeitet.
In Bari leben sie in einem offenen Haus und mit einigem Reichtum - einem Reichtum, den die Großmutter auch jedem anderen wünscht. "Aristokratie für alle" sei ihre Idee einer gerechteren Gesellschaftsordnung gewesen, erzählt Zora de Buono: "Sie wollte, dass es allen so gut geht wie ihr. Das war ihre Form von Kommunismus."

Dunkle Geheimnisse, die im Hellen verpuffen

Neben ihrem literarischen Schreiben arbeitet Zora del Buono heute weiter als Redakteurin für die Zeitschrift "mare", die sie in den 1990er-Jahren mit ihrem Schulfreund, dem Meeresbiologen Nikolaus Gelpke, gegründet hat.
Das Thema der familiären Schuld, das auch in früheren ihrer Bücher eine Rolle gespielt hat, ist für sie mit "Die Marschallin" erst einmal abgehakt. Die Arbeit an dem Buch habe ihr aber gezeigt, wie hilfreich es sei, wenn alte Familiengeschichten aufgearbeitet werden, betont del Buono: Weil "Dinge, die dunkel sind, irgendwie verpuffen, wenn sie ins Helle kommen".
(era)

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